17. Februar 2016

Neues zum Jahreswechsel: Garantiezins und doch kein Ende?

Im Jahr 2009 hat die Europäische Union eine grundlegende und umfassende Modernisierung der sogenannten Solvenzanforderungen an Versicherungsunternehmen beschlossen.

Zum Jahreswechsel wurden diese europäischen Vorgaben im nationalen Versicherungsaufsichtsrecht (VAG) umgesetzt. Im Vorfeld entbrannte eine Diskussion darüber, ob es zukünftig noch einen sogenannten Höchstrechnungszinssatz in der Lebensversicherung geben soll.
Der Höchstrechnungszinssatz gilt für Versicherungsprodukte, bei denen der Sparanteil fest mit einem sogenannten Garantiezins während der gesamten Laufzeit verzinst wird. Um einen ruinösen Wettbewerb der Versicherer zu verhindern, setzt das Bundesfinanzministerium im Rahmen einer Verordnung hierfür den Höchstrechnungszinssatz fest. Aufgrund der neuen Solvenzanforderungen, die mit derartigen Garantieleistungen verbunden sind, haben sich bereits einige große Versicherungskonzerne dazu entschieden, zukünftig verstärkt oder ausschließlich Produkte anzubieten, die keine derartigen Zinsgarantien mehr enthalten. Die Politik will jedoch erst einmal die Entwicklung unter den neuen Solvenzanforderungen abwarten, ehe der Höchstrechnungszinssatz ganz abgeschafft wird. Somit wird es voraussichtlich noch bis 2018 einen Höchstrechnungszins in der Lebensversicherung geben.

Auswirkungen auf die bAV
Von dieser Entwicklung sind im Bereich der betrieblichen Altersversorgung unmittelbar alle Durchführungswege betroffen, bei denen der Versorgungsträger ein Versicherungsunternehmen ist (Direktversicherung oder deregulierte Pensionskasse). Daneben sind auch alle rückgedeckten Durchführungswege, bei denen sich die Leistungshöhe unmittelbar nach dem sogenannten Rückdeckungsversicherungsvertrag richtet (rückgedeckte Direktzusage und rückgedeckte Unterstützungskasse), tangiert. Nach den Erfahrungen bisheriger Änderungen gesetzlicher oder aufsichtsrechtlicher Rahmenbedingungen ist davon auszugehen, dass diese Entwicklung nur neu abgeschlossene Verträge betrifft und daher keine Rückwirkung entfaltet.

Pensionsfonds – mit kleinen Schritten immer flexibler?
Eine weitere Neuerung brachte der Jahreswechsel für den Pensionsfonds. Seit seiner Einführung als fünfter Durchführungsweg der bAV im Jahr 2002 erhielt dieser Fonds im Laufe der Jahre immer mehr Flexibilität, insbesondere im Bereich der Kapitalanlage und der Leistungsform.

Ursprünglich bestand die Auffassung, dass beim Pensionsfonds zwischen Anwartschafts- und Leistungsphase strikt zu trennen sei. Die Anwartschaftsphase sollte eine reine Ansparperdiode darstellen, während ab dem Eintritt des Versorgungsfalls eine versicherungsförmige Garantie erforderlich sei.

Durch die ausdrückliche Eintrittsverpflichtung des Arbeitgebers in Form der Entrichtung weiterer Beiträge konnte im Rahmen der VAG-Novelle von 2005 auch in der Rentenbezugsphase die Finanzierung weiterhin fondsförmig erfolgen. Diese Verpflichtung wird allgemein als Nachschusspflicht bezeichnet. Dabei sind Unterdeckungen von bis zu 10 Prozent zulässig. Diese Entwicklung ermöglichte es dem Pensionsfonds, auch in der Rentenbezugsphase eine freiere Kapitalanlage zu betreiben, so dass das ursprüngliche Ziel, die Kapitaldeckung in der deutschen bAV auszubauen, leichter erreichbar wurde.

Bislang galt diese Regelung aber ausdrücklich nicht für Beitragszusagen mit Mindestleistung. Diese Zusageform ist nach dem Willen des Gesetzgebers nur in den Durchführungswegen Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds möglich. Im Bereich der Auslagerung von nicht kapitalgedeckten Direktzusagen und Unterstützungskassenzusagen spielt die Beitragszusage mit Mindestleistung dagegen keine Rolle.  Im Rahmen der Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie sind diese beiden Durchführungswege aber nun auch für die Beitragszusagen mit Mindestleistung möglich. Voraussetzung: Der Arbeitgeber verpflichtet sich, in der Rentenbezugsphase weiterhin Nachschüsse zu entrichten. Der Arbeitgeber muss dabei erklären, dass er für die Mindestleistung im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) einsteht. Damit eine gewisse Kontrolle besteht, ist das Einverständnis der Tarifvertragsparteien ebenfalls notwendig. Diese Erleichterung ist für die Verbreitung der bAV förderlich und daher zu begrüßen.

Fazit:

Es ist zu erwarten, dass im Bereich von Direktversicherungen und deregulierten Pensionskassenversorgungen immer stärker neue Produkte auf den Markt kommen werden, die keine klassische Zinsgarantie mehr beinhalten. Die genauen Auswirkungen für bestehende Versorgungskonzepte müssen dabei im Einzelfall geprüft werden.

Beim Pensionsfonds kann man nunmehr bei der Beitragszusage mit Mindestleistung auf Garantieversprechen in der Leistungsphase verzichten, so dass sich auch hier eine neue Option für Arbeitgeber bietet.

Bernd Wilhelm, LL.M., Rechtsanwalt, Leiter Recht | Steuern, Longial
Dr. Paulgerd Kolvenbach, Geschäftsführer, Longial