17. Dezember 2024
Rückstellung für Altersfreizeit
Sachverhalt:
Die Arbeitnehmer des klagenden Arbeitgebers hatten aufgrund einer tarifvertraglichen Regelung Anspruch auf zusätzliche Freizeittage, sofern sie dem Betrieb des Arbeitgebers mindestens zehn Jahre ununterbrochen zugehörig waren und das 60. Lebensjahr bereits vollendet hatten. Unter diesen Voraussetzungen wurde für jedes volle Jahr der ab Alter 25 im Betrieb verbrachten Dienstzeit eine bezahlte (Alters-)Freizeit von zwei Arbeitstagen gewährt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte darüber zu entscheiden, ob der Arbeitgeber für diese Verpflichtung eine Rückstellung in der Steuerbilanz zu bilanzieren hat. Dieser Ansicht war der Arbeitgeber und bilanzierte die Altersfreizeitverpflichtung als Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten. Demgegenüber vertrat das Finanzamt im Rahmen einer Betriebsprüfung die Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine Rückstellungsbildung nicht erfüllt seien. Insbesondere liege kein Erfüllungsrückstand seitens des Arbeitgebers gegenüber seinen Arbeitnehmern vor, da diese keine Mehrleistungen erbracht hätten, wie etwa in der Ansparphase bei einer Altersteilzeitvereinbarung.
Entscheidung:
Der BFH schloss sich der vorinstanzlichen Entscheidung des Finanzgerichts an, dass der Arbeitgeber für die Altersfreizeitverpflichtung eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten in seiner Steuerbilanz zu passivieren hat.
Erfüllungsrückstand wurde bejaht
Nach Ansicht des BFH ist das künftige Entstehen der Verpflichtung hinreichend wahrscheinlich. Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Inanspruchnahme der Altersfreizeit unter der aufschiebenden Bedingung einer zehnjährigen Mindestbetriebszugehörigkeit und der Vollendung des 60. Lebensjahres steht.
Durch die Anknüpfung an die Dauer der Betriebszugehörigkeit handele es sich bei der Altersfreizeit um ein Entgelt für während dieser Zeit erbrachte Arbeitsleistungen sowie die Nichtausübung des Kündigungsrechts. Demnach hätten die Arbeitnehmer eine Vorleistung erbracht, die der Arbeitgeber als Gegenleistung in Form der Altersfreizeit noch erbringen müsse. Der Arbeitgeber befinde sich somit in einem Erfüllungsrückstand. Dieser Erfüllungsrückstand werde mit jedem abgelaufenen Jahr sukzessive aufgebaut, denn die Anzahl der Altersfreizeittage hängt nach der zugrunde liegenden Altersfreizeitregelung von der Dauer der Betriebszugehörigkeit ab.
Altersfreizeit vergleichbar mit Zuwendungen zum Firmenjubiläum
Vor diesem Hintergrund bestätigte der BFH auch den von der Vorinstanz angebrachten Vergleich zwischen der Zusage auf Altersfreizeit mit der Zusage von Zuwendungen anlässlich eines Firmenjubiläums. In beiden Fällen komme es maßgebend auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers an, so dass die zukünftige Leistung des Arbeitgebers mit den in der Vergangenheit erbrachten Diensten des Arbeitnehmers verknüpft und aufseiten des Arbeitgebers ein Erfüllungsrückstand aufgebaut wird, der die Bildung einer Rückstellung erfordert.
Im Übrigen war die Höhe der beim Arbeitgeber bilanzierten Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten in Form eines Erfüllungsrückstands wegen Altersfreizeit unstreitig. Die gebotene Abzinsung der Rückstellung und der nach der Rechtsprechung erforderliche Fluktuationsabschlag wurden berücksichtigt.
Fazit:
Nach Auffassung des BFH handelt es sich bei einer Zusage auf Altersfreizeit, die – wie im vorliegenden Fall – an die Dauer der Betriebszugehörigkeit anknüpft, um ein Entgelt für während dieser Zeit erbrachte Arbeitsleistungen und die Nichtausübung des Kündigungsrechts. Solche Regelungen können auf tarifvertraglicher oder betrieblicher Basis vereinbart werden. Ausgehend von dieser Sichtweise haben Arbeitnehmer eine Vorleistung erbracht, die der Arbeitgeber als Erfüllungsrückstand zu bilanzieren hat. Der steuerbilanzielle Ansatz erfolgt dabei als Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten unter Berücksichtigung eines Fluktuationsabschlages.
Vor dem Hintergrund dieser Entscheidung sollten Unternehmen mit bestehenden oder geplanten Altersfreizeitzusagen prüfen, ob die Regelungen eine hinreichende Verknüpfung zu betrieblichen Umständen, zum Beispiel zur Dauer der Betriebszugehörigkeit, vorsehen. Bei entsprechenden Formulierungen oder Überprüfungen solcher Vereinbarungen empfiehlt sich die Einbindung eines fachkundigen Beraters.
Dr. Simon Schulenburg, Leiter Recht l Steuern l VTM, Longial