24. Mai 2018
Säulenübergreifende Altersvorsorgeinformation - Zielsetzung und Herausforderungen
Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD findet sich daher folgendes Statement zu einer säulenübergreifenden Renteninformation:
„Wir werden eine säulenübergreifende Renteninformation einführen, mit der Bürgerinnen und Bürger über ihre individuelle Absicherung im Alter Informationen aus allen drei Säulen erhalten und möglichen Handlungsbedarf erkennen können. Die säulenübergreifende Renteninformation soll unter Aufsicht des Bundes stehen.“
Wie sieht es heute aus?
Natürlich gibt es heute bereits Informationspflichten für die zu erwartenden Leistungen aus den drei unterschiedlichen Säulen. Für die gesetzliche Rente ergeben sich diese zum Beispiel aus dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Für die bAV ist die Informationspflicht im Betriebsrentengesetz (§ 4a BetrAVG) und für die Direktversicherungen, Pensionskassen und Pensionsfonds zusätzlich im Versicherungsaufsichtsgesetz (§ 144 VAG) geregelt. Ferner finden sich für den Bereich der Lebensversicherung noch Informationspflichten im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) und in der Verordnung über Informationspflichten bei Versicherungsverträgen (VVG - InfoV). Auch für Riester-Verträge gelten spezielle Informationspflichten aus dem Einkommensteuergesetz (EStG) und dem Gesetz über die Zertifizierung von Altersvorsorge- und Basisrentenverträgen (Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz - AltZertG).
Wo liegt also das Problem?
Leider sind diese Informationsverpflichtungen jedoch sehr unterschiedlich ausgestaltet und werden aktuellen Umfragen und Berichterstattungen nach auch sehr unterschiedlich wahrgenommen. Dabei werden die Informationen der gesetzlichen Rentenversicherung überdurchschnittlich gut bewertet, während im Bereich der privaten Altersvorsorge und der bAV viele Versorgungsberechtigte mit der Nützlichkeit der übermittelten Informationen Probleme haben. Dies liegt entweder darin begründet, dass die Informationen als zu kompliziert oder unverständlich empfunden werden oder den Eindruck vermitteln, dass man sie nur mit Fachwissen verstehen könne.
Was ist das Ziel?
Den Versorgungsberechtigten müssen vollständige, verlässliche, verständliche und vergleichbare Informationen in allen drei Säulen zur Verfügung gestellt werden, um ihnen ein verlässliches Bild über ihre individuelle Versorgungssituation zu ermöglichen.
Wo liegen die Herausforderungen?
Damit die Altersvorsorgeinformation zum Erfolg führt, muss sie vollständig sein. Hier stellt sich bereits die erste Frage: Welche Versorgungen müssen erfasst sein? Ist das nur die gesetzliche Rente, die bAV sowie Riester- und Basisrentenverträge? Gehören nicht eventuell auch die Beamtenversorgung, die berufsständischen Versorgungswerke, sonstige private Vorsorgemöglichkeiten im Bereich von Fondsparplänen, Lebensversicherungen oder Immobilien dazu?
Und welche Informationen konkret benötigt der Versorgungsberechtigte? Reicht eine Information über die Altersvorsorge oder gehören auch Informationen zu vorzeitigen Leistungen dazu? Muss nur die aktuell erreichte Anwartschaft oder – wie aktuell in der bAV – auch die erreichbare Anwartschaft angegeben werden? Benötigt der Versorgungsberechtigte darüber hinaus Angaben über eventuelle steuerliche Belastungen und Sozialabgaben?
Um die Verlässlichkeit der Informationen zu gewährleisten, wird es auch Aussagen geben müssen, wie Prognosen zu erstellen sind.
Eine weitere Herausforderung wird sein, die Informationen so auszuwählen, dass sie auch ohne große Vorkenntnisse bezüglich der unterschiedlichen Versorgungssysteme verständlich sind. Dabei wird man sich wohl eher auf die wesentlichen Basisinformationen konzentrieren müssen und die säulenübergreifende Renteninformation nicht zu sehr mit Detailinformationen überfrachten dürfen.
„Last but not least“ sind die einzelnen Versorgungssysteme oft sehr unterschiedlich. Während in der gesetzlichen Rente zum Beispiel lebenslange Leistungen gewährt werden, sind in der bAV durchaus auch Kapitalleistungen verbreitet. Der Leistungsumfang und die Voraussetzungen, unter denen die jeweiligen Leistungen gewährt werden, können ebenfalls unterschiedlich sein (etwa bei der Hinterbliebenenrente: Hier sind Mindestalter, Altersabstandklauseln, Spätehen etc. wichtige Faktoren).
Fazit:
Eine vollständige, verlässliche, verständliche und vergleichbare säulenübergreifende Altersvorsorgeinformation ist aus Sicht der Versorgungsberechtigten wünschenswert und erleichtert dem einzelnen Arbeitnehmer die individuelle Altersvorsorgeplanung deutlich. Arbeitgeber und Versorgungsträger wird dies jedoch vor eine Herausforderung stellen. Der Gesetzgeber sollte daher bei den Vorgaben darauf achten, dass sich der Verwaltungsaufwand für Arbeitgeber und Versorgungsträger unterschiedlicher Größen in Grenzen hält und der damit verbundene Aufwand insbesondere im Verhältnis zum Nutzen für die Versorgungsberechtigten vertretbar ist. Arbeitgeber und Versorgungsträger, die die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen wollen, sollten hier in jedem Fall auch die Möglichkeit dazu bekommen. Es bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber die Bedürfnisse der Arbeitgeber und Versorgungsträger bei der angedachten Umsetzung einer säulenübergreifenden Altersvorsorgeinformation angemessen berücksichtigt. Natürlich wird Longial über die weitere Entwicklung informieren.
Bernd Wilhelm-Werkle, LL.M., Syndikusrechtsanwalt, Leiter Geschäftsbereich Beratung, Longial