17. Dezember 2024
Paralleler Bezug einer Geschäftsführer-Vergütung und einer Versorgungsleistung
Der gleichzeitige Bezug von Gehalt und Leistungen der betrieblichen Altersversorgung (bAV) kann – unter bestimmten Bedingungen – auch bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF) steuerlich anzuerkennen sein. In dieser Frage schließt sich die Finanzverwaltung nunmehr weitgehend der Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) an.
Der gleichzeitige Bezug von Gehalt und bAV-Leistungen ist steuerlich anzuerkennen...
Versorgungszusagen stellen den Erhalt von Versorgungsleistungen nicht immer unter den Vorbehalt des Dienstaustritts. Auch bei Zusagen auf Leistungen der bAV, die Gesellschafter-Geschäftsführern erteilt werden, kommt dies vor. Die Zahlung der Altersversorgung wird dann teils allein vom Erreichen eines bestimmten Lebensalters abhängig gemacht. Die Finanzverwaltung hatte bereits vor geraumer Zeit zum Ausdruck gebracht, dass zwar der Aufwand für solche Zusagen vor Eintritt des Versorgungsfalls steuerlich geltend gemacht werden kann. Nach Eintritt des Versorgungsfalls läge jedoch für den Fall, dass tatsächlich Gehalt und bAV-Leistungen parallel gezahlt werden, gegebenenfalls eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) vor. Dies sei insoweit der Fall, wenn das Aktivgehalt nicht auf die Pensionsleistung angerechnet werde (siehe BMF-Schreiben vom 18.9.2017 – IV C 6 – S 2176/07/10006). Die Finanzverwaltung berief sich dabei auf die frühere Rechtsprechung des BFH. Der BFH hatte wiederholt geurteilt, dass der eigentliche Zweck einer bAV verfehlt werde, wenn Altersleistungen noch während des laufenden Dienstverhältnisses erbracht werden. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer würde daher entweder verlangen, dass das Gehalt aus der fortbestehenden Tätigkeit als Geschäftsführer auf die Versorgungsbezüge angerechnet wird oder aber der vereinbarte Eintritt des Versorgungsfalles bis zur endgültigen Beendigung der Geschäftsführungstätigkeit aufgeschoben wird.
... wenn in Summe die zuvor bezogenen Aktivbezüge nicht übertroffen werden
In dieser Frage hat der BFH seine Auffassung im vergangenen Jahr wie folgt präzisiert (vergleiche Urteil vom 15.3.2023 – I R 41/19 und unseren Weitblick-Bericht (siehe hier)): Zwar würden sich im Fall der Weiterbeschäftigung Zahlungen von Versorgung und Gehalt in aller Regel ausschließen. Die in diesem Zusammenhang in der Vergangenheit vom BFH entwickelten Grundsätze würden aber nur für uneingeschränkte Zahlungen gelten. Ein ordentlicher Geschäftsleiter würde demnach zwar nicht gleichzeitig sowohl die volle Versorgung als auch ein volles Gehalt zahlen. Er würde aber auch nicht erwarten, dass ein Geschäftsführer umsonst weiterarbeitet. Vor diesem Hintergrund hält es der BFH nunmehr für unschädlich, wenn – bei gleichem Tätigkeitsgebiet – die Summe aus Altersversorgung und Gehalt die vor Rentenbeginn geltende Vergütung nicht übersteigt. Dieser Auffassung hat sich die Finanzverwaltung mit dem aktuellen Schreiben des BMF vom 30.8.2024 (IV C 2 – S 2742/22/10003:009) nunmehr angeschlossen. Darin wird klargestellt, dass auch aus Sicht der Finanzverwaltung in der Regel keine vGA anzunehmen ist, soweit die Summe aus der Versorgungszahlung und dem parallel gezahlten Aktivgehalt das vor Eintritt des Versorgungsfalls gezahlte Aktivgehalt nicht überschreitet.
Dies gilt für Leistungen in Rentenform und bei Ausübung eines Kapitalwahlrechts
In dem BMF-Schreiben heißt es weiter, dass dieser Grundsatz sowohl bei monatlicher Pensionsleistung als auch bei Ausübung eines vereinbarten Kapitalwahlrechts bei Erreichen der vereinbarten Altersgrenze gelte. Keine genaue Aussage trifft das BMF-Schreiben allerdings dazu, auf welche Weise die Einhaltung des Grundsatzes bei Ausübung eines Kapitalwahlrechts zu prüfen ist. Es lässt zudem die Frage offen, wie vorzugehen ist, wenn die Zusage als Auszahlungsform allein eine Kapitalzahlung – also keine hierzu alternative Rentenzahlung – vorsieht.
Geschäftsführer-Gesellschafter in Teilzeit will die Finanzverwaltung nicht anerkennen
Schließlich wird in dem BMF-Schreiben ausgeführt, dass eine vGA allerdings dann anzunehmen sei, wenn das Aktivgehalt und die Arbeitszeit nach Eintritt des Versorgungsfalls deutlich reduziert werden. Das BMF begründet seine Haltung damit, dass nach seiner Auffassung eine Teilzeittätigkeit mit dem Aufgabenbild eines Geschäftsführer-Gesellschafters grundsätzlich nicht vereinbar sei. Es vertritt damit eine vom BFH abweichende Meinung. Der BFH hatte in dem oben angegebenen Urteil ausgeführt, dass eine Weiterbeschäftigung mit reduzierten Arbeitszeiten dazu führen könne, dass die Differenz zwischen Versorgung und letzten Aktivbezügen nicht vollständig ausgeschöpft werden könne, ohne eine vGA auszulösen. Dem pflichtet das BMF damit unverändert nicht bei.
Fazit:
Erfreulich ist, dass sich die Finanzverwaltung der Auffassung der Rechtsprechung anschließt, wonach der zeitgleiche Bezug einer Geschäftsführer-Vergütung und einer Versorgungsleistung steuerlich nicht zu beanstanden ist, soweit die bAV-Leistungen und das Gehalt in Summe nicht die vor dem Versorgungsfall maßgeblichen Aktivbezüge übersteigen. Das BMF lässt aber Fragen offen. Diese betreffen im Übrigen nicht nur die Unsicherheit, wie genau bei dem etwaigen Bezug einer Kapitalzahlung (aus einer Kapitaloption) vorzugehen ist. Auch bleibt offen, wonach sich – im Falle eines Falles – die Bemessung einer vGA tatsächlich richten würde, wenn die bAV-Leistungen und die parallel gewährten Aktivbezüge die ursprünglichen Aktivbezüge übersteigen. Unverständlich ist schließlich, dass die Finanzverwaltung auf ihrer Meinung beharrt, wonach eine Teilzeittätigkeit mit dem Aufgabenbild eines Geschäftsführer-Gesellschafters grundsätzlich nicht vereinbar sein soll. Dies widerspricht der allgemeinen Erfahrung. Man denke hier allein an Firmen, die ihre Geschäftstätigkeit deutlich reduzieren oder bei denen sich die Anzahl ihrer Geschäftsführer im Laufe der Zeit ändert.
i Was ist zu tun?
- Daran, dass ein Geschäftsführer länger tätig bleiben könnte, als dies bei dessen Anstellung erwartet wurde, sollte bereits bei Einrichtung seiner bAV gedacht werden. In eine Versorgungszusage sind insoweit steuerlich anzuerkennende Regelungen für den Fall aufzunehmen, dass der Geschäftsführer-Gesellschafter über die Altersgrenze hinaus tätig bleibt oder nach der Altersgrenze wieder eintritt. Ebenso sollten in bereits bestehenden Versorgungszusagen – soweit zulässig – solche Regelungen ergänzt werden, falls sie dort bislang nicht oder nur unvollständig vorhanden sind. Das BMF gibt in seinem aktuellen Schreiben im Übrigen zu erkennen, dass es dabei der Auffassung des BFH folgt, wonach Regelungen unschädlich sein sollten, die für den Fall einer über das Pensionsalter andauernden Beschäftigung vorsehen, dass der Beginn der Zahlung der bAV unter Vereinbarung eines nach versicherungsmathematischen Maßstäben berechneten Barwertausgleichs – also einer Erhöhung als Ausgleich für den späteren Beginn – aufgeschoben wird.
Weitere Infos unter: weitblick@longial.de
Michael Gerhard, Aktuar (DAV), Recht | Steuern & VTM, Longial