07. September 2023

Endgehaltsbezogene Betriebsrente und Teilzeit

BAG-Urteil vom 20.6.2023 – 3 AZR 221/22


Die betriebliche Altersversorgung darf auf das Einkommen und den Arbeitsumfang der letzten Jahre vor dem Ruhestand abstellen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt hat nämlich entschieden, dass auch Teilzeitkräfte, die zuvor einer Vollzeitbeschäftigung nachgegangen waren, hierdurch nicht unzulässig benachteiligt werden, da dies dem legitimen Zweck diene, den zuletzt erarbeiteten Lebensstandard beizubehalten. Das BAG hatte dies in einem Fall entschieden, in dem eine Arbeitnehmerin langjährig vollzeit-, in den letzten zehn Jahren vor Beginn der Betriebsrente jedoch teilzeitbeschäftigt war.

Der Fall
Die Klägerin hatte ab 1984 zunächst gut zwanzig Jahre lang bei ihrem Arbeitgeber in Vollzeit gearbeitet. Ab Mai 2005 bis zu ihrem Ausscheiden im September 2020 war sie anschließend rund fünfzehn Jahre teilzeitbeschäftigt. Nach der Versorgungsrichtlinie des Arbeitgebers sollte das rentenfähige Einkommen ein Zwölftel des Einkommens betragen, das der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin im letzten Kalenderjahr vor Eintritt des Versorgungsfalles beziehungsweise. dem vorzeitigen Ausscheiden bezogen hatte. Lag in den letzten zehn Jahren ganz oder teilweise eine Teilzeitbeschäftigung vor, sollte das letzte Einkommen entsprechend dem durchschnittlichen Arbeitsumfang quotiert werden. Im konkreten Fall bedeutete dies für die Klägerin, dass deren Versorgung nur nach einer halben Stelle berechnet wurde. Die Klägerin vertrat die Auffassung, ihr stehe eine höhere Betriebsrente als die von Ihrem Arbeitgeber berechneten 99,77 Euro monatlich zu. Unter Berücksichtigung ihrer Vollzeitarbeit seit Beginn ihrer Beschäftigung, also über den Zehnjahreszeitraum hinausgehend, müsse sie entgegen der Berechnung ihres Arbeitgebers eine Rentenzahlung in Höhe von monatlich 155,19 Euro erhalten.

Zudem war sie der Meinung, dass die streitgegenständliche Regelung gegen das Verbot der Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten verstoße. Einen sachlichen Grund, warum die vor mehr als zehn Jahren ausgeübte Vollzeittätigkeit nicht angerechnet werde, gebe es nach ihrer Auffassung nicht. Denn bei der Berechnung ihrer betrieblichen Altersversorgung müsse ihre gesamte Beschäftigungszeit berücksichtigt werden, nicht nur die letzten zehn Jahre. Sie würde jedoch nun so gestellt werden, als ob sie schon stets teilzeitbeschäftigt gewesen wäre. Der Arbeitgeber vertrat dagegen die Auffassung, dass es zulässig sei, Leistungen der betrieblichen Altersversorgung für Teilzeitbeschäftigte im Verhältnis ihres Beschäftigungsumfangs zu kürzen. Als Grund gab er an, dass sich der Lebensstandard im Bezugszeitraum vor dem Ausscheiden verfestige.

Wie hat das BAG den Sachverhalt beurteilt?
Vor dem BAG hatte die Arbeitnehmerin wie auch in den Vorinstanzen mit ihrer Klage auf eine höhere Betriebsrente keinen Erfolg. Denn das BAG entschied, dass auch bei Teilzeitkräften bei einer endgehaltsbezogenen Betriebsrentenzusage auf das zuletzt maßgebliche – geringere – Gehalt abgestellt werden darf. Dies gilt aus Sicht des Gerichts selbst dann, wenn die Betriebsrentenzusage zudem die erbrachte Dienstzeit honoriert. Zur Begründung führte es aus, dass die endgehaltsbezogene Betriebsrente dem legitimen Zweck der Erhaltung des letzten im Erwerbsleben erarbeiteten Lebensstandards im Ruhestand diene.

Keine unzulässige Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten
Auch eine unzulässige Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten aufgrund der entsprechenden Regelung konnte das BAG nicht erkennen. Ein gewisser Schutz für Beschäftigte, die erst kurz vor der Rente ihre Arbeitszeit reduzieren, ist nach dem Urteil des BAG wohl erforderlich. Wenn jedoch – wie in diesem Fall – bei der Berechnung der Betriebsrente ein Betrachtungszeitraum von zehn Jahren vor dem Ausscheiden zugrunde gelegt werde, um den maßgeblichen durchschnittlichen Beschäftigungsumfang von Teilzeitbeschäftigten zu ermitteln, sei dies nicht zu beanstanden. Denn sofern ein Teilzeitbeschäftigter vor Beginn des Zehnjahreszeitraums im umgekehrten Fall in Vollzeit wechsele, könne er auch von einer höheren Betriebsrente profitieren. Die vorherige Teilzeittätigkeit werde dann nicht mindernd angerechnet.

i Was ist zu tun?

  • Arbeitnehmer sollten im Rahmen von Überlegungen hinsichtlich der Reduzierung ihrer Arbeitszeit auch die Regelungen ihrer betrieblichen Altersversorgung im Blick haben. Hierbei ist es sinnvoll, sich vorab zu informieren beziehungsweise beraten zu lassen, um spätere Überraschungen zu vermeiden.

Weitere Infos unter: weitblick@longial.de

Fazit

Die Berechnung einer Betriebsrente bietet regelmäßig Anlass für rechtliche Auseinandersetzungen. Insbesondere, wenn das zuletzt gezahlte Gehalt als Grundlage herangezogen wird, stehen Teilzeitbeschäftigte schlechter da. Auch wenn diese zuvor lange vollzeitbeschäftigt waren, fällt ihre Betriebsrente geringer aus. Das BAG lässt dabei einen Betrachtungszeitraum von zehn Jahren zu und gibt zu erkennen, dass es auf den zuletzt im Erwerbsleben erreichten Lebensstandard ankommt.

Dirk Murski, Syndikusrechtsanwalt, Recht | Steuern, Longial