16. August 2017

Ergänzung statt Ablösung: Betriebsrentenstärkungsgesetz Teil 3: Aktualisierung und Randaspekte

In seiner Sitzung vom 7.7.2017 hat nun auch der Bundesrat dem "Gesetz zur Stärkung der Betriebsrenten und Änderung anderer Gesetze", wie das Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) korrekt heißt, zugestimmt. Damit werden die beschlossenen Änderungen zum 1.1.2018 in Kraft treten.

In den vorherigen Ausgaben des Weitblicks haben wir uns mit dem Sozialpartnermodell (Ausgabe 1/2017) sowie den steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Auswirkungen des BRSG (Ausgabe 2/2017) beschäftigt. Wie so oft hat das Gesetzgebungsverfahren noch die eine oder andere Veränderung zum ursprünglichen Gesetzentwurf gebracht. Hier die wesentlichen Änderungen:

Riesterförderung

Wie berichtet, wird die Nutzung der Riesterförderung künftig auch für die bAV interessant. Denn mit dem BRSG wird endlich die unterschiedliche Behandlung von Leistungen aus privaten und betrieblichen Riesterverträgen abgeschafft. Auf Leistungen aus Riesterverträgen im Rahmen der bAV fallen damit ab dem 1.1.2018 keine Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung mehr an. Außerdem wird die Riesterförderung deutlicher angehoben als zunächst geplant: Von aktuell 154 Euro steigt die maximale Zulage auf 175 Euro an, anstatt auf die zunächst geplanten 165 Euro (§ 84 Satz 1 EStG n.F.).

Zuschuss für Geringverdiener

Der Zuschuss, den Arbeitgeber für eine zusätzliche vom Arbeitgeber finanzierte bAV erhalten, beträgt 30 Prozent von maximal 480 Euro jährlich. Daran hat sich nichts geändert. Allerdings wurde die Einkommensgrenze angepasst, bis zu der ein Arbeitnehmer im Sinne des BRSG als "Geringverdiener" gilt. Statt der geplanten 2.000 Euro monatlich gilt nun eine Einkommensgrenze von 2.200 Euro monatlich (§ 100 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 EStG n.F.).

Praxistipp

Damit der Arbeitgeber den Zuschuss erhält, darf im Zeitpunkt der Beitragszahlung des Arbeitgebers zu der bAV die Einkommensgrenze nicht überschritten werden. Aus diesem Grund ist zu empfehlen, dass der Arbeitgeber die Beiträge zu dieser bAV jährlich entrichtet. Das verringert den Verwaltungsaufwand und verhindert, dass zum Beispiel durch die Zahlung eines Urlaubs- oder Weihnachtsgeldes der Zuschuss in diesen Monaten nicht gewährt werden darf. Somit bietet es sich an, den Versicherungs- und Beitragszahlungstermin auf einen Monat zu legen, in dem üblicherweise keine Sonderzahlungen anfallen.

Im Übrigen handelt es sich bei der Einkommensgrenze um einen nominalen Festbetrag. Leider wird dieser Betrag nicht automatisch an die durchschnittliche Entwicklung der Einkommen beziehungsweise der Lebenshaltungskosten angepasst. Es besteht aber auch keine Abhängigkeit an den Beschäftigungsgrad. Wenn also die Einkommensgrenze innerhalb eines Teilzeitbeschäftigungsverhältnisses nicht überschritten wird, besteht der Anspruch auf den Zuschuss, wenn der Arbeitgeber eine neue, arbeitgeberfinanzierte bAV einrichtet. Es wird nicht auf ein "fiktives Vollzeitgehalt" hochgerechnet.

Arbeitgeberzuschuss wegen ersparter Sozialversicherungsbeiträge

Beiträge an eine bAV sind bekanntlich bis zur Höhe von 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) zur <link informationen rechengroessen beitragsbemessungsgrenze-rv-av>gesetzlichen Rentenversicherung West steuer- und auch sozialversicherungsbeitragsfrei. <link informationen rechengroessen grenze-fuer-entgeltumwandlung-nach-3-nr-63-abs-1-estg>Aktuell heißt das bis zur Höhe von 254 Euro monatlich beziehungsweise 3.048 Euro jährlich.

Im Rahmen des BRSG wird der Arbeitgeber nun verpflichtet, einen Teil der Sozialversicherungsersparnis an die Arbeitnehmer weiterzugeben. Ab 1.1.2018 muss er 15 Prozent der im Zuge des Sozialpartnermodells eingezahlten Beiträge als "Arbeitgeberzuschuss" zur bAV weitergeben (§ 23 Abs. 2 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) n.F.). Zudem gilt die Pflicht zur Weitergabe der Sozialversicherungsersparnis auch für Neuzusagen ab dem 1.1.2019 außerhalb des Sozialpartnermodells in den Durchführungswegen Direktversicherung, Pensionskasse oder Pensionsfonds (§ 1a Abs. 1a BetrAVG). Ab dem 1.1.2022 ist dieser Arbeitgeberzuschuss aber auch für alle bereits bestehenden und außerhalb des Sozialpartnermodells eingerichteten Entgeltumwandlungen in den vorgenannten Durchführungswegen verpflichtend (§ 26a BetrAVG n.F.).

Offene Frage

Unklar ist zurzeit noch, wie hoch dieser Arbeitgeberzuschuss tatsächlich ausfallen muss, wenn er etwa durch die Entgeltumwandlung weniger Sozialversicherungsbeiträge einspart als 15 Prozent des Entgeltumwandlungsbeitrages ausmacht. Denkbar ist das beispielsweise in den Fällen, in denen durch die Entgeltumwandlung ein eigentlich oberhalb der BBG liegendes Einkommen unter diese Grenze fällt und somit nur für einen Teil des Beitrages Sozialversicherungs(SV)beiträge eingespart werden. Das Gesetz ist an dieser Stelle nicht ganz eindeutig und spricht von "soweit er durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge einspart". Kommt es also in erster Linie darauf an, eine SV-Beitragsersparnis zu haben, auch wenn diese nur 1 Euro beträgt, um 15 Prozent des Beitrages als Zuschuss gewähren zu müssen, oder ist der Zuschuss auf die tatsächliche Ersparnis begrenzt?

Anpassung von Betriebsrenten aus regulierten Pensionskassen

Mit dem BRSG wurde nun auch eine unglückliche Regelung zur Anpassung von Betriebsrenten aus regulierten Pensionskassen verbindlich geklärt. Der Gesetzgeber und das Bundesarbeitsgericht haben in diesem Punkt in den letzten Jahren "Pingpong" gespielt.

  • Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 30.9.2014 (3 AZR 613-620/12) gilt die sogenannte "Escape-Klausel" nach § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG. Sie besagt, dass der Arbeitgeber keine Anpassungsprüfung bei Pensionskassenversorgungen vornehmen muss, wenn alle Überschüsse zur Leistungserhöhung verwendet werden. Die Klausel gilt nicht für regulierte Pensionskassen, die einen höheren Rechnungszins verwendet haben als nach § 65 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Versicherungsaufsichtsgesetz für Lebensversicherer (VAG) vorgeschrieben.
  • Der Gesetzgeber hat daraufhin § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG mit der Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie zum 1.1.2016 geändert und den Verweis auf § 65 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a VAG ersatzlos gestrichen.
  • Das BAG hat darauf wieder reagiert: Mit dem Urteil vom 16.12.2016 (3 AZR 342/15) hat es entschieden, dass die Änderungen des § 16 Abs. 3 Nr. 2 erst für Anpassungen ab dem 1.1.2016 gelten.

Der Gesetzgeber hat diesem Spiel nun ein Ende bereitet. Mit dem BRSG wurde in § 30c der Satz 1a) eingefügt, mit dem auch für Anpassungszeiträume vor dem 1.1.2016 keine Anpassungsprüfung erfolgt, wenn alle Überschüsse einer Pensionskasse zur Leistungserhöhung verwendet werden.

Fazit:

Mit dem Bundesratsbeschluss sind einige weitere Änderungen in das BRSG aufgenommen worden. Auch wenn noch nicht alle Zweifelsfragen hundertprozentig geklärt sind - neben der angesprochenen Frage zur Weitergabe von Sozialversicherungsersparnissen hat auch das Bundesfinanzministerium schon angekündigt, kurzfristig ein BMF-Schreiben zur Auslegung und Anwendung des BRSG veröffentlichen zu wollen - ist das Gesetz aus unserer Sicht gelungen. Endlich vervollständigt die Beitragszusage die Palette der Möglichkeiten der bAV auch in Deutschland. Zudem sind die Rahmenbedingungen aus unserer Sicht gut geeignet, die Verbreitung insbesondere bei Klein- und Mittelständischen Unternehmen sowie bei Arbeitnehmern mit geringeren und mittleren Einkommen zu fördern. Nun kommt es auf die Sozialpartner an, geeignete und attraktive Lösungen auszuarbeiten. Und auf die Arbeitgeber, über die Möglichkeit der bAV in ihrem Unternehmen zu informieren. Und letztlich liegt es jetzt auch an den Arbeitnehmern, die Angebote zu nutzen und zusätzliche Altersvorsorge im Rahmen der bAV zu betreiben.

Allen Beteiligten steht Longial als Ansprechpartner gerne zur Verfügung. Bitte kommen Sie auf uns zu.

Michael Hoppstädter, Geschäftsführer, Longial