24. Februar 2021

Doppeltreuhand/CTA als ergänzende Insolvenzsicherung (BAG Urteil vom 22.9.2020 – 3 AZR 303/18)

Im vorliegenden Fall gab es zwischen Arbeitgeber und Treuhänder zugunsten der Versorgungsberechtigten einen doppelseitigen Treuhandvertrag – ein sogenanntes Contractual Trust Arrangement (CTA). Der PSVaG erhob Ansprüche auf das Treuhandvermögen.


Der Fall 
Die Parteien streiten darüber, ob der Pensions-Sicherungs-Verein VVag (PSVaG) Ansprüche auf ein vom beklagten Treuhänder gehaltenes Treuhandvermögen erheben kann. Der Arbeitgeber und der Treuhänder hatten zugunsten der Versorgungsberechtigten einen doppelseitigen Treuhandvertrag geschlossen (sogenanntes Contractual Trust Arrangement), der auch nach Ausscheiden des Unternehmens aus dem Konzernverbund mit einer entsprechenden inhaltsgleichen Vereinbarung fortgeführt wurde. Der PSVaG wollte insbesondere verhindern, dass der Treuhänder entsprechend den vertraglichen Regelungen auch die Rentendynamik bei der Berechnung der Rentenzahlungen einbezieht und damit das Treuhandvermögen schmälert.

Die Entscheidung 
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) wies die Revision des PSVaG ab. Die Begründung: Eine Doppeltreuhand kann sowohl der Sicherung und Erfüllung, als auch der Begründung und ergänzenden Insolvenzsicherung der gesetzlich nicht insolvenzgeschützten Ansprüche auf eine bAV dienen. Der PSVaG wird dadurch keinen weitergehenden Ansprüchen ausgesetzt. Ihm werden auch keine Sicherheiten rechtswidrig entzogen.

Insolvenzfestigkeit der doppelseitigen Treuhand bestätigt
Das BAG hat festgestellt, dass im zugrundeliegenden Fall die Doppeltreuhand insolvenzfest vereinbart wurde. Bei Insolvenz des Arbeitgebers fällt das Treugut zwar in die Insolvenzmasse, dem Treuhänder steht allerdings ein Absonderungsrecht an dem Treuhandvermögen zu. Die durch die Doppeltreuhand begründete Sicherungstreuhand, die der Treuhänder zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten vermittelt, begründet hier das Absonderungsrecht.

Keine Anfechtungsgründe erkennbar
Es ist keine Gläubigerbenachteiligung durch die vom Treuhänder bei der Erstellung der Ansprüche vorgenommenen Anpassung erkennbar, weil sie den geltenden Bestimmungen entsprach. Das folgt nach Ansicht des BAG auch aus dem Betriebsrentengesetz (§ 4 Abs. 4 BetrAVG). Danach muss im Rahmen der Liquidation eines Unternehmens unter anderem sichergestellt sein, dass die Überschussanteile ab Rentenbeginn zur Erhöhung der laufenden Leistungen (gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG) verwendet werden – und dass, obwohl das Unternehmen liquidiert wird, seine wirtschaftliche Lage eine Betriebsrentensteigerung nach der gesetzlichen Regelung (§ 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG) daher nicht mehr zulässt.
Der Gesetzgeber hat damit ein legitimes Interesse der Versorgungsberechtigten anerkannt, gegen das Risiko abgesichert zu werden, dass der Arbeitgeber nicht mehr existiert und – aus wirtschaftlichen Gründen – eine Anpassung nicht mehr in Frage kommt. Indem der Gesetzgeber in diesen Fällen die Übernahme der Versorgungszusage durch eine Pensionskasse oder eine Lebensversicherung verlangt und zudem vorschreibt, dass die Überschussanteile ab Rentenbeginn zur Erhöhung der laufenden Leistungen verwandt werden, verlangt er eine Absicherung der Renten gegen Auszehrung, die er als mit der Anpassung nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG gleichwertig ansieht.

Diese Wertung ist nach Ansicht des BAG auf den Insolvenzfall übertragbar. Zwar sind im Fall der erfolgreichen Liquidation die wirtschaftlichen Interessen der Gläubiger gesichert. Maßgeblich ist jedoch, dass der Gesetzgeber das Interesse der Betriebsrentner an einer Steigerung der Betriebsrenten auch in Fällen anerkannt hat, in denen die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers dies nicht mehr hergibt.

Welche Ansprüche gehen auf den PSVaG über?
Weiter stellt das BAG fest, dass die Ansprüche der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Arbeitgeberin auf den PSVaG übergegangen sind (nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG in Verbindung mit §§ 412, 401 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) analog). Beim gesetzlichen Forderungsübergang gehen auch Rechte, die als Nebenrechte der Sicherung einer Forderung dienen, mit der Forderung über. Bei den Nebenrechten handelt es sich dabei um die aus der Sicherungstreuhand zu Gunsten der Arbeitnehmer bestehenden Ansprüche aus dem echten Vertrag zu Gunsten Dritter (§ 328 Abs. 1 BGB).

Der Anspruchsübergang ist freilich begrenzt. Soweit durch die Treuhand Versorgungsverpflichtungen abgesichert werden, die nicht oder nicht in voller Höhe im Insolvenzfall durch die Einstandspflicht des PSVaG abgedeckt sind, ist ein Forderungsübergang ausgeschlossen. Im Übrigen gehen die Forderungen auf den PSVaG über.

Rechte des Treuhänders
Der Treuhänder hat durch seine Berechnung und geplante Auszahlung keine Pflichten gegenüber dem PSVaG verletzt. Eine Auslegung der vertraglichen Regelungen ergibt, dass der Treuhänder grundsätzlich berechtigt ist, bei der Berechnung des Betrags der zu sichernden Verpflichtungen sowie bei der Auszahlung an Versorgungsberechtigte die Erwartung des künftigen Betriebsrentenanpassungsbedarfs wertsteigernd zu berücksichtigen. Das gilt auch dann, wenn und soweit der Arbeitgeber einem Versorgungsberechtigten eine Betriebsrentenanpassung in der Versorgungszusage nicht konkret beziffert vertraglich zugesagt hat. Es sollten für die Versorgungsberechtigten die Leistungen gesichert werden, die im Insolvenzfall vertraglich zugesagt waren, für die jedoch im Fall der Insolvenz Leistungen des PSVaG ausbleiben würden. Dazu zählt auch der typisierte Rentenanpassungsbedarf.
Damit scheidet ein Übergang des der Sicherung des Anpassungsbedarfs dienenden Treuhandvermögens auf den PSVaG aus.

Fazit

Nicht unbedingt das gesamte Treuhandvermögen geht im Falle der Insolvenz auf den PSVaG über. Es verbleibt damit Raum, in den Treuhandverträgen Regelungen auch für die Rentendynamik bei der Berechnung und Zahlung der Ansprüche mit aufzunehmen. Denn dieser Teil des Treuhandvermögens würde nicht auf den PSVaG übergehen, sondern den Versorgungsberechtigten zugutekommen.
 

i Was ist zu tun?

  • Unternehmen, die ein CTA-Modell zur Sicherung der Ansprüche der Versorgungsberechtigteneingerichtet haben, sollten überprüfen, ob eine solche Anpassungsdynamik auch in ihren Verträgen enthalten ist oder gegebenenfalls noch ergänzend mit den Vertragsparteien aufgenommen werden kann. Denn bei der Einrichtung eines CTA-Modells kommt es auf die Insolvenzfestigkeit an.Ansonsten besteht die Möglichkeit, dass das Treuhandvermögen nicht den Versorgungsberechtigten zugutekommt, sondern dem PSVaG.

Weitere Infos unter: weitblick@longial.de 


Anja Sprick, Justiziarin, Recht | Steuern, Longial
(Sie berät Unternehmen zu allen steuer- und arbeitsrechtlichen Fragen der bAV, insbesondere zu Auswirkungen bei Betriebsübergängen und Unternehmensverkäufen, der Versorgung von GGF, dem Geltungsbereich des BetrAVG)