17. August 2016

Auswirkungen der EU-Mobilitäts-Rrichtlinie auf ein beitragsorientiertes Versorgungswerk – ein Fallbeispiel

Wie bereits in Ausgabe 2/2016 dargelegt, tritt das Gesetz zur Umsetzung der EU-Mobilitäts-Richtlinie zum 01.01.2018 in Kraft.

Zu den grundsätzlichen Auswirkungen hatten wir bereits in unserer Ausgabe 3/2015 berichtet. Im Folgenden wollen wir an einem Fallbeispiel zu einem beitragsorientierten, offenen Versorgungswerk (das heißt, Neueintritte sind noch möglich) die Änderungen durch die Umsetzung der EU-Mobilitäts-Richtlinie verdeutlichen. Dabei betrachten wir die Änderung zu der Dynamisierung von unverfallbaren Anwartschaften.

Das Fallbeispiel
Das Versorgungswerk wurde Anfang 2005 im Wege einer Betriebsvereinbarung eingeführt. Es handelt sich um ein beitragsorientiertes Versorgungswerk im Wege der Direktzusage. Bei einem beitragsorientierten Versorgungswerk verpflichtet sich der Arbeitgeber, bestimmte Beiträge in eine Anwartschaft auf Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung umzuwandeln. Das heißt, es werden tatsächlich oder auch nur rechnerisch Beiträge zur Finanzierung einer Leistung der betrieblichen Altersversorgung verwendet. Den Versorgungsberechtigten wird insofern nicht nur die Leistung zugesagt, sondern auch der Beitrag mitgeteilt, der zur Leistungsfinanzierung erforderlich ist.

In unserem Beispielfall hat der Arbeitgeber eine sogenannte Bausteinzusage erteilt. Dabei wird jeweils zum 01.12. eines Jahres der sogenannte Versorgungsbeitrag ermittelt. Dieser beträgt 5 Prozent der Summe der letzten 12 Monatsgehälter ohne Berücksichtigung der variablen Vergütungen oder Sonderzahlungen. Dieser Versorgungsbeitrag wird mit einem altersabhängigen Verrentungsfaktor multipliziert; der Verrentungsfaktor reduziert sich dabei, je näher der Zeitpunkt des Renteneintritts rückt. Die Höhe der Altersrente ergibt sich durch die Addition der einzelnen Versorgungsbausteine.

Im Unternehmen treten folgende Fallkonstellationen auf:

  • Arbeitnehmer A tritt zum 01.01.2008 im Alter von 25 Jahren ins Unternehmen ein und verlässt das Unternehmen zum 31.12.2017.
  • Arbeitnehmer B tritt zum 01.01.2017 im Alter von 18 Jahren ins Unternehmen ein und verlässt das Unternehmen zum 31.03.2021.

Geänderte Unverfallbarkeitsvoraussetzungen und Dynamisierung
Im Hinblick auf die Aufrechterhaltung und Dynamisierung der Anrechte gilt hier Folgendes:

  • Arbeitnehmer A ist vor dem Inkrafttreten der Änderungen des Gesetzes zur Umsetzung der Mobilitäts-Richtlinie in das Unternehmen ein- und wieder ausgetreten. Für ihn ändert sich durch die Neuregelung nichts. Es gilt die Mindest-Zusagedauer von fünf Jahren und die Mindest-Altersgrenze von 25 Jahren. Beides ist hier erfüllt. Eine Dynamisierung seiner unverfallbaren Anwartschaften erfolgt ebenfalls nicht, weil diese vor dem 01.01.2018 erdient wurden.
  • Arbeitnehmer B ist ebenfalls noch vor dem Inkrafttreten der Änderungen ins Unternehmen eingetreten. Nach bisherigem Recht hätte aber die Zusage nicht ausreichend lange bestanden und auch die Mindest-Altersgrenze wäre nicht erreicht. Da aber die Versorgungszusage ab dem 01.01.2018 drei Jahren bestanden hat und im Ausscheidezeitpunkt das 21. Lebensjahr vollendet war, bleibt auch hier aufgrund der Übergangsvorschrift (§ 30f Abs. 3 Betriebsrentengesetz (BetrAVG)) die Versorgungszusage aufrechterhalten. Die unverfallbare Anwartschaft unterliegt grundsätzlich einer Dynamisierungspflicht, da sie Anrechte betrifft, die ab dem 01.01.2018 erdient wurden. Allerdings ist hier in dem Rentenfaktor, der sich reduziert, je näher der Renteneintritt rückt, ein Zinseffekt berücksichtigt. Das heißt, der gegen Ende der Anwartschaftsphase gezahlte Beitrag steht für einen kürzeren Zeitpunkt zur Verfügung als die anfangs gezahlten Versorgungsbeiträge. Insofern liegt hier ein Anrecht vor, das selbst dynamisiert ist.

Fazit:

Versorgungssysteme, die beim Inkrafttreten der Richtlinie noch für den Neuzugang offen waren, müssen Anrechte, die ab dem 01.01.2018 erdient werden, dynamisieren. Die Dynamisierungspflicht entfällt jedoch, wenn das Anrecht selbst eine Verzinsung enthält. Bei einer Bausteinzusage werden die einzelnen Bausteine mit einem Verrentungsfaktor multipliziert. In diesen Faktor findet auch ein Zinseffekt Eingang.

Bernd Wilhelm, LL.M., Syndikusrechtsanwalt, Leiter Recht | Steuern, Longial