15. November 2018
Kein Erfordernis der Erdienbarkeit bei einer Entgeltumwandlung (BFH-Urteil vom 7.3.2018 – I R 89/15)
Während die Finanzverwaltung meinte, jede bAV ist zu erdienen ...,
In dem zu entscheidenden Fall war dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF) über eine rückgedeckte Unterstützungskasse eine bAV zu einem Zeitpunkt in Aussicht gestellt worden, zu dem er das 58. Lebensjahr bereits vollendet hatte. Da die Versorgung die Vollendung des 65. Lebensjahres als vertragliche Altersgrenze vorsah, lagen also zwischen der Zusageerteilung und dem Zeitpunkt der (frühestmöglichen) Inanspruchnahme der Altersversorgung weniger als 10 Jahre. Für die Erdienbarkeit einer Versorgungszusage fordert die Finanzverwaltung bei einem beherrschenden GGF jedoch in der Regel eine Mindest-Zusagedauer von 10 Jahren. Hierbei sollte es nach Einschätzung des Fiskus auf die Art der Finanzierung der Versorgung nicht ankommen. Gemäß der Verfügung der Oberfinanzdirektion Niedersachsen vom 15.8.2014 (S 2742-259-St 241) sollten nämlich auch Entgeltumwandlungszusagen – genauso wie eine arbeitgeberfinanzierte bAV – einer Erdienung bedürfen.
... sehen die Finanzgerichte dies bei Entgeltumwandlung grundsätzlich anders.
Dieser einschränkenden Sicht hatte sich in der Vorinstanz das Finanzgericht (FG) Thüringen nicht anschließen wollen (Urteil vom 25.6.2016 – 1 K 136/15) und das Erfordernis der Erdienbarkeit bei Entgeltumwandlungen verworfen (Weitblick 3/2016). Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nunmehr diese Auffassung des FG bestätigt. Auch nach Einschätzung des BFH kommt es auf die Erdienbarkeit bei einer durch Entgeltumwandlung finanzierten Zusage grundsätzlich nicht an. Hier habe die GmbH nämlich die finanziellen Folgen einer Zusage in der Regel nicht selbst zu tragen. Es bedürfe insoweit also nicht einer Gegenleistung des GGF für die erteilte Zusage in Form (irgend)einer (Mindest-)Dienstzeit. Im Übrigen komme es in diesem Zusammenhang nicht auf den gewählten Durchführungsweg für die bAV an.
Doch der Teufel steckt womöglich im Detail
Von diesem Grundsatz kann es aber Ausnahmen geben. Es komme – so der BFH – auf die Würdigung des Einzelfalls an. So seien Gestaltungen denkbar, bei denen auch eine auf Entgeltumwandlung beruhende Versorgung aus dem Gesellschaftsverhältnis veranlasst sei und damit deren Finanzierung nicht steuerlich geltend gemacht werden beziehungsweise zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führen könne. Hier nennt der BFH in seiner Urteilsbegründung beispielhaft drei Ausnahmetatbestände:
- Es kommt im Zusammenhang mit der Versorgungszusage zu unüblichen, sprunghaften Gehaltsveränderungen. (Das heißt, es handelt sich gegebenenfalls nur scheinbar um eine Entgeltumwandlung.)
- Das verbleibende Grundgehalt reicht nicht aus, um den laufenden Lebensunterhalt zu decken.
- Mit der Erteilung der Versorgungszusage sind Risiko- und Kostensteigerungen für das Unternehmen verbunden, die einer Prüfung am Maßstab des Fremdvergleichs nicht standhalten.
Fazit:
Es ist zu begrüßen, dass der BFH den Bestrebungen der Finanzverwaltung entgegentritt, eine GGF-Versorgung unter den Generalverdacht der Unüblichkeit zu stellen, selbst wenn eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis nur in Ausnahmefällen denkbar ist. Insoweit dürften GGF, die in wenige Jahre vor Rentenbeginn noch eine Entgeltumwandlung einrichten wollen, aufatmen. Doch wirklich risikolos ist dies – auch nach dem vorliegenden BFH-Urteil – wohl nur dann, wenn im Zusammenhang mit der Zusage keine (sprunghafte) Gehaltserhöhung erfolgt, das reduzierte Gehalt weiterhin zur Deckung des Lebensunterhalts reicht und vorzeitige Versorgungsfälle – zum Beispiel durch eine kongruente Rückdeckung – kein Risiko beim Arbeitgeber darstellen. Insoweit heißt es, bei der Gestaltung genau achtzugeben.
Michael Gerhard, Aktuar (DAV), Recht | Steuern, Longial