20. Februar 2019

Die GGF-Versorgung als Hemmschuh des Unternehmensverkaufs – was tun?

Unternehmer stehen am Ende ihrer aktiven Tätigkeit häufig vor der Frage, wie es mit dem Unternehmen und der eigenen bAV weitergehen soll. Vor Rentenbeginn steht die bAV aber möglicherweise dem Unternehmensverkauf im Wege, da der Erwerber die Risiken der alten Pensionszusagen nicht übernehmen möchte.


Ein Praxisbeispiel zeigt, dass häufig mehr Optionen verfügbar sind als gedacht: Ein Unternehmer-Ehepaar beabsichtigt den Verkauf von zwei GmbHs, die gemeinsam eine mittelständische Stahlhandelsunternehmensgruppe bilden. In jeder Gesellschaft besteht eine Pensionszusage für jeweils einen Ehepartner. 

Schritt 1: Wo drückt der Schuh?
Die Wünsche des Erwerbers und die Ausgangslage bei der zum Verkauf stehenden Gesellschaft zu analysieren, ist die Basis für eine Lösung, die den Interessen aller Beteiligten am besten gerecht wird. Eine Universallösung für alle Fälle der Unternehmensnachfolge ist schwer vorstellbar. Zu unterschiedlich können hier die Ausgangslage und das angestrebte Ziel sein. Daher kommt es zunächst darauf an, die Rahmenbedingungen und Wünsche aller Beteiligten fundiert zu ermitteln.

Konkret bedeutet das, zuerst die finanzielle Situation zu erfassen: Welche Verpflichtungen sind die Unternehmen durch die Pensionszusagen eingegangen und welche Vermögenswerte stehen dem gegenüber? Sind die Versorgungszusagen voll ausfinanziert oder bestehen große Deckungslücken?

Im Fall des Stahlhandelsunternehmens standen den beiden Versorgungszusagen Rückdeckungsversicherungen gegenüber, die die zu zahlenden Renten fast vollständig gedeckt haben. „Fast vollständig“ bedeutet, dass zwar die nominalen Rentenleistungen für beide Versorgungsberechtigte vollständig ausfinanziert waren. Bei der zugesagten Rentendynamik und auch bei den jeweils zugesagten Hinterbliebenenleistungen waren deutliche Finanzierungslücken vorhanden.

Andererseits müssen die Bedenken des Erwerbers in den Prozess einfließen, der möglicherweise eine Versorgungszusage fortzuführen bereit ist, wenn ihm daraus kein finanzielles Risiko droht. Häufig sind Erwerber jedoch überhaupt nicht willens, in ihrem Unternehmen noch Verpflichtungen gegenüber den ehemaligen Gesellschaftern weiterzuführen.

Schritt 2: Was ist möglich?
Eine einfache Lösung stellt häufig die Abfindung der Versorgungszusagen dar, also eine Einmalzahlung anstelle der laufenden Rente. Dem kann jedoch der Wunsch nach einer laufenden Rente entgegenstehen oder – wie im vorliegenden Fall – der Umstand, dass die Rückdeckungsversicherungen bereits in der Auszahlungsphase waren und deswegen nicht mehr kapitalisiert werden konnten. Und auch steuerliche Aspekte spielen häufig eine große Rolle: Bei einer Abfindung ist der zufließende Betrag sofort in voller Höhe zu versteuern.

In Betracht kamen im Fall des Stahlhandels dann:

  • die Auslagerung der Verpflichtungen auf einen Pensionsfonds oder eine Unterstützungskasse,
  • die Ausfinanzierung über eine Treuhandlösung (sogenanntes „Contractual Trust Arrangement“ (CTA))
  • die Übertragung auf eine sogenannte Rentnergesellschaft, also eine Gesellschaft – hier eine GmbH –, bei der die Versorgungsberechtigten Gesellschafter sind und die die Versorgungsverpflichtungen bis zum Ableben der Versorgungsberechtigten erfüllt.

Die vorhandenen Rückdeckungsversicherungen von erheblichem Wert waren ein zentraler Punkt der möglichen Lösung. Wege, die diese Versicherungen nicht aufnehmen können, kamen daher nicht in Betracht.

Die Auslagerung auf einen externen Versorgungsträger, wie Pensionsfonds oder Unterstützungskasse, stellen keine vollständige Enthaftung der verpflichteten GmbH dar. Es verbleibt jeweils ein Risiko der Nachhaftung bei den ursprünglichen Gesellschaften, wenn der Versorgungsträger die Versorgungszusage nicht vollständig erfüllen kann. Solche Unterdeckungen müssen zum Zeitpunkt der Auslagerung noch nicht bestehen, sondern können im Laufe der Zeit auftreten. Auch die Einrichtung einer Treuhandlösung (CTA) würde die Nachfinanzierungsrisiken nicht beseitigen. Darüber hinaus erhöht ein CTA den Aufwand für den Erwerber, denn Trägerunternehmen des CTA bleiben die ursprünglich verpflichteten Gesellschaften, die nun „nur“ neue Eigentümer haben.

Die Auslagerung der Verpflichtungen auf eine Rentnergesellschaft bringt dagegen eine vollständige Enthaftung für die abgebenden Gesellschaften. Die Nachfinanzierungsrisiken liegen dann nicht mehr bei ihnen. Allerdings hat auch diese Lösung erhebliche steuerliche Konsequenzen – hier zwar nicht direkt für die Versorgungsberechtigten, aber für die beteiligten Gesellschaften. Und damit mittelbar eben auch für die Versorgungsberechtigten. Dennoch war dies die von den Versorgungsberechtigten zunächst favorisierte Lösung.

Schritt 3: Was ist die beste Lösung?
Wie schon dargestellt, gibt es keine Patentlösung. So auch hier nicht. Alle dem Grunde nach zur Verfügung stehenden Lösungen haben wir den beteiligten Parteien – auch dem Erwerber und seinen Beratern – ausführlich beschrieben und in ihren individuellen Auswirkungen umfangreich analysiert. Hier ist auch von Bedeutung, dass das Betriebsstättenfinanzamt sehr früh in die Überlegungen zum weiteren Umgang mit den Versorgungszusagen eingebunden wurde. Alle Ansätze und Ideen wurden offen diskutiert, die jeweiligen Vorstellungen zu den Auswirkungen ausgetauscht und die finale Umsetzung durch verbindliche Auskünfte, die das Finanzamt binnen einer Woche erteilt hat, begleitet. Nach Abwägung aller Vor- und Nachteile haben sich die Versorgungsberechtigten und die Erwerber für eine ungewöhnliche Kombination verschiedener Wege entschieden:
Im ersten Schritt haben die Versorgungsberechtigten auf alle, nicht durch die Rückdeckungsversicherungen vollständig finanzierten Versorgungsbausteine wie zum Beispiel die jährliche Rentenanpassung verzichtet. Im zweiten Schritt wurden die Versorgungszusagen inklusive der bestehenden Rückdeckungsversicherungen auf eine rückgedeckte Unterstützungskasse übertragen. Trotz der hohen Steuerlast, die die Versorgungsberechtigten durch den teilweisen Verzicht zu tragen hatten, war diese Lösung in Kombination mit der rückgedeckten Unterstützungskasse der finanziell vorteilhafteste Weg. Der Erwerber hat das latente Nachfinanzierungsrisiko in dieser Kombination getragen, denn auf alle nicht garantiert ausfinanzierten Leistungen wurde verzichtet – womit das Nachfinanzierungsrisiko eher theoretischer Natur ist.

Somit konnten am Ende nahezu alle Wünsche der Beteiligten erfüllt werden. Das Nachfinanzierungsrisiko geht für den Erwerber gegen Null, dennoch ist die Bilanz von den Versorgungsverpflichtungen und den damit verbundenen Pensionsrückstellungen befreit. Die Versorgungsberechtigten erhalten die zugesagten laufenden Renten, die steuerlichen Folgen halten sich in erträglichen Ausmaßen und die laufende Rentenzahlung ist nicht vom Erfolg der verkauften Gesellschaft abhängig.
Diese ungewöhnliche Lösung ist sicher keine Blaupause für andere Fälle, bei denen Unternehmen veräußert werden sollen. Aber das offene und transparente Vorgehen sowie das frühe Einbeziehen aller Beteiligten, inklusive des Finanzamtes, kann durchaus ein gutes Beispiel für ähnliche Fälle sein. Welche Lösung dann genutzt wird, wird sich zeigen.

Wir stehen Ihnen, Ihren Kunden und Mandanten in jedem Fall gerne zur Verfügung, Nachfolgeregelungen und Unternehmensverkäufe zu begleiten und individuelle, passgenaue Lösungen zu finden und umzusetzen. Wir freuen uns auf Ihre Anfragen.

Gordon Teckentrup, LL.M., Syndikusrechtsanwalt, Leiter Recht | Steuern, Longial

Michael Hoppstädter, Geschäftsführer, Longial