ausgabe 04/2014







11.11.2014

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Krankenkassenbeiträge auf Betriebsrenten aus privat fortgeführten Pensionskassen-verträgen – Urteil des BSG vom 23. Juli 2014

Das Bundessozialgericht hat in einem Urteil vom 23. Juli 2014 (B 12 KR 28/12 R) über die Beitragspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung bei einer privat fortgeführten Pensionskassenversorgung entschieden. Zu dem Urteil wurden bislang nur der Terminbericht und noch nicht die Entscheidungsgründe veröffentlicht. Zwei ähnliche Fälle wurden ohne mündliche Verhandlung behandelt. Zu diesen Fällen liegen ebenfalls noch keine veröffentlichten Urteilsgründe vor.

In dem mündlich verhandelten und entschiedenen Fall hatte der Kläger eine Pensionskassenzusage. Während der Laufzeit von 25 ½ Jahren hatte er 24 Jahre die Zusage mit eigenen Beiträgen fortgeführt. Nach dem Renteneintritt des Klägers führte die Pensionskasse ab dem Jahr 2010 Beiträge an die gesetzliche Krankenversicherung ab. Der Kläger forderte diese Beiträge mit Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Beitragsfreiheit von privat fortgeführten Direktversicherungen zurück. Für die Direktversicherung hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass bei privater Fortführung die Beitragspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung entfällt.
Der Kläger hatte daher argumentiert, durch die private Fortsetzung des Versicherungsvertrages als alleiniger Versicherungsnehmer auf freiwilliger Basis sei der Bezug zur betrieblichen Altersversorgung gelöst worden.

Das Bundessozialgericht folgte dieser Argumentation nicht.
Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Beitragspflicht bei privat fortgeführten Direktversicherungen sei nicht auf die Pensionskasse zu übertragen. Das Bundesverfassungsgericht habe ausdrücklich die vom Bundessozialgericht vorgenommene „institutionelle Abgrenzung“ als ein verfassungsrechtlich unbedenklich handhabbares Kriterium gebilligt. Nach der institutionellen Abgrenzung zählen zu den Renten der betrieblichen Altersversorgung alle Bezüge von Institutionen, bei denen in typisierender Betrachtung ein Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zu diesem Versorgungssystem und dem Erwerbsleben besteht. Nach Ansicht des Gerichts wird beim Durchführungsweg Pensionskasse der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts nie völlig verlassen. Pensionskassen seien - anders als Lebensversicherungsunternehmen – in ihren Aktivitäten von vornherein auf den Zweck der Durchführung der betrieblichen Altersversorgung beschränkt.

Es liege auch kein Verstoß gegen Artikel 3 des Grundgesetzes vor, da die Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses bei der Pensionskasse als spezieller Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung auf einer autonomen Entscheidung des Klägers beruhe.
Das Urteil wird den modernen Erwerbsbiografien, die von einem häufigeren Arbeitsplatzwechsel geprägt sind, schwerlich gerecht. Ob tatsächlich von einer Freiwilligkeit der Entscheidung für die Pensionskasse ausgegangen werden kann, wenn dieser Durchführungsweg ursprünglich vom Arbeitgeber ausgewählt wurde und die Versorgung lediglich weitergeführt wird, ist zumindest fraglich.

Fazit:

Das Urteil trägt nicht zur Attraktivitätssteigerung einer Pensionskassenversorgung und der betrieblichen Altersversorgung insgesamt bei. Die unterschiedliche Behandlung von privat fortgeführten Direktversicherungsverträgen und Pensionskassenverträgen lediglich aufgrund formeller institutioneller Kriterien erscheint zweifelhaft. Es bleibt abzuwarten, ob zu diesem Urteil der Weg zum Bundesverfassungsgericht eingeschlagen wird.

Susanne Kayser-Dobiey, Rechtsanwältin im Bereich Recht | Steuern der Longial

Betriebsrentenanpassung: wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers - Urteil des BAG vom 15.04.2014 – 3 AZR 51/12

In dem zugrunde liegenden Urteil hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass der Arbeitgeber aufgrund seiner wirtschaftlichen Lage eine Anpassung der Betriebsrente des Klägers zu Recht unterlassen hat.

Für eine zuverlässige Prognose über die wirtschaftliche Lage muss die bisherige Entwicklung des Arbeitgebers über einen längeren repräsentativen Zeitraum von in der Regel 3 Jahren ausgewertet werden. Auch wenn das Unternehmen in einen Konzern eingebunden ist, kommt es auf die Verhältnisse im Unternehmen des versorgungspflichtigen Arbeitgebers an. Ein Konzern ist lediglich eine wirtschaftliche Einheit ohne eigene Rechtspersönlichkeit und kann demnach nicht Schuldner der Betriebsrentenanpassung sein.

Ist der Versorgungsschuldner aus einer Verschmelzung zweier Unternehmen entstanden, ist die Verschmelzung bei der Prognose zu berücksichtigen. Es kommt dann darauf an, ob aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung der beiden ursprünglich selbstständigen Unternehmen am Anpassungsstichtag damit zu rechnen war, dass der Versorgungsschuldner zu der Anpassung in der Lage sein wird.

Die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens wird dann beeinträchtigt, wenn keine angemessene Eigenkapitalverzinsung erwirtschaftet wird oder wenn das Unternehmen nicht mehr über genügend Eigenkapital verfügt. Bei der Eigenkapitalverzinsung hat das Gericht weiter bestätigt, dass die Berechnungsfaktoren auf der Grundlage der nach den handelsrechtlichen Rechnungsgrundlagen erstellten Jahresabschlüsse zu bestimmen sind. Weiter sind betriebswirtschaftlich gebotene Korrekturen vorzunehmen. So sind beispielsweise außerordentliche Erträge und Verluste aus den früheren Jahresabschlüssen herauszurechnen, die der Prognose zugrunde gelegt sind. Für das Eigenkapital gilt Entsprechendes. So sind beispielsweise Steuern von Einkommen und Ertrag und auch Steuererstattungen für die Vorjahre beim erzielten Betriebsergebnis nicht zu berücksichtigen.

In den für die Bemessung relevanten Jahren hatte das Unternehmen, welches Versorgungsschuldner war, erhebliche Verluste und damit eine negative Eigenkapitalrendite erwirtschaftet. Auch das andere Unternehmen hatte in den Jahren vor der Verschmelzung lediglich ein Jahr eine ausreichende Eigenkapitalverzinsung erzielt, die anderen Jahre dagegen Verluste eingefahren. Und es war aufgrund der gesamten Lage auch unwahrscheinlich, dass zukünftig eine hinreichende Eigenkapitalverzinsung erzielt werden würde.

Interessant in dem Urteil war auch, dass sich der Kläger darauf berief, die wirtschaftliche Lage des vom Unternehmen gegründeten CTAs ließe eine Anpassung zu. Auch hier hat das Gericht klar entschieden, dass es auf die wirtschaftliche Lage des Versorgungsschuldners, der die Versorgungszusagen erteilt hat, ankomme und nicht auf die des CTAs. Zudem war in den im Treuhandvertrag getroffenen Vereinbarungen ein direkter Zugriff des Versorgungsschuldners auf das Vermögen gerade ausgeschlossen. Ferner war auch nicht vereinbart, dass der Trust in irgendeiner Form Anpassungen der Betriebsrenten durchzuführen habe.

Zu guter Letzt hat das Bundesarbeitsgericht auch einen Anspruch aus betrieblicher Übung verneint. Der Arbeitgeber hatte in den entsprechenden Vorjahren die Betriebsrenten nicht nur an den Kaufkraftverlust, sondern höher angepasst. Das Gericht hat betont, dass ein Anspruch aus betrieblicher Übung nur entstehen kann, wenn keine andere Anspruchsgrundlage für die Gewährung der Vergünstigung besteht. Hier hat aber der Arbeitgeber nach dem Betriebsrentengesetz (§ 16 Abs. 1 BetrAVG) zu jedem Stichtag erneut über die Anpassung zu entscheiden. Seine Entscheidung muss insgesamt billigem Ermessen entsprechen. Dabei darf er neben den Belangen der Versorgungsberechtigten und seiner eigenen wirtschaftlichen Lage weitere Kriterien in seine Prüfung und Entscheidung einbeziehen. Er ist deshalb auch nicht gehindert, bei ausreichender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit sowohl den im Prüfungszeitraum eingetretenen Kaufkraftverlust auszugleichen als auch eine höhere Anpassung vorzunehmen. Insoweit durften die Betriebsrentner aus der Anpassungspraxis des Arbeitgebers nur den Schluss ziehen, dass der Arbeitgeber seiner Verpflichtung nach § 16 BetrAVG nachgekommen war.

Fazit:  

Erneut ist eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur Anpassung von Betriebsrenten ergangen, die die bisherige Entwicklung der Rechtsprechung bestätigt und im Hinblick auf die Eigenkapitalverzinsung und die Kapitalausstattung des Unternehmens konkretisiert. Erstmalig wurde hier festgestellt, dass nicht einfach vorhandene Vermögensmittel aus einem CTA für eine Anpassung entnommen werden dürfen. Letztlich sind auch Ansprüche aus betrieblicher Übung nicht durchsetzbar, weil der Arbeitgeber in der Regel seinen Anspruch aus dem Betriebsrentengesetz erfüllen will, welches ihm auch Raum gibt, Ansprüche höher als erforderlich zu erfüllen.

Anja Sprick, Rechtsanwältin im Bereich Recht | Steuern der Longial


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