11. September 2024
Keine Korrektur der von einer Kapital- auf eine Personengesellschaft übergehenden Pensionsrückstellungen durch Ansatz von Sondervergütungen
Pensionsrückstellungen, die für Gesellschafter-Direktzusagen bei einer Kapitalgesellschaft gebildet wurden und im Zuge eines Rechtsformwechsels auf eine Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) übergehen, sind bei der Mitunternehmerschaft nicht durch den Ansatz von Sondervergütungen zu korrigieren. Insofern entsteht betreffend die übergehenden Pensionsrückstellungen kein Übernahmefolgegewinn.
Der Sachverhalt
Eine GmbH hatte ihren beiden Gesellschaftern unmittelbare Versorgungszusagen (Direktzusagen) erteilt. Im Rahmen einer Umstrukturierung wurde die GmbH in eine Personengesellschaft umgewandelt. Gegenstand des Verfahrens beim Bundesfinanzhof (BFH) war die Frage, ob aufgrund des Formwechsels einer Kapital- in eine Personengesellschaft eine (teilweise) Korrektur der übernommenen Pensionsrückstellung durch Ansatz von Sondervergütungen für die Gesellschafter zu erfolgen hat. Dieser Auffassung war die Finanzverwaltung. Konkret vertrat sie die Ansicht, dass in Höhe der Differenz zwischen dem übernommenen Teilwert nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG (Ansatz der Pensionsrückstellung vor Beendigung des Dienstverhältnisses) und dem (im Streitfall geringeren) Anwartschaftsbarwert nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 EStG (Ansatz der Pensionsrückstellung nach Beendigung des Dienstverhältnisses) jeweils ein Ausgleichsposten in den Sonderbilanzen der Kläger zu aktivieren sei. Denn das jeweilige Dienstverhältnis habe infolge des Übergangs der Kläger in eine Mitunternehmerstellung aus ertragsteuerlicher Sicht geendet. In der Folge hätte sich ein Übernahmefolgegewinn im Sonderbetriebsvermögen des jeweiligen Klägers ergeben.
Dagegen vertrat das Finanzgericht (FG) die Ansicht, dass es an einer Rechtsgrundlage für eine entsprechende Korrektur der Pensionsrückstellung durch Ansatz von Sondervergütungen infolge der Umwandlung fehle. Insofern sei kein Ausgleichsposten in den Sonderbilanzen der Kläger zu bilden und es entstehe kein entsprechender Übernahmefolgegewinn.
Die Entscheidung
Keine Korrekturbefugnis – kein Übernahmefolgegewinn
Der BFH folgte der Ansicht des FG, dass – obwohl die Kläger im Zuge des Formwechsels Mitunternehmer der Personengesellschaft wurden – für eine Korrektur der zum Teilwert nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG angesetzten Pensionsrückstellung keine Rechtsgrundlage bestehe, da die Dienstverhältnisse der Kläger durch den Formwechsel nicht beendet wurden. Mangels Korrekturbefugnis sei der Ansicht der Finanzverwaltung, wonach im Sonderbetriebsvermögen der Kläger in Höhe der Differenz zwischen dem jeweiligen Teilwert nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG und dem jeweiligen Anwartschaftsbarwert nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 EStG jeweils ein Ausgleichsposten zu aktivieren sei, nicht zu folgen. Ein Übernahmefolgegewinn entstehe somit nicht.
Bildung eines Ausgleichspostens für nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag gebildete Pensionsrückstellungen
Einigkeit bestand darüber, dass für weitere Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag bei der Personengesellschaft in den Sonderbilanzen der Kläger ein Ausgleichsposten zu aktivieren ist. Denn es ist unstrittig, dass für die Pensionszusage eines Mitunternehmers zwar in der Gesamthandsbilanz der Personengesellschaft eine Pensionsrückstellung nach § 6a EStG aufwandswirksam zu bilden ist. Allerdings werden jene Rückstellungszuführungen durch die zeit- und betragskonforme Erfassung als Sondervergütungen, die als Ausgleichsposten in der Sonderbilanz des begünstigen Mitunternehmers zu aktivieren sind, im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnermittlung der Mitunternehmerschaft insgesamt neutralisiert (sogenannte korrespondierende Bilanzierung). Dieses Erfordernis folgt aus der Gleichstellung von Mitunternehmern zu Einzelunternehmern, denn letztere können keine Pensionsrückstellungen bilden.
Vor diesem Hintergrund stellte der BFH klar, dass die vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag während der Arbeitnehmerzeit der Kläger bei der Kapitalgesellschaft gebildeten Pensionsrückstellungen nicht zu den Sondervergütungen der Kläger gehören. Hierfür spreche der Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 1 Halbsatz 2 EStG, der nur „Vergütungen” des Mitunternehmers der Besteuerung unterwirft. Bei den Zuführungsbeträgen zu den Pensionsrückstellungen, die für die Kläger auf Ebene der Kapitalgesellschaft gebildet wurden, handele es sich nicht um solche Vergütungen.
Für eine typisierende Abgrenzung der Zuführungsbeträge vor und nach dem Übertragungsstichtag für Zwecke der Qualifizierung als Sondervergütungen spricht nach Ansicht des BFH auch die Systematik des Teilwertverfahrens nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG, das den Aufwand durch fiktive Prämien gleichmäßig über die gesamte Dienstzeit verteilt. Sondervergütungen können dabei erst aufgrund von weiteren Rückstellungszuführungen nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag während der Zeit als Mitunternehmer entstehen. Eine analoge Abgrenzung erfolgt nach Ansicht des BFH auch im Falle eines Statuswechsels: Wird ein Angestellter einer Personengesellschaft, dem eine Direktzusage erteilt wurde, zum Mitunternehmer, so ist die bis zum Statuswechsel in der Gesamthandsbilanz gebildete Pensionsrückstellung keine Sondervergütung.
Fazit
Mit dem Urteil schafft der BFH Klarheit hinsichtlich der bilanzsteuerrechtlichen Bewertung von Gesellschafter-Pensionszusagen, die im Zuge eines Rechtsformwechsels von einer Kapital- auf eine Personengesellschaft übergehen. Hiernach erfolgt aufgrund des Formwechsels keine Umbewertung der Pensionsrückstellung durch Ansatz von Sondervergütungen, so dass auch kein Übernahmefolgegewinn entsteht. Vielmehr ist zwischen den Zuführungsbeträgen vor und nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag zu unterscheiden. Die Zuführungsbeträge zu den Pensionsrückstellungen, die vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag erfolgt sind, beruhen auf der Tätigkeit als Anteilseigner und Arbeitnehmer der Kapitalgesellschaft, während die Rückstellungszuführungen nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag die Tätigkeit als Mitunternehmer der Personengesellschaft vergüten. Sondervergütungen können daher erst aufgrund von weiteren Rückstellungszuführungen nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag entstehen. Darüber hinaus gibt die Urteilsbegründung Hinweise zu Fällen eines Statuswechsels von Angestellten mit Pensionszusage bei Personengesellschaften, die zum Mitunternehmer werden. In solchen Fällen erfolgt für die Frage der Qualifizierung als Sondervergütungen ebenfalls eine periodengerechte Abgrenzung zwischen den Rückstellungszuführungen, die während der Zeit als Angestellter und während der Zeit Mitunternehmer anfallen.
i Was ist zu tun?
- Bei Umstrukturierungen von Kapital- in Personengesellschaften sollte das Augenmerk auch darauf gerichtet sein, welche bilanzsteuerrechtlichen Folgen sich im Hinblick auf Versorgungszusagen ergeben, die Gesellschafter-Geschäftsführern erteilt wurden. Eine Finanzierung solcher Zusagen ist nach dem Formwechsel mit steuerlicher Wirkung nicht mehr möglich. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die betreffenden Gesellschafter im steuerlichen Sinne nach der Umstrukturierung tatsächlich als Personengesellschafter zu beurteilen sind. Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) wurde für Personengesellschaften allerdings die Option eingeführt, zur Körperschaftsteuer zu optieren. Wird von dieser Option Gebrauch gemacht, bleibt die Finanzierung mit steuerlicher Wirkung erhalten. (Auch) vor diesem Hintergrund ist zu prüfen, ob die betreffende Option ausgeübt werden soll.
Weitere Infos unter: weitblick@longial.de
Dr. Simon Schulenburg, Leiter Recht l Steuern l VTM, Longial