26. Mai 2021

Keine Gleichbehandlung für Geschäftsführer bei Versorgungszusagen

OLG München-Urteil vom 25.11.2020 – 7 U 1297/20: Gilt der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz bei einer bAV auch für einen GmbH-Geschäftsführer? Diese Frage musste das Gericht klären.


Der Fall
Der Kläger war Geschäftsführer bei der beklagten GmbH und hatte eine beitragsorientierte Zusage als bAV erhalten. Die Höhe der Versorgungsleistungen sollte sich nach den Versicherungsleistungen richten, die sich aus dem von der GmbH zugesagten Beitrag ergeben würden. Im Rahmen eines Aufhebungsvertrages konnte bezüglich der bAV keine Einigung erzielt werden. Der Kläger wendete sich gegen die Ungleichbehandlung gegenüber den vier weiteren Geschäftsführern, die zuvor höhere Leistungszusagen mit einem Anspruch auf Zahlung eines Ruhegeldes in Höhe von 50 Prozent des zuletzt bezogenen Grundgehalts erhalten hatten. 

Arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz gilt nicht für GmbH-Geschäftsführer, wenn er individuell ausgehandelt wurde
Das Oberlandesgericht (OLG) entschied, dass sich der Kläger nicht auf eine Gleichbehandlung berufen kann. Bei seiner Entscheidung hat das Gericht die bisherige höchstrichterliche, jedoch uneinheitliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) gewürdigt und sich dann der Rechtsprechung aus dem Jahr 1993 (BGH-Urteil vom 20.12.1993 – II ZR 217/92) angeschlossen. Damals wurde entschieden, dass der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz im Allgemeinen nicht auf die Vertretungsorgane von Kapitalgesellschaften anwendbar ist, da deren Vergütung, wozu auch die Ruhegeldregelungen in der bAV zählen, individuell ausgehandelt werden. Das war auch bei dem klagenden Geschäftsführer der Fall gewesen.

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) greift hier nicht
Das AGG schränkt (in § 6 Abs. 3 AGG) den Anwendungsbereich bezüglich Organmitgliedern auf den Zugang zur Geschäftsführerstellung ein, es gilt aber nicht für die Entscheidung über Beschäftigungs- und Entlassungsbedingungen. Die Ruhegeldregelungen gehörten nach Ansicht des OLG zweifelsfrei zu den Beschäftigungsbedingungen. Diese sind nur durch die Sittenwidrigkeit und den Grundsatz von Treu und Glauben beschränkt. 

Sachliche Rechtfertigung liegt vor
Letztlich ist es nach Auffassung des OLG auch unerheblich, ob der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz Anwendung findet. Denn die Ungleichbehandlung war auf jeden Fall sachlich gerechtfertigt. So war in der GmbH eine zulässige Stichtagsregelung eingeführt. Ab einem bestimmten Zeitpunkt wurde allen Geschäftsführern nur noch eine beitragsorientierte Zusage erteilt. Das OLG verweist hier auf die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG), wonach es einem Arbeitgeber grundsätzlich freisteht, bisher gewährte Leistungen, zu deren Erbringung er kollektivrechtlich nicht verpflichtet ist, für neu eingestellte Beschäftigte auszuschließen (BAG-Urteil vom 28.7.2004 – 10 AZR 19/04, Rdnr. 26).

Fazit

Das OLG München-Urteil orientiert sich an der älteren höchstrichterlichen BGH-Rechtsprechung vor Einführung des AGG. Die höchstrichterliche Rechtsprechung ist zum heutigen Zeitpunkt uneinheitlich. Es gibt neuere Entscheidungen, die den Anwendungsbereich des AGG für GmbH-Geschäftsführer öffnen. So muss die zukünftige Rechtsprechungsentwicklung abgewartet werden. Insofern kann auch ein anderes Oberlandesgericht in Deutschland eine andere Entscheidung treffen. 
 

i Was ist zu tun?

Wenn Anstellungsbedingungen mit einem Geschäftsführer individuell verhandelt werden, kann er sich nicht auf eine Gleichbehandlung mit anderen Geschäftsführern berufen. Vorsichtshalber sollte in den Fällen, in denen von der bisherigen Praxis bei den Verträgen im Unternehmen abgewichen wird, auch immer ein sachlicher Grund vorliegen und dokumentiert beziehungsweise bewiesen werden können.

Weitere Infos unter: weitblick@longial.de


Anja Sprick, Justiziarin, Recht | Steuern, Longial
(Expertin für alle steuer- und arbeitsrechtlichen Fragen der bAV, insbesondere zu Auswirkungen bei Betriebsübergängen und Unternehmensverkäufen, der Versorgung von GGF, dem Geltungsbereich des BetrAVG).