02. Dezember 2020
Gestärkte Rechte von befristet Beschäftigten, die unbefristet übernommen werden (BAG-Urteil vom 22.9.2020 – 3 AZR 433/19)
Der Fall
Der Versorgungsberechtigte wurde von der beklagten Arbeitgeberin zunächst befristet und im unmittelbaren Anschluss unbefristet beschäftigt. Zu Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses hatte er das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet. Bei der Arbeitgeberin bestand eine Versorgungsordnung, nach der nur derjenige teilnahmeberechtigt war, der in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis steht und das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Außerdem war eine schriftliche Vereinbarung über die Versorgungszusage gefordert. Befristet Beschäftigte waren von der Teilnahme ausgeschlossen. Der Versorgungsberechtigte vertrat die Auffassung, dass es nicht auf das Alter bei Beginn der unbefristeten Beschäftigung ankomme, sondern auf das bei Beginn des (befristeten) Arbeitsverhältnisses.
Entscheidung: Es kommt auf die Betriebszugehörigkeit an
Die beiden Vorinstanzen und auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) gaben dem Versorgungsberechtigten recht. Die Versorgungsordnung ist dahingehend auszulegen, dass das Höchstalter bei Beginn der Betriebszugehörigkeit entscheidend ist und es nicht darauf ankommt, ob zu diesem Zeitpunkt ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis vorliegt. Voraussetzung ist nur, dass sich die unbefristete Tätigkeit unmittelbar an die befristete Beschäftigung anschließt.
Erfordernis einer schriftlichen Vereinbarung hat nur bestätigende Wirkung
Auch die in der Versorgungsordnung genannte weitere Voraussetzung einer schriftlichen Vereinbarung über das Zustandekommen einer betrieblichen Versorgungszusage hat nach Auffassung des BAG nur eine bestätigende oder deklaratorische, aber keinesfalls eine rechtsbegründende Wirkung. Denn es ist bereits dann eine Versorgungszusage gegeben, wenn dem Arbeitgeber im weiteren Zeitablauf kein Entscheidungsspielraum mehr über den Inhalt und Umfang der zu erteilenden Zusage bleibt. Das war hier der Fall, weil es nach Auffassung des BAG für einen Anspruch auf Leistungen nur darauf ankam, dass das Arbeitsverhältnis durch die unbefristete Fortführung fortbestand und dann der Versorgungsfall eintritt. Mit Fragen der Diskriminierung von befristet beschäftigten Arbeitnehmern hat sich das BAG in diesem Fall nicht beschäftigen müssen.
Fazit
Vorliegend ging es nicht um Diskriminierungsfragen, sondern um die Auslegung einer Versorgungsordnung. Der Arbeitgeber hat hier keine Möglichkeiten, solche Personen von einer bAV auszunehmen. Das BAG hat bereits 1998 für einen Fall, in dem es um die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst ging, entschieden, dass mehrere befristete Arbeitsverhältnisse, die einem Dauerarbeitsverhältnis vorangehen, zusammenzurechnen sind (Urteil vom 27.1.1998 – 3 AZR 415/96).
Bedeutsam sind diese Entscheidungen nicht nur für die Teilnahme an der bAV überhaupt, sondern infolgedessen insbesondere für den Beginn des Erwerbs von Anwartschaften.
Anja Sprick, Justiziarin, Recht | Steuern, Longial