15. November 2017

Schweiz: Volksentscheid gegen die Reform zur Altersvorsorge 2020

Auch in der Schweiz ist die Altersversorgung auf drei Säulen aufgebaut.

 

1. Die 1. Säule, die staatliche Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), ist eine solidarische Mindestrente.

2. Die 2. Säule, die berufliche Vorsorge, ist seit 1985 obligatorisch. Die Beiträge werden an Pensionskassen gezahlt, die nach dem Renteneintritt die entsprechenden Rentenleistungen auszahlen.

3. Die dritte Säule ist die freiwillige, private Altersversorgung.

Wie zahlreiche andere Länder, steht auch die Schweiz vor demografischen Problemen in der Altersvorsorge. Eine umfassende Reform sollte Abhilfe schaffen und die drohenden Finanzierungslücken in der staatlichen Vorsorge (1. Säule) für die nächsten 10 – 12 Jahre schließen.

Neben vielen weiteren „kleineren Maßnahmen“ sollte zum Beispiel das Rentenalter für Frauen von heute 64 Jahre auf jenes der Männer (65. Lebensjahr) angehoben werden. Als zusätzliche „Finanzierungsquelle“ war eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0.6 Prozentpunkte vorgesehen.

Gleichzeitig waren auch Maßnahmen in der beruflichen Vorsorge (2. Säule) angedacht, nämlich die Reduktion des obligatorischen Rentenumwandlungssatzes von 6.8 auf 6.0 Prozent. Der Rentenumwandlungssatz wandelt zum Rentenbeginn das angesammelte Kapital in der Pensionskasse in eine Rentenleistung um. Mit der geplanten Maßnahme sinkt also die Rente je 100.000 CHF Kapital von 6.800 CHF auf 6.000 CHF jährlich. Darüber hinaus sollten für bestimmte Altersgruppen die Beitragssätze erhöht werden.

Am 24.9.2017 wurde das komplexe und umfassende Rentenreformpaket jedoch in einer Volksabstimmung von der Schweizer Bevölkerung abgelehnt.

Wie geht es nun weiter?

Die Politik ist jetzt bestrebt, zusammen mit den Sozialpartnern (Berufsverbände, Sozial- und Lebensversicherer usw.), neue Ideen zu konkretisieren, damit Anpassungen umgesetzt werden können. Sowohl die Bevölkerung als auch das Parlament sind sich bewusst, dass die Altersvorsorge reformiert werden muss. Die derzeitige Umverteilung von Aktiven zu Rentnern aufgrund des überhöhten Umwandlungssatzes soll gestoppt werden. Die Maßnahmen dazu sind aber weiterhin umstritten. Man darf gespannt sein, wann die nächste Vorlage zur Abstimmung kommt.

Gesetzesänderung in der Zusatzvorsorge wird umgesetzt

Seit 2006 sind Zusatzvorsorgepläne mit der Wahl individueller Anlagestrategien je versicherter Person in der Schweiz gesetzlich reguliert. In diese Zusatzvorsorgepläne können Einkommensteile oberhalb von 126.900 CHF jährlich eingebracht werden. Der Vorteil dieser Vorsorgemöglichkeit liegt darin, dass die Anlagestrategie vom Versorgungsberechtigten frei gewählt werden kann, und er auch vollumfänglich an der Kapitalanlageperformance partizipiert beziehungsweise das Risiko trägt. Allerdings war bislang noch eine Mindestgarantie gesetzlich geregelt, womit der Arbeitgeber ein gewisses Restrisiko trägt, wenn die Kapitalanlage zu Verlusten führt – obwohl der Arbeitgeber keinen Einfluss auf die Kapitalanlagestrategie hatte.

Mit der Anpassung des entsprechenden Gesetzes wird diesem Punkt per Oktober 2017 Rechnung getragen. Die Mindestgarantie gilt für Pläne dieser Art (sogenannte 1e-Pläne) nicht mehr. Diese Änderung wird dem 1e-Markt wohl zusätzlichen Schub geben, denn unter gewissen Bedingungen gelten diese Pläne als beitragsorientierte Vorsorgepläne („defined contribution plans“) nach IFRS und US-GAAP und werden damit die entsprechenden Eventualverpflichtungen reduzieren. Neue Pläne sind ab sofort entsprechend aufzusetzen, bestehende Pläne müssen spätestens per 1. Januar 2019 angepasst sein.

 

Marcel Fenner, VZ Insurance Services AG