12. März 2025

Ist der Rückkaufswert einer Direktversicherung ein Versorgungsbezug?

BSG-Urteil vom 23.4.2024 – B 12 KR 4/22 R


Das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) befasst sich mit der Frage, ob eine Kapitalleistung, die nach der Kündigung einer Direktversicherung ausgezahlt wurde, in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und sozialen Pflegeversicherung (sPV) als Versorgungsbezug (nach § 229 SGB V) berücksichtigt werden muss.

Die Klägerin, eine selbstständige Landwirtin, hatte von 2003 bis 2004 eine versicherungspflichtige Beschäftigung. Während dieser Zeit wurde eine Direktversicherung für sie abgeschlossen, die eine garantierte Kapitalabfindung für das Jahr 2042 vorsah. Die Klägerin führte die Direktversicherung privat fort und erhielt nach Kündigung dieser im Jahr 2019 einen Rückkaufswert von 12.341,99 Euro, von dem ein Teil auf Beiträgen ihrer früheren Arbeitgeberin beruhte. Die Beklagten, die landwirtschaftlichen Krankenkassen, ermittelten daraufhin Beiträge zur GKV und sPV, basierend auf diesem Rückkaufswert.

Die Klägerin legte Widerspruch gegen die Beitragsbescheide ein, der jedoch abgelehnt wurde. In erster Instanz wies das Sozialgericht die Klage ab, während das Landessozialgericht (LSG) die Bescheide aufhob und entschied, dass die Kapitalleistung nicht als Versorgungsbezug zu werten sei, da die Klägerin bei der Kündigung ihre Ansprüche aus der Direktversicherung verloren habe.
Die Beklagten legten Revision ein und argumentierten, dass die Klägerin trotz der Kündigung einen Anspruch auf den Rückkaufswert gehabt habe, der als beitragspflichtiger Versorgungsbezug anzusehen sei. 

Das BSG gab der Revision statt und hob das Urteil des LSG auf. Es stellte fest, dass der Rückkaufswert der Direktversicherung tatsächlich als beitragspflichtiger Versorgungsbezug betrachtet werden muss, da ein Bezug zur früheren Beschäftigung besteht und die Kapitalleistung der Altersversorgung dient. Das Gericht führte aus, dass die Kapitalleistung auch dann der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen ist, wenn sie vor dem vertraglich vereinbarten Zeitpunkt ausgezahlt wird. Eine fehlende Unverfallbarkeit des Anspruchs ändere nichts an der Beurteilung. Insgesamt entschied das BSG, dass die Bescheide der Beklagten rechtmäßig waren und die Klägerin in ihren Rechten nicht verletzt wurde.

Insgesamt ist das Urteil nachvollziehbar, da in der Zeit der versicherungspflichtigen Beschäftigung Beiträge abgabenfrei in die Direktversicherung eingezahlt wurden. Bei Bezug im Leistungsfall (Alter, Tod, Berufsunfähigkeit) sind die Leistungen gemäß § 229 (1) S. 1 Nr. 5 SGB V in der GKV und in der sPV beitragspflichtig. Unter Umständen können lediglich der Freibetrag (GKV) und die Freigrenze (sPV) gemäß § 228 SGB V in Abzug gebracht werden. Insofern würde die Beitragspflicht ad absurdum geführt, wenn Versorgungsberechtigte (mit Zustimmung des Arbeitgebers als Versicherungsnehmer der Direktversicherung) kurz vor dem Leistungsfall – insbesondere Alter – die Verträge kündigen könnten, um so den Rückkaufswert sozialabgabenfrei zu beziehen, anstatt die eigentlichen Versorgungsbezüge (kurze Zeit später) sozialabgabenpflichtig zu beziehen.

Fazit:

Wenn Versorgungsberechtigte (Mitarbeitende) ihre Direktversicherungsverträge kündigen und den Rückkaufswert verlangen, sind Arbeitgeber gut beraten, eine entsprechende Abfindungsvereinbarung zu treffen und die Versorgungsberechtigten auf die Sozialabgabenpflicht hinzuweisen. Bei Fragen zu diesem Thema unterstützen wir Sie gerne!

André Czerwionka, Account- und Channelmanager, Longial GmbH