21. Februar 2018

BRSG: Erweiterte Möglichkeiten bei Insolvenz für Versorgungswerke mit leistungsbestimmender Rückdeckungsversicherung (PSV-Merkblatt 110/M9)

Durch das BRSG wurde mit Wirkung zum 1.1.2018 § 8 des Betriebsrentengesetzes um einen Abs. 3 ergänzt, der unter bestimmten Bedingungen dem Versorgungsberechtigten das Recht einräumt, die private Übernahme einer Rückdeckungsversicherung anstelle der Sicherungsleistung durch den PSVaG zu wählen.

 

Bislang kündigte der Pensions-Sicherungs-Verein VVaG (PSVaG) bei Insolvenz eines Arbeitgebers, der ein rückgedecktes Versorgungswerk – Direktzusage, Unterstützungskasse oder Pensionsfonds – eingerichtet hat, in der Regel die betreffenden Rückdeckungsversicherungen (RDV) und vereinnahmte die hierbei freiwerdenden Mittel. Es bestand also für die entsprechenden Versorgungsberechtigten keine Möglichkeit der privaten Fortsetzung solcher Versicherungen, selbst wenn dies gewünscht wurde und wirtschaftlich sinnvoll war. Hierzu hat sich mit Wirkung zum 1.1.2018 nun im Zuge des Betriebsrentenstärkungsgesetzes (BRSG) eine Änderung ergeben. Unter bestimmten Bedingungen kann der Versorgungsberechtigte nun die private Übernahme einer RDV anstelle der Sicherungsleistung durch den PSVaG wählen. 

Die Voraussetzungen für die private Fortsetzung der RDV ...

Einzelheiten zu der neuen Regelung kann man unter anderem dem Merkblatt 110/M 9 des PSVaG entnehmen. Für das Wahlrecht muss die Bedingung erfüllt sein, dass die Voraussetzungen für eine Sicherungspflicht des PSVaG überhaupt gegeben sind. Die betreffende Versicherung darf zudem nicht als bloßes Finanzierungsinstrument gedient haben; vielmehr musste sich die zugesagte Versorgungsleistung nach der versicherten Leistung richten – eine sogenannte „kongruente Rückdeckung“. Der PSVaG muss auf diese Versicherung Zugriff haben. Insbesondere darf sie nicht in die Insolvenzmasse des Arbeitgebers fallen. Ein solches Wahlrecht ist zudem ausgeschlossen, wenn – im Falle einer Pensionsfondsversorgung – der PSVaG die gegen ihn gerichteten Ansprüche auf den Pensionsfonds überträgt.

... prüft der PSVaG mit anschließender Information der Berechtigten

Im Falle einer Insolvenz ist es die Aufgabe des PSVaG, die betroffenen Versorgungsberechtigten über ein etwaig bestehendes Wahlrecht zur Übernahme der RDV zu informieren. Diese können anschließend innerhalb von 6 Monaten eine Entscheidung treffen. Wird das Wahlrecht zur Fortsetzung der RDV nicht ausgeübt, bleibt es bei der bisherigen Praxis: Der PSVaG verwertet die RDV und der Versorgungsberechtigte erwirbt einen Anspruch gegen den PSVaG.  

Und die steuerliche Behandlung?

Die Übertragung der Versicherungsnehmerstellung erfolgt nach § 3 Nr. 65 lit.d) Einkommensteuergesetz (EStG) steuerfrei. Die späteren Leistungen unterliegen der vollen Besteuerung nach § 22 Nr. 5 EStG, soweit sie vor dem Eintritt des Versorgungsberechtigten in die Versicherungsnehmerstellung geleistet wurden. Führt der Versorgungsberechtigte die Versicherung mit eigenen Beiträgen fort, so werden Rentenleistungen, die sich aus diesen eigenen Beiträgen ergeben, mit dem sogenannten Ertragsanteil nach § 22 Nr. 1 S. 3 lit.a) EStG besteuert. Bei Kapitalleistungen gilt für die auf privaten Beiträgen beruhende Leistung insoweit § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG in der jeweils für den Vertrag gültigen Fassung. Dies bedeutet, dass entweder der Ertragsanteil, also der Unterschied zwischen der Versicherungsleistung und der dafür entrichteten Beiträge, besteuert wird oder nur der halbe Ertragsanteil, wenn die Versicherung nach einem Bestand von 12 Jahren und nach Vollendung des 60. Lebensjahres ausgezahlt wird. Unter Umständen kann bei Verträgen, die vor 2005 geschlossen wurden, die Auszahlung sogar steuerfrei erfolgen.

Fazit:  

Die gesetzliche Neuregelung ist zu begrüßen. Sie eröffnet den Versorgungsberechtigten im Falle einer Insolvenz die Möglichkeit, anstelle eines Leistungsanspruchs gegenüber dem PSVaG ihre Altersversorgung mit eigenen Beiträgen weiter aufzubauen. Hierbei kann die Hinterbliebenen- und Invaliditätsversorgung vollumfänglich aufrechterhalten werden. Zudem kommt dem Versorgungsberechtigten die künftige Überschussbeteiligung zugute. In wie vielen Fällen der PSVaG ein entsprechendes Wahlrecht unterbreiten kann, bleibt jedoch abzuwarten. Denn inwieweit eine RDV tatsächlich ausreichend kongruent gestaltet ist, dürfte im Einzelfall nicht immer eindeutig sein.

Michael Gerhard, Aktuar (DAV), Recht | Steuern bei Longial