04. September 2019

Aktuelle Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts zu Späteheklauseln in Versorgungsverträgen (BAG-Urteil vom 22.1.2019 – 3 AZR 560/17 und BAG-Urteil vom 19.2.2019 – 3 AZR 2015/18)

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich Anfang 2019 mit zwei interessanten Entscheidungen rund um Späteheklauseln in Versorgungszusagen beschäftigt.


Keine Witwenrente bei Eheschließung nach Vollendung der festen Altersgrenze der Versorgung
(BAG-Urteil vom 22.1.2019 – 3 AZR 560/17)

Das BAG befasst sich in der genannten Entscheidung mit der Frage, ob eine Klausel zulässig ist, die eine Hinterbliebenenleistung für den Fall ausschließt, dass die Ehe nach Vollendung des 62. Lebensjahres geschlossen wurde, wenn laut Versorgungszusage die Vollendung des 62. Lebensjahres unter anderem die Voraussetzung für den Bezug einer Altersrente ist.

Späteheklausel zulässig
Das BAG entschied, dass die beschriebene Klausel keine unzulässige Diskriminierung aufgrund des Alters im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) bewirke, da die Klausel gerechtfertigt ist. Sie verfolgt das legitime Ziel, die finanziellen Risiken einer Hinterbliebenenversorgung für den Arbeitgeber einzugrenzen. Die gewählte Altersgrenze der Späteheklausel knüpft zulässigerweise an die feste Altersgrenze der Versorgungsordnung und damit an einen Zeitpunkt an, nach dessen Erreichen der Arbeitgeber für seine Leistungspflicht unberücksichtigt lassen darf, wie der Arbeitnehmer sein Leben weiter gestaltet. In diesem Zusammenhang stellt das BAG klar, dass die in der Versorgungsordnung gewählte feste Altersgrenze nicht an die gesetzliche Regelaltersrente anknüpfen muss, da der Arbeitgeber die Mittel bis zu dem in der Versorgungsordnung gewählten Stichtag bestimmt hat. Ein Abstellen auf den jeweiligen tatsächlichen Eintritt in den Ruhestand – zum Beispiel, weil der Mitarbeiter über das 62. Lebensjahr hinaus arbeitet – würde den vom Arbeitgeber zu bestimmenden Mitteleinsatz verändern und wäre kein gleich geeignetes Mittel. Zudem wird im zugrunde liegenden Fall nochmals verdeutlicht, dass eingetragene Lebenspartnerschaften einer Ehe gleichzustellen sind.

Anspruch auf Witwenrente bei Eheschließung vor Vollendung der festen Arbeitsgrenze der Versorgungsordnung
(BAG-Urteil vom 19.2.2019 – 3 AZR 215/18)


Unzulässige Späteheklausel
Das BAG entschied, dass eine Späteheklausel unzulässig ist, die auf die Vollendung des 62. Lebensjahres abstellt, die feste Altersgrenze jedoch bei 65 Jahren festschreibt. Sie bewirke eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters im Sinne des AGG. So entfällt der Entgeltcharakter der Hinterbliebenenversorgung als Gegenleistung für die Beschäftigungszeit desjenigen Arbeitnehmers, der nach Vollendung des 62. Lebensjahres heiratet, im Gegensatz zu dem Arbeitnehmer, der vor seinem 62. Lebensjahr geheiratet hat, da laut Versorgungsordnung noch bis zum 65. Lebensjahr Anwartschaften aufgebaut werden können. Diese Ungleichbehandlung ist sachlich nicht gerechtfertigt, da einzig für die Hinterbliebenenversorgung auf die Vollendung des 62. Lebensjahres abgestellt wird. Die für die Hinterbliebenenleistung gewählte Altersgrenze knüpft an kein betriebsrentenrechtliches Strukturprinzip der Versorgung an, das typischerweise mit einer Zäsur im Arbeitsverhältnis verbunden ist – beispielsweise eine vorgesehene oder tatsächliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder Eintritt des Versorgungsfalls.

Fazit:

Das BAG verdichtet seine Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Späteheklauseln und gibt weitere Grundsätze vor, wie Altersgrenzen für Späteheklauseln zulässigerweise an ein betriebsrentenrechtliches Strukturprinzip angepasst werden können.

Vanessa Angel, Syndikusrechtsanwältin, Recht | Steuern, Longial