STANDPUNKT

TEIL 2: Wie wirkt sich die Corona-Pandemie auf Pensionsrückstellungen deutscher Unternehmen aus?

Michael Hoppstädter, Geschäftsführer der Longial GmbH, zur Fortsetzung unseres Standpunktes Auswirkungen der Corona-Pandemie:

Longial hat die Rechnungszinsen für Pensionsverpflichtungen zum 31.03.2020 nach HGB und IFRS veröffentlicht.

Über die möglichen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Zinsniveau hatten wir im ersten Teil des Standpunktes berichtet. Wie erwartet, liegen die Zinssätze nun deutlich höher als noch vor einem Monat. Die Einschränkungen des öffentlichen Lebens und der Wirtschaft haben die Renditen für Unternehmensanleihen emporschnellen lassen. Für Anleihen besonders guter Bonität (Rating „AA“) hat der Markt einen Risikozuschlag auf die jährliche Rendite von rund 1 Prozent eingepreist. Entsprechend steigen auch die Rechnungszinssätze für die Bewertung von Pensionsverpflichtungen nach IFRS (IAS 19). War beispielsweise Ende Februar für einen Mischbestand (Verpflichtungsbestand mit einem ausgewogenen Verhältnis von Anwärtern und Leistungsempfängern) noch ein Rechnungszins von 0,70 Prozent angemessen, so liegt das Niveau Ende März bereits bei 1,70 Prozent. Im Ergebnis bedeutet dies deutlich sinkende Verpflichtungswerte: Ein Zinsanstieg in diesem Umfang kann zu einem Rückgang der Verpflichtungen um 15 Prozent bis 25 Prozent führen.
 
Und auch in der Bilanzierung nach HGB sind bereits erste Auswirkungen spürbar. Durch die Glättung der Renditesätze über zehn Jahre wirken die Effekte hier zeitverzögert. Sollte das Renditeniveau für den Rest des Jahres erhöht bleiben, so könnte der HGB Rechnungszins zum 31.12.2020 bei 2,38 Prozent liegen und damit 0,09 Prozent höher als noch auf Basis der Annahmen Ende Februar. Bei einem Verpflichtungsbestand von 500.000 Euro kann dies eine Entlastung der GuV um bis zu 10.000 Euro bedeuten. Schaut man noch weiter in die Zukunft, ergeben sich im Rahmen der Prognoserechnung noch viel stärkere Entlastungseffekte und die HGB-Zinsschmelze – das beherrschende Thema der letzten Jahre – wäre bereits Ende 2023 weitestgehend überwunden.
 
Doch hier raten die Aktuare der Longial zur Vorsicht: Man muss die Prognose als Modellrechnung unter Laborbedingungen verstehen. Niemand kann derzeit absehen, wie lange das Renditeniveau für Unternehmensanleihen auf erhöhtem Niveau verharrt. Aus unserer Sicht sprechen gute Gründe dafür anzunehmen, dass mittel- bis langfristig wieder ein deutlicher Rückgang eintreten wird, vielleicht sogar noch unter das als zuletzt Ende Februar beobachtet Niveau. „Mittel- bis langfristig“ bedeutet in diesem Zusammenhang, sobald die medizinischen Auswirkungen des CoVID19 Erregers überwunden sind und sich die Weltwirtschaft soweit stabilisiert, dass die Risikozuschläge für den möglichen Ausfall von Unternehmen zurückgehen. Das kann bereits in wenigen Wochen der Fall sein, vielleicht dauert es aber auch viel länger. Sobald die Renditeniveaus sinken, wird die Zinsschmelze wieder akut.
 
Bleiben Sie gesund. Wir halten Sie auf dem Laufenden.