22. Mai 2019

Die Satzung einer Gruppen-Unterstützungskasse kann Ansprüche eines Trägerunternehmens auf Rückgewähr von Vermögensmitteln wirksam ausschließen (BAG-Urteil vom 16.10.2018 – 3 AZR 402/16)

Wird ein Trägerunternehmen einer Gruppen-Unterstützungskasse insolvent, stellt sich die Frage, ob der Insolvenzverwalter die Herausgabe der in der Kasse vorhandenen Vermögensmittel verlangen kann, um diese zur Masse zu ziehen. Damit beschäftigte sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seinem Urteil.


Dass eine Kasse, welche die Herausgabe von Mitteln per Satzung ausschließt, ...
In dem zu entscheidenden Fall hatte das Trägerunternehmen die Unterstützungskasse mit der Durchführung seiner bAV für zwei Arbeitnehmer beauftragt. Diese schieden bei Eintritt der Insolvenz aus der Firma aus, ohne dass sie eine unverfallbare Anwartschaft auf Versorgungsleistungen erworben hatten. Zuvor hatte das Trägerunternehmen der Kasse Mittel zur Finanzierung der bAV der Arbeitnehmer zugewendet, welche die Kasse in Rückdeckungsversicherungen angelegt hatte. Aus diesen Rückdeckungsversicherungen wurden durch Rückkauf bei Eintritt der Insolvenz Mittel frei, welche der Unterstützungskasse zuflossen. Die Kasse lehnte eine Forderung auf Auskehrung dieser Mittel an den Insolvenzverwalter unter Hinweis auf ihre Satzung ab. Dort war geregelt, dass eine (Rück-)Zahlung von Vermögensmitteln an ein Trägerunternehmen nur bei irrtümlich geleisteten Zuwendungen in Betracht kommt. Im Übrigen sah die Satzung vor, dass das Vereinsvermögen grundsätzlich der steuerlichen Zweckbindung nach § 5 Körperschaftsteuergesetz unterliegt und (daher) nur für satzungsmäßige Zwecke – also für Zwecke der bAV – verwendet werden darf. Eine Rückgewähr an ein Trägerunternehmen war dort nicht einmal für den Fall der Auflösung der Kasse vorgesehen.

... nach Ansicht des BAG eine entsprechende Rückforderung ablehnen kann, ...
Das BAG bestätigt mit seinem Urteil die Wirksamkeit der Bestimmungen der Satzung. Nach seiner Auffassung ist es zulässig, dass eine Kasse die Rückzahlung von Vermögensmitteln auf den Fall irrtümlich geleisteter Zuwendungen einschränkt. Derartig versehentlich geleistete Zuwendungen hatte es in dem zu entscheidenden Fall aber nicht gegeben. Die Finanzierung der betreffenden Versorgung war zwar bereits vor Eintritt der Unverfallbarkeit begonnen worden. Dies ist aber eine allgemein übliche Vorgehensweise und war zudem zwischen Trägerunternehmen und Kasse ausdrücklich vertraglich vereinbart. Nach Ansicht des BAG geht der per Satzung geltende Ausschluss von Rückzahlungen etwaigen Ansprüchen auf Herausgabe nach § 667 Bürgerliches Gesetzbuch vor. Mit ihm wird sachgerecht der Zweck verfolgt, vorhandene Vermögensmittel für in Aussicht gestellte Versorgungsleistungen zu sichern. Auch sieht das BAG keinen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung oder unter dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage. Es lehnte mithin ab, dass der Insolvenzverwalter eine Herausgabe von Mitteln durchsetzen könnte. Die Vermögensmittel konnten also in der Unterstützungskasse verbleiben.

... steht im Einklang mit einer früheren Entscheidung des BGH
Das Urteil des BAG ist nicht weiter überraschend. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich vor einiger Zeit mit einem ähnlichen Fall zu befassen (siehe unsere Besprechung des Urteils des BGH vom 8.12.2016 – IX ZR 257/15). Das BAG kommt hier – mit einer Begründung, welche damals schon teilweise der BGH verwendet hatte – zum gleichen Ergebnis. Dem beim BAG behandelten Fall lag die Beurteilung einer bAV von abhängig beschäftigten Personen zugrunde, während der BGH die Versorgung eines Gesellschafter-Geschäftsführers behandelte. Die Stellung der von der Kasse begünstigten Personen innerhalb des Trägerunternehmens kann aber für die Frage nach einem etwaigen Herausgabeanspruch nicht ausschlaggebend sein. Hier ist der Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen Trägerunternehmen und Unterstützungskasse maßgeblich.

Fazit:  

Wollen Unterstützungskassen etwaige Ansprüche auf Auskehrung von Vermögensmitteln im Falle der Insolvenz eines Trägerunternehmens wirksam ausschließen, kann dies durch geeignete Gestaltung der Vereinssatzung erreicht werden. Insbesondere steuerbefreite Unterstützungskassen sollten daher erwägen, ihre Satzungen entsprechend anzupassen, soweit dort derzeit entsprechende Regelungen noch nicht vorgesehen sind. Denn für solche Kassen besteht im Fall der (erzwungenen) Auskehrung von Vermögensmitteln das Risiko, ihre Steuerfreiheit zu verlieren, soweit die betreffenden Mittel noch der steuerlichen Zweckbindung unterliegen (was bei Gruppen-Unterstützungskassen bei Insolvenz nur eines Trägerunternehmens in der Regel gegeben ist). Derartige Unterstützungskassen sollten sich durch passende Gestaltung ihrer Satzung vor unliebsamen Forderungen von Insolvenzverwaltern schützen, um im Zweifel nicht tatenlos dem Verlust ihrer Steuerfreiheit zusehen zu müssen.

Michael Gerhard, Aktuar (DAV), Recht | Steuern, Longial