24. Mai 2018

Änderung des IAS 19 „Leistungen an Arbeitnehmer“ - Neuberechnung der Pensionskosten nach Sonderereignissen

Das IASB hat am 7.2.2018 Änderungen an der Bilanzierungsvorschrift IAS 19 veröffentlicht. Sie betreffen die Neuberechnung des Pensionsaufwands im Falle bestimmter Sonderereignisse und ändern damit die bisher gängige Bilanzierungspraxis. Sie gelten für Berichtsperioden mit Starttermin 31.12.2018.


Sonderereignisse für Pensionspläne
Im Rahmen der International Financial Reporting Standards enthält IAS 19 die einschlägigen Regelungen zur Bilanzierung von Leistungen an Arbeitnehmer. Hierzu zählen insbesondere Altersversorgungszusagen.

Eines der grundlegenden Prinzipien ist dabei, dass die wesentlichen Aufwandskomponenten aus einer Altersversorgungszusage (Service Cost (SC) und Interest Cost (IC)) bereits zum Anfang einer Berichtsperiode ermittelt werden. Sofern dann die tatsächliche Entwicklung im Geschäftsjahr von der erwarteten Entwicklung abweicht, wird die Differenz als sogenanntes Remeasurement direkt gegen das Eigenkapital verrechnet, ohne die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) zu belasten. Dieser Ansatz stößt jedoch an Grenzen, wenn es unterjährig zu Sonderereignissen kommt. Dazu zählt der Standard Planänderungen, Plankürzungen und Abgeltungen (Plan Amendments, Curtailments und Settlements).

Eine Planänderung ist dabei eine Anpassung der Versorgungszusage, eine Plankürzung eine Reduzierung der Anzahl der von einer Zusage erfassten Arbeitnehmer (beispielsweise durch Restrukturierungsmaßnahmen). Eine Abgeltung, also das Erlöschen einer Versorgungsverpflichtung gegen Zahlung eines Geldbetrags, ist in Deutschland eher unüblich, kann aber beispielsweise im Zusammenhang mit der Abfindung von Kleinstanwartschaften (§ 3 Abs. 2 BetrAVG) eintreten. Alle diese Ereignisse haben das Potential, die Rückstellung und die Kosten eines Pensionsplans materiell zu beeinflussen, sodass die zu Beginn des Geschäftsjahres ermittelten Kostenkomponenten für den Zeitraum nach einem solchen Ereignis kein zutreffendes Bild mehr vermitteln.

Effekt eines Sonderereignisses auf den Verpflichtungsumfang
Der Effekt eines Sonderereignisses auf den Verpflichtungsumfang (Defined Benefit Obligation(DBO)) wird in zwei Schritten ermittelt. Zunächst erfolgt ein Vergleich der DBO vor Berücksichtigung des Ereignisses. Einmal mit den Annahmen zum letzten Jahresabschluss und einmal mit aktuellen Annahmen. Dieser Schritt stellt quasi ein Update der Verpflichtungen dar. Die Differenz wird als Remeasurement erfolgsneutral gegen Eigenkapital verrechnet.

Im zweiten Schritt erfolgt dann auf Basis der aktuellen Annahmen der Vergleich der DBO vor und nach Berücksichtigung des Sonderereignisses. Diese eigentliche Auswirkung des Ereignisses wird als nachzuverrechnender Dienstzeitaufwand (Past Service Cost) in der GuV erfasst. Dieses Vorgehen entspricht der bereits heute üblichen Praxis.

Effekt eines Sonderereignisses auf die Pensionskosten
Neu sind nun die Vorgaben für die Anpassung der Pensionskosten im Zeitraum nach dem Sonderereignis. Hier war es bisher üblich, die Auswirkungen des Ereignisses auf SC und IC zu berücksichtigen, ohne aktualisierte Rechnungsgrundlagen anzuwenden. Künftig ist zusätzlich eine Anpassung auf die Rechnungsgrundlagen zum Zeitpunkt des Ereignisses vorzunehmen. Die Neubewertung der Aufwandskomponenten umfasst stets den gesamten Plan und nicht nur die von der Maßnahme betroffene Personengruppe.

Ein Beispiel
Zum Bilanzstichtag 31.12.XX hat Gesellschaft A bei einem Rechnungszins von 2,00 Prozent für das Geschäftsjahr XX+1 SC von 2.000 GE (Geldeinheiten) ermittelt. Zum 01.04.XX+1 wird durch Restrukturierungsmaßnahmen die Hälfte der Belegschaft entlassen. Dieses Curtailment führt zu einer Halbierung der SC in der verbleibenden Restperiode. Die Gesellschaft erfasst damit für das Jahr XX+1 nach bisheriger Praxis insgesamt nur noch SC in Höhe von 1.250 GE (500 GE für das erste Quartal und 750 GE für die weiteren Quartale nach dem Curtailment).

Nach den neuen Vorschriften ist bei der Ermittlung der SC für die Restperiode nun zusätzlich auf aktuelle Rechnungsgrundlagen abzustellen. So könnte sich beispielsweise der Zins auf 1,75 Prozent vermindert haben. Steigt dadurch die SC um 20 Prozent an, so wären für die Quartale nach dem Ereignis nicht 750 GE, sondern 900 GE zu erfassen. Die SC für das Gesamtjahr XX+1 lägen bei 1.400 GE.

 Fazit:

Die Änderungen an IAS 19 führen im Falle von Sonderereignissen zu einer Neuberechnung der Pensionskosten. Der Umfang der Berechnungen und der Änderungen der Pensionskosten werden durch die Einbeziehung aktueller Rechnungsgrundlagen tendenziell steigen.

Dr. Marcus Reich, Aktuar DAV | Sachverständiger IVS, Aktuariat, Longial