24. Februar 2021
Plötzlich ging es schnell: MaGo- und ERB-Rundschreiben von BaFin veröffentlicht
Im Einzelnen handelt es sich um folgende Rundschreiben:
- Rundschreiben 08/2020 (VA) „Aufsichtsrechtliche Mindestanforderungen an die Geschäftsorganisation von Einrichtungen der bAV“ (MaGo für EbAV),
- Rundschreiben 09/2020 (VA) „Aufsichtsrechtliche Mindestanforderungen an die eigene Risikobeurteilung (ERB) von Einrichtungen der bAV“ (ERB von EbAV).
Beide Rundschreiben treten jedoch zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Kraft:
- Das ERB-Rundschreiben ist mit seiner Verkündung, also am 30.12.2020, in Kraft getreten.
- Das MaGo-Rundschreiben für EbAV dagegen tritt erst am 1.6.2021 in Kraft. Allerdings gibt es dazu ein Begleitschreiben, in dem die BaFin ausdrücklich darlegt, die Zeit zwischen Verkündung und Inkrafttreten dafür zu nutzen, sich mit den Anforderungen auseinanderzusetzen und diese im Zeitraum von 5 Monaten umzusetzen.
Hinweise zum MaGo-Rundschreiben
Das umfangreiche MaGo-Rundschreiben gibt Hinweise zur Auslegung der Vorschriften über die Geschäftsorganisation gemäß der im Rahmen der Umsetzung der EbAV-II-Richtlinie im Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) geregelten Neuerungen.
Proportionalitätsprinzip als Kernstück
Wie die BaFin in ihrem begleitenden Text erläutert, konkretisiert das MaGo-Rundschreiben in Bezug auf das Proportionalitätsprinzip die gesetzlich zusätzlich gegenüber Solvency-II-Versicherern erwähnten Kriterien „Größenordnung der Tätigkeiten“, „Größe“ und „interne Organisation“ der EbAV. Für die Kriterien „Größe“ und „interne Organisation“ hebt das Rundschreiben erweiterte Anwendungsmöglichkeit hervor, um eine flexible und angemessene Umsetzung zu ermöglichen.
Im Hinblick auf das bei den EbAV zusätzlich eingeführte Kriterium der „Größenordnung der Tätigkeiten“, welches nach der Gesetzesbegründung unter anderem anhand der Bilanzsumme zu bestimmen ist, führt das Rundschreiben aus, dass aus der Nennung an erster Stelle nicht der Schluss gezogen werden darf, dass dieses Kriterium alleine ausschlaggebend ist. Es kommt hier immer auf das Zusammenspiel mit den anderen Kriterien an. Bei einer geringen „Größenordnung der Tätigkeiten“ kann diesem Kriterium allerdings im Hinblick auf Proportionalität besondere Bedeutung zukommen.
Bei der Bestimmung der „Größe“ ist unter anderem die Mitarbeiterzahl der EbAV maßgeblich. Dabei ist jedoch nicht nur auf die tatsächliche Anzahl der Mitarbeiter abzustellen, sondern es wird auch der Mitarbeiterbedarf, der im Rahmen einer Ausgliederung auf einen Dritten entsteht, berücksichtigt.
Schlüsselfunktionen
Die für eine Schlüsselfunktion verantwortlichen Personen der EbAV sind beim Vorliegen einer wesentlichen Feststellung zu schweren Unregelmäßigkeiten in ihrem Verantwortungsbereich verpflichtet, zunächst eine Meldung gegenüber der gesamten Geschäftsleitung vorzunehmen. Diese Meldung kann zugleich, muss aber nicht, eine Empfehlung für geeignete Gegenmaßnahmen enthalten. Diese Empfehlungen müssen zeitnah nachgeholt werden. Unterlässt die Geschäftsleitung es daraufhin, geeignete Gegenmaßnahmen anzuordnen beziehungsweise bleibt wissentlich untätig oder sind die ergriffenen Maßnahmen nicht wirksam, so ist in einem zweiten Schritt die Aufsicht zu informieren.
Die Aufsicht konkretisiert ferner, wie sich Bündelung und Ausgliederung von Schlüsselfunktionen auf die Erfüllung der Meldepflicht auswirken können. Zu den sogenannten Schlüsselfunktionen einer EbAV gehören:
- Interne Revision,
- unabhängige Risikocontrollingfunktion,
- versicherungsmathematische Funktion.
Die Schlüsselfunktionen stehen dabei gleichrangig und gleichberechtigt nebeneinander. Die dafür intern verantwortliche Person unterliegt, sofern sie nicht selbst der Geschäftsleitung, also dem Vorstand, angehört, nur den Weisungen der Geschäftsleitung. Dies gilt auch dann, wenn die verantwortliche Person organisatorisch nicht unmittelbar der Geschäftsleitungsebene nachgeordnet ist und zum Beispiel eine weitere Führungskraft zwischen der Geschäftsleitung und der verantwortlichen Person steht.
In den Kapiteln zu den Schlüsselfunktionen (Kapitel 9) sowie der Ausgliederung (Kapitel 12) erläutert die BaFin, worauf EbAV zu achten haben, wenn die für eine Schlüsselfunktion verantwortliche Person (beziehungsweise im Falle einer Ausgliederung der Ausgliederungsbeauftragte) gleichzeitig im Trägerunternehmen der EbAV eine ähnliche Aufgabe ausüben.
Hinweise zum ERB-Rundschreiben
Das ERB-Rundschreiben enthält Hinweise zur Auslegung der Vorschriften über die eigene Risikobeurteilung gemäß § 234d VAG, die für Pensionskassen unmittelbar und aufgrund von § 237 VAG ebenso für Pensionsfonds gelten.
Zeitpunkt für den erstmaligen Bericht
Das Rundschreiben erläutert auch, wann EbAV der BaFin spätestens zum ersten Mal einen Bericht zur eigenen Risikobeurteilung vorlegen müssen. Dabei ist zu beachten, dass eine ERB zeitnah zum gewählten Stichtag zu erfolgen hat. Soll also eine ERB beispielsweise im Jahr 2021 auf der Datenbasis zum Stand des 31.12.2020 erstellt werden, so darf sich die Datenbasis nicht wesentlich verändert haben und muss spätestens 9 Monate nach dem Stichtag abgeschlossen sein. Bei nicht regelmäßigen ERB ist davon auszugehen, dass die Frist kürzer sein sollte.
Abhängigkeit des Zeitpunkts
Von EbAV mit einer Bilanzsumme von mehr als einer Milliarde Euro (Ende 2019) sowie von Pensionskassen, die zusätzliche Berichtspflichten zum Umgang mit der Niedrigzinsphase zu erfüllen haben beziehungsweise der intensivierten Aufsicht unterliegen, erwartet die BaFin, dass sie ihre erste regelmäßige ERB spätestens zum Stichtag morgen vornehmen, diese spätestens zum 30.9.2021 abschließen und der BaFin den entsprechenden ERB-Bericht spätestens bis zum 14.10.2021 vorlegen. Bei allen anderen EbAV verschieben sich die genannten Daten um jeweils ein Jahr (vergleiche Randziffer 64 ff).
Fazit
Die beiden umfangreichen Rundschreiben enthalten zahlreiche Hinweise und Konkretisierungen. Sämtliche EbAV sind gehalten, sich – sofern nicht schon bereits getan – mit den Anforderungen dieser Rundschreiben intensiv auseinanderzusetzen und angemessene Maßnahmen zur Einhaltung und Umsetzung zu ergreifen.
i Was ist zu tun?
- EbAV sind gehalten, sich mit den Anforderungen der Rundschreiben gegebenenfalls unter Einbindung ihrer Berater intensiv auseinanderzusetzen, um die Anforderungen des MaGo-Rundschreibens fristgerecht umsetzen zu können.
- Für die eigene Risikobeurteilung gilt, dass die jeweilige EbAV prüfen muss, welcher Gruppe sie zugehörig ist.
Weitere Infos unter: weitblick@longial.de
Bernd Wilhelm-Werkle, LL.M., Leiter Recht/Channel- und Versorgungsträger-Management
(Zu seinen Schwerpunkten zählt die Beratung komplexer Rechts- und Steuerfragen der betrieblichen Altersversorgung)