17. Dezember 2024
Positionspapier des IVS zur handelsrechtlichen Abzinsung von Pensionsverpflichtungen
Der für die Handelsbilanz zur Bewertung von Pensionsverpflichtungen heranzuziehende Rechnungszins steht seit geraumer Zeit in der Kritik. In einem jüngst veröffentlichten Positionspapier präsentiert das IVS einen Vorschlag für eine Reform, in dem eine Abkehr von der Ermittlung auf Basis von Markdaten hin zu einem konstanten Zins in Höhe von 3,25 Prozent empfohlen wird.
Mit Einführung des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes wurde in der Handelsbilanz eine Anlehnung des Rechnungszinses an die internationale Rechnungslegung vollzogen. Seither wird der Zins anhand der Renditen hochwertiger Unternehmensanleihen zum Bilanzstichtag ermittelt. Da anders als in der internationalen Rechnungslegung die Effekte aus Marktschwankungen in der Handelsbilanz unmittelbar vollständig erfolgswirksam erfasst werden, wurde ein Glättungsmechanismus über sieben, später über zehn Jahre eingeführt. Nach der Meinung des Instituts der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung e. V. (IVS), entspricht diese Zinskonzeption weder handelsbilanziellen Grundsätzen, noch hat sie sich in der Praxis bewährt. Insbesondere hat das während der Niedrigzinsphase kontinuierliche Absinken des Rechnungszinses zu jährlich wiederkehrenden Verlusten in der Bilanz geführt.
Bereits im September 2023 unternahm das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland (IDW) einen Vorstoß hinsichtlich einer Reform des für die Bewertung von Pensionsverpflichtungen maßgeblichen Rechnungszinses. In einem Schreiben1 an das Bundesministerium der Justiz (BMJ) schlug das IDW damals vor, den HGB-Rechnungszins in Höhe der von der EIOPA ermittelten und jährlich veröffentlichten Ultimate Forward Rate (UFR) konstant festzulegen.
In dem im September 2024 vom IVS vorgelegten Vorschlag wird ebenfalls die Umstellung auf einen konstanten Rechnungszins empfohlen, der nicht mehr jährlich oder gar monatlich angepasst werden soll, sondern nur dann, wenn grundlegende strukturelle Veränderungen der Volkswirtschaft es erforderlich erscheinen lassen - siehe Pressemitteilung des IVS2. Da die UFR aus Sicht der Aktuare des IVS einige grundlegende methodische Schwächen aufweist, die sie als Basis für den HGB-Rechnungszins ungeeignet erscheinen lassen, wird stattdessen ein methodisch zwar ähnlicher, aber inhaltlich abweichender Ansatz empfohlen.
Der Zins soll demnach aus zwei Komponenten ermittelt werden: Die erste Komponente besteht aus dem mittelfristigen Inflationsziel der EZB, das seit geraumer Zeit unverändert bei 2,0 Prozent liegt. Die zweite Komponente stellt die langfristige Realverzinsung dar, die aus volkswirtschaftlichen Überlegungen abgeleitet wird und zu einer Realrendite in der Größenordnung von 1,25 Prozent beziehungsweise einer Bandbreite von 1,0 Prozent bis 1,5 Prozent führt. Daher sollte laut der Meinung des IVS der HGB-Rechnungszins in einer Höhe von 3,25 Prozent fixiert werden.
i Was ist zu tun?
- Es ist wichtig festzuhalten, dass das IVS-Positionspapier lediglich einen Vorschlag an das BMJ darstellt. Ob der Gesetzgeber dem Vorschlag der Aktuare folgen wird, ist derzeit völlig offen und es besteht daher kein akuter Handlungsbedarf. Allerdings mag es für die interne Steuerung der Unternehmen hilfreich sein, eine Einschätzung einzuholen, welche Auswirkungen eine Umstellung auf den vorgeschlagenen konstanten Zinssatz für die Höhe der Pensionsrückstellungen haben würde. Da die vorgeschlagenen 3,25 Prozent deutlich über dem maßgeblichen zehnjährigen Rechnungszins zum 31.12.2024 in Höhe von 1,90 Prozent (Stand 30.11.2024) liegen, würde die Umsetzung der Reform unter sonst gleichen Bedingungen zu einem deutlichen Rückgang der Pensionsrückstellungen führen. Die Kundenbetreuer der Longial beraten Sie gerne diesbezüglich und behalten die weitere Entwicklung der Gesetzgebung für Sie jederzeit im Blick.
Weitere Infos unter: weitblick@longial.de
Philipp Schriever, Aktuar (DAV), Sachverständiger IVS, Aktuarielle Services, Longial
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