STANDPUNKT

Welche Rolle spielen die bAV und das neue Erbschaftsteuergesetz bei der Unternehmensnachfolge?

Mark Walddörfer, Geschäftsführer der Longial GmbH, zur aktuellen Rechtsprechung des Erbschaftsteuergesetzes:

Jedes Jahr steht bei rund 27.000 Familienunternehmen ein Generationswechsel an. Eine große Rolle spielt dabei die aktuelle Rechtsprechung des BVerfG zur Erbschaftssteuer. Demnach ist die Privilegierung von Betriebsvermögen bei der Erbschaftsteuer mit dem Grundgesetz teilweise nicht vereinbar.

Die bAV des Unternehmers bleibt in diesem Zusammenhang oft unberücksichtigt. Dabei hält sie sowohl Chancen als auch Risiken in der Unternehmensnachfolge bereit.

Ermittlung des Unternehmenswertes
Das deutsche Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht sieht vor, dass zu übertragendes Betriebsvermögen zu Marktpreisen bewertet werden muss. Für Unternehmen, die nicht an der Börse gehandelt werden, sind aber in der Regel Marktpreise nicht unmittelbar vorhanden. Daher erfolgt eine Gesamtbewertung beispielsweise auf Grundlage des Ertragswertes des Unternehmens. Basis dieses Ertragswertes sind die zukünftig nachhaltig erzielbaren Ertragsüberschüsse. Diese wiederum werden von den Veränderungen der Pensionsrückstellungen und den Rentenzahlungen mit beeinflusst. Versorgungsleistungen, die vom Unternehmen unmittelbar zu erbringen sind, mindern also den Ertragswert und wirken sich auf die Besteuerungsgrundlage aus.

Betriebsrente bei der Unternehmensnachfolge
Bei der Übergabe von Familienunternehmen an die nächste Generation kann die bAV eine gegenteilige Wirkung erzielen als bei einem Unternehmensverkauf. Im ersteren Fall ist ein möglichst geringer Unternehmenswert gewollt, um die Bemessungsgrundlage für eine eventuelle Erbschaftsteuer gering zu halten. Bei einer Veräußerung ist ein möglichst hoher Wert erstrebenswert, hier spielen Existenz und Bewertung betriebsfremder Risiken oft eine entscheidende Rolle. Daher empfiehlt sich eine detaillierte Analyse vorhandener bAV-Verpflichtungen, um sie gegebenenfalls für die gewünschten Zwecke einzusetzen.

Aktuelles Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz
Das Bundesverfassungsgesetz hat dem Gesetzgeber zwar einen erheblichen Gestaltungsspielraum für die Begünstigung von Betriebsvermögen in der Erbschaft- und Schenkungsteuer gelassen. Allerdings hat es der Politik auch Aufgaben gestellt, für die es noch keine Lösungen gibt. Diese müssen sich dabei insbesondere am grundgesetzlichen Gleichheitsgrundsatz und am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit messen lassen. Dies betrifft vor allem die Unterscheidung großer Unternehmen zu kleinen und mittleren Unternehmen (sogenannten KMUs). Während KMUs eine Verschonungsregelung auf pauschaler Ebene zugestanden wird, ist für große Unternehmen eine Bedürfnisprüfung im Einzelfall notwendig. Zum jetzigen Zeitpunkt fehlt es sowohl an einem Konsens bezüglich des Unterscheidungskriteriums als auch an einem Kriterium für die Bedürftigkeit der Steuerverschonung bei großen Unternehmen. Das Gericht erkennt dabei den Erhalt von Arbeitsplätzen ebenso an wie die Berücksichtigung eines besonderen personalen Bezugs zum Unternehmen – wie bei Familienunternehmen.
Ein weiterer wichtiger Punkt wird die neu zu gestaltende erbschaftsteuerliche Regelung des sogenannten Verwaltungsvermögens sein. Dieses grenzt sich vom Betriebsvermögen dadurch ab, dass es die nicht betriebs- und produktionsnotwendigen Vermögensgegenstände umfasst. Insbesondere die Verschonung von Verwaltungsvermögen hat das Bundesverfassungsgericht gerügt. Die Verwendung von Verwaltungsvermögen zur Auslagerung von Pensionslasten kann daher im Einzelfall ebenfalls zur Steuerung des Unternehmenswertes bzw. der Optimierung der Erbschaftsteuerlast verwendet werden.

Beitrag der bAV
Auch bei der Suche nach einem geeigneten Kriterium für die Bedürftigkeit großer Unternehmen könnten Methoden aus der bAV einen Beitrag leisten: Gemäß Betriebsrentenrecht können Unternehmen von ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Rentenerhöhung absehen, wenn sie dadurch in ihrer Substanz gefährdet werden oder keine ausreichende Eigenkapitalrendite mehr erzielen können. Die bei diesem Prüfungsvorgang schon seit langem etablierten und bewährten Methoden stehen prinzipiell auch bei der Erbschaftsteuer zur Verfügung.