17. August 2016

Gilt eine vereinfachte Anpassungsprüfung für Pensionskassen auch rückwirkend?

(ArbG Gelsenkirchen-Urteil vom 12.01.2016 – 5 Ca 1061/15) In dem am 21.12.2015 in Kraft getretenen Gesetz zur Umsetzung der EU-Mobilitäts-Richtlinie ist auch die Anpassungspflicht für Direktversicherungen und Pensionskassen gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 2 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) geändert worden.

So war bisher die Anpassung dann erfüllt, wenn ab Rentenbeginn die Überschüsse zur Erhöhung der laufenden Leistungen verwendet wurden und zur Berechnung der garantierten Leistung der nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz festgesetzte Höchstzinssatz zur Berechnung der Deckungsrückstellung nicht überschritten wurde. Die Gesetzesänderung hat nun die Notwendigkeit, dass der zulässige Höchstzinssatz nicht überschritten werden darf, entfallen lassen.

Grund dafür war, dass insbesondere bei regulierten Pensionskassen die von der BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) genehmigten Geschäftspläne oft höhere Zinssätze enthielten. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) kam daher in seinem Urteil vom 30.09.2014 zu dem Schluss, dass in diesen Fällen die Anpassungsprüfungspflicht der Arbeitgeber nicht als erfüllt anzusehen ist. Insoweit war eine Gesetzeskorrektur notwendig. Nicht eindeutig geklärt ist, ob die erleichterte Anpassungsprüfung auch rückwirkend für vor dem 21.12.2015 liegende Anpassungsprüfungstermine gilt.

Urteil des ArbG Gelsenkirchen
Nun hat mit erstinstanzlichem Urteil vom 12.01.2016 (5 Ca 1061/15) das Arbeitsgericht Gelsenkirchen entschieden, dass besagte Gesetzesänderung nur bei künftigen Anpassungsstichtagen Anwendung findet und keine Auswirkungen auf die in der Vergangenheit unterlassenen Prüfungen hat. Eine vergangenheitsbezogene Auslegung der entsprechenden Gesetzesänderung verstoße nach Ansicht des Gerichts gegen das Verbot der echten Rückwirkung von Gesetzen nach Artikel 20 Abs.3 des Grundgesetzes.

Eine echte Rückwirkung ist nur zulässig, wenn mit der Neuregelung für den betroffenen Zeitraum zu rechnen war, die bisherige Rechtslage unklar und verworren war, so dass kein schutzwürdiges Vertrauen entstehen konnte, die Neuregelung lediglich zu ganz geringfügigen Beeinträchtigungen führt und zwingende Gründe des Gemeinwohls dem Gebot der Rechtssicherheit ausnahmsweise übergeordnet sind. Die Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall nicht gegeben.

Zudem konnte auch nicht nachgewiesen werden, dass die Überschussanteile ausschließlich zur Erhöhung der laufenden Leistungen verwendet worden sind.

Fazit: 

Die Entscheidungsgründe des Gerichts sind unseres Erachtens plausibel und nachvollziehbar. Im zugrunde liegenden Fall musste der Arbeitgeber daher für vor dem 21.12.2015 liegende Anpassungstermine nach dem Verbraucherpreisindex anpassen. Da allerdings noch keine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt, besteht keine Rechtssicherheit. Eine echte Rückwirkung dürfte sich jedoch schwer begründen lassen.
 
Anja Sprick, Justiziarin, Recht | Steuern, Longial