17. Mai 2017
EU-Mobilitätsrichtlinie: Was ändert sich bei Abfindung und Auskünften?
Zum 1.1.2018 erfolgt die Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie in Deutschland. Welche Auswirkungen hat dies auf Auskunftsansprüche und auf Abfindungen von Kleinstanwartschaften? Und welcher Handlungsbedarf entsteht dadurch für die Arbeitgeber?
Zu den grundsätzlichen Auswirkungen der EU-Mobilitätsrichtlinie haben wir bereits in unserer Ausgabe <link fileadmin newsletter_archiv _blank>3/2015 berichtet. Ferner haben wir in den Ausgaben 2/2016 und 3/2016 Fallbeispiele auf unterschiedliche Versorgungswerke erläutert.
Auskunftsansprüche
Die Auskunftsansprüche werden entsprechend den Vorgaben der Richtlinie neu geregelt. § 4a Betriebsrentengesetz (BetrAVG) n.F. ist zukünftig wie folgt aufgebaut:
- Abs. 1: Auskunftspflichten gegenüber Aktiven,
- Abs. 3: Auskunftspflichten gegenüber Ausgeschiedenen,
- Abs. 2: Auskunftspflichten im Falle der Übertragung.
Sämtliche Auskunftspflichten setzen ein Verlangen des Arbeitnehmers voraus. Eine aktive Auskunftsverpflichtung des Arbeitgebers gibt es nicht. Der Arbeitnehmer muss kein sogenanntes „berechtigtes Interesse“ an der Auskunft nachweisen. Bedauerlich ist jedoch, dass der Gesetzgeber nicht von der Möglichkeit der Richtlinie Gebrauch gemacht hat, die Anzahl der Auskünfte auf ein Auskunftsverlangen pro Jahr zu beschränken.
Die erteilten Auskünfte müssen aus Empfängersicht verständlich sein. Dabei ist auf einen durchschnittlich gebildeten Laien abzustellen. Die Auskünfte können in Textform erteilt werden und bedürfen keiner Schriftform mehr. Eine Zusendung per E-Mail ist ausreichend, nicht jedoch die Abrufmöglichkeit über Intra- oder Internet. Die Erteilung der Auskunft muss in angemessener Frist erfolgen.
Wie bislang auch, muss dargelegt werden, wie hoch voraussichtlich die Altersleistung bei Erreichen der Altersgrenze sein wird und wie hoch der bislang erreichte Teil ist. Neu ist, dass
- bei Auskünften gegenüber Aktiven dargelegt werden muss, ob und wie eine Anwartschaft auf bAV erworben wird. Hier sollten der Durchführungsweg, die Bezeichnung der Versorgungsordnung und eine kurze Leistungsbeschreibung erfolgen;
- dargelegt werden muss, wie sich eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses auswirken und das Anrecht sich fortentwickeln würde.
Die Fortentwicklung des Anrechts muss auch Ausgeschiedenen gegenüber dargelegt werden.
Man kann sich nicht mehr nur auf die Mitteilung der Höhe des erdienten Teils beschränken. Im Hinblick auf die Fortentwicklung des Anrechts sollte eine allgemeine Beschreibung zulässig sein.
Kurzbeispiel:
Versorgungsübersicht des XY Unterstützungskasse e.V. für Frau Erika Mustermann, geboren am …
Bei regelmäßiger Zuwendung der gemäß Umwandlungsvereinbarung mit dem Trägerunternehmen A GmbH festgelegten Versorgungsbeiträge von jährlich EUR ….. werden folgende Versorgungsleistungen in Aussicht gestellt:
1. Altersversorgung: monatliche Altersrente in Höhe von …… EUR
2. Hinterbliebenenversorgung ….
Aktuell erreicht ist eine Anwartschaft in Höhe von … EUR
[Hinweise zu den Folgen einer vorzeitigen Beendigung, zur Fortentwicklung nach Ausscheiden in Abhängigkeit von der Plangestaltung und zur Besteuerung und Verbeitragung]
Abfindungen
Bei der Abfindungsregelung in § 3 Abs. 2 BetrAVG n.F. handelt es sich um eine Regelung, bei der ab dem 1.1.2018 zwischen nationalen Fällen und solchen mit EU-Auslandsberührung zu unterscheiden ist. Im Fall einer EU-Auslandsberührung bedarf zukünftig auch die Abfindung von Kleinstanwartschaften der Zustimmung der Versorgungsberechtigten, wenn dieser innerhalb von 3 Monaten nach dem Ausscheiden ins EU-Ausland wechselt und das mitteilt. Faktisch führt dies also zu einer 3-monatigen Abfindungssperre, in der aber der Arbeitnehmer bereits seine Anschrift beziehungsweise seine Bankverbindung wechseln kann und gegebenenfalls für den Arbeitgeber nicht mehr erreichbar ist.
Von daher sollten Arbeitgeber und gegebenenfalls der eingeschaltete Versorgungsträger ihre Verfahren vor dem 1.1.2018 aufeinander abstimmen. Unter Umständen kann es zukünftig ratsam sein, statt den Ablauf der 3-monatigen Frist abzuwarten, generell beim Ausscheiden im Fall von Kleinstanwartschaften eine Zustimmung zur Abfindung einzuholen. So läuft der Arbeitgeber nicht Gefahr, über Jahrzehnte Kleinstanwartschaften mangels Kontaktmöglichkeiten mitschleppen zu müssen.
Fazit:
Die Neuerungen bei den Auskunftspflichten in der bAV sollten noch in 2017 im Hinblick auf die ab 1.1.2018 geltenden Regelungen überarbeitet und angepasst werden.
Die Einschränkung der Abfindungsmöglichkeit bei einem Wechsel in das EU-Ausland ist in die Prozesse einzubinden. Unter Umständen kann es empfehlenswert sein, sich aus Sicherheitsgründen bei Kleinstanwartschaften direkt die Zustimmung zur Abfindung zum Ausscheidezeitpunkt erteilen zu lassen. Auf diese Weise kann vermieden werden, dass diese Kleinstanwartschaften jahrelang einen bilanziellen und administrativen Aufwand verursachen.
Bei Fragen zu den Neuerungen helfen wir gerne weiter.
Bernd Wilhelm, LL.M., Leiter Geschäftsbereich Beratung, Longial