17. Mai 2017
Nachträgliche Rentenanpassungen
Wie lange können diese gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht werden?
Nach dem Betriebsrentengesetz (BetrAVG) ist der Arbeitgeber in der Regel verpflichtet, alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der bAV zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden. Im Folgenden werden die Fälle betrachtet, in denen der Arbeitgeber in falscher Höhe oder überhaupt nicht anpasst. Anpassungen, die zu Recht unterbleiben, werden nicht behandelt.
Prüfungszeitraum ist nicht disponibel
Der Prüfungszeitraum ist die Zeit vom Rentenbeginn bis zum jeweiligen Anpassungsstichtag. Er ist nicht disponibel. Allerdings ist es zulässig, die anfallenden Prüfungstermine zu einem einheitlichen Jahrestermin zu bündeln. Durch den gemeinsamen Anpassungsstichtag darf sich die erste Anpassung um nicht mehr als 6 Monate verzögern.
Mitteilungspflicht des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber muss seine Entscheidung dem Versorgungsempfänger mitteilen. Dabei steht es ihm frei, ob er
- schriftlich oder mündlich informiert,
- seine Entscheidung begründet,
- das Ergebnis mitteilt oder
- stillschweigend erhöhte Leistungen erbringt.
In diesem Zusammenhang stellt sich für den Arbeitgeber die Frage, was passiert, wenn er diese Anpassungsverpflichtung nicht ordnungsgemäß erfüllt.
Nachträgliche Anpassung
Greift der Arbeitnehmer die Anpassungsentscheidung des Arbeitgebers an und erweist sich dabei, dass die Anpassung hätte höher ausfallen müssen, dann hat eine nachträgliche Anpassung zu erfolgen. In diesem Fall hat der Arbeitgeber rückwirkend ab dem Anpassungsstichtag die Anpassung in dem korrekten Umfang zu leisten.
Verjährungsfristen
Hinsichtlich etwaiger Verjährungsfristen bei der nachträglichen Anpassung unterscheidet das Bundesarbeitsgericht folgendermaßen:
1. Korrektur einer ausdrücklichen Anpassungsentscheidung des Arbeitgebers (auch die stillschweigende Zahlung eines erhöhten Rentenbetrages fällt hierunter).
Hier muss der Versorgungsempfänger den Korrekturanspruch innerhalb der nächsten 3 Jahre seit dem Anpassungsstichtag geltend machen, also spätestens bis zum Ablauf des Tages vor dem nächsten Prüfungstermin. Versäumt der Rentner diese Frist, ist sein Korrekturanspruch für diesen Zeitraum verwirkt und kann später nicht mehr eingeklagt werden (vergleiche BAG – 3 AZR 56/95, BAG – 3 AZR 367/03, BAG – 3 AZR 690/12).
Beispiel:
Anpassungstermine | |
1.7.2010 | Erstmalige Rentenzahlung von 100 Euro |
1.7.2013 | Richtige Anpassung auf 105 Euro |
1.7.2016 | Anhebung auf 107 Euro anstatt 110 Euro |
Bis 30.6.2019 | Rüge und Klage auf Korrektur innerhalb dieser Zeit, ansonsten Verjährung von 3 Euro x 36 Monate |
1.7.2019 | 115 Euro sind vom Arbeitgeber zu zahlen, auch an den Rentner, der es versäumt hat, eine Rüge bezüglich des letzten Anpassungstermins geltend zu machen |
2. Korrektur einer stillschweigenden Anpassungsentscheidung des Arbeitgebers (Fehlen einer ausdrücklichen Arbeitgeberentscheidung, verbunden mit einer Nichtanpassung (Nullanpassung) der Rente).
Das Schweigen enthält zwar die Erklärung, nicht anpassen zu wollen. Diese Erklärung gilt jedoch erst nach Ablauf von 3 Jahren als abgegeben. Deshalb kann der Rentner diese nachträgliche Entscheidung bis zum übernächsten Anpassungsstichtag rügen (vergleiche etwa BAG-Urteil vom 25.4.2006 – 3 AZR 372/05). Er muss also innerhalb von 6 Jahren seit dem Anpassungsstichtag seinen Korrekturanspruch geltend machen. Macht der Versorgungsempfänger den Anspruch bis dahin geltend, kann er eine nachträgliche, das heißt rückwirkende, Anpassung und damit gegebenenfalls eine Nachzahlung verlangen – soweit diese Ansprüche nicht bereits verjährt sind.
Die jeweiligen Erhöhungen um den Anpassungsbetrag verjähren gemäß § 18 a S. 2 BetrAVG in Verbindung mit § 195 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bereits innerhalb von 3 Jahren. Die Frist beginnt am Ende des Kalenderjahres, in dem die Versorgungsleistungen fällig werden und der Rentner von den, den Anspruch begründenden, Umständen und der Person des Arbeitgebers Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (vergleiche § 199 BGB).
Wenn in diesen Fällen der Arbeitgeber überhaupt nicht angepasst und gegenüber dem Rentner auch gar nichts darüber mitgeteilt hat, setzt die Verjährung hier zunächst nicht ein. Nur die in der Anpassungsentscheidung enthaltene Leistungsbestimmung kann Ansprüche auf Zahlung einer höheren Betriebsrente auslösen. Wenn in diesen Fällen das Schweigen als Erklärung, nicht anpassen zu wollen, erst nach Ablauf von 3 Jahren als abgegeben gilt, kann ein Korrekturanspruch auf Erhöhung daher innerhalb von 6 Jahren klageweise geltend gemacht werden.
Fazit:
Im Rahmen von Rentenanpassungen und deren Geltendmachung gegenüber dem Arbeitgeber ist zu unterscheiden, ob der Arbeitgeber Anpassungsentscheidungen abgegeben hat, indem er zumindest einen erhöhten Rentenbetrag gezahlt hat, oder ob er überhaupt nicht angepasst und hierüber auch nichts an die Rentner kommuniziert hat. In letzterem Fall können innerhalb von 6 Jahren Ansprüche noch eingeklagt werden.
Anja Sprick, Justiziarin, Recht I Steuern, Longial