28. Februar 2024

Steuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit bei Entgeltumwandlung

BFH-Urteil vom 10.8.2023 – VI R 11/21


Mindert eine Entgeltumwandlung die Bemessungsgrundlage zur Ermittlung des steuerfreien Anteils von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit? Nein, lautet die Antwort des Bundesfinanzhofs (BFH), der damit der gegenteiligen Auffassung der Finanzverwaltung entgegentritt. 

Zum Grundlohn im Sinne von § 3b EStG gehören...
Nach § 3b Einkommensteuergesetz (EstG) sind Zuschläge, die für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, in einem bestimmten Umfang steuerfrei. Die Steuerfreiheit besteht für die betreffenden Zuschläge, soweit diese einen im Gesetz festgelegten Prozentsatz des Grundlohns nicht übersteigen. Als Grundlohn im Sinne des Gesetzes gilt dabei der „laufende Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zusteht“.

...für den Fall, dass Entgeltumwandlung betrieben wird, ...
Der BFH hatte sich mit der Frage zu befassen, wie dieser Grundlohn-Begriff auszulegen ist, wenn Entgeltumwandlung betrieben wird. In dem vorliegenden Fall hatte der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern steuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit gewährt. Für die betreffenden Mitarbeiter bestand eine betriebliche Altersversorgung über den Durchführungsweg der Unterstützungskasse, die durch Entgeltumwandlung finanziert wurde. Die Finanzverwaltung vertrat die Auffassung, dass derjenige Anteil des Arbeitslohns, der für die betreffende Entgeltumwandlung verwendet wird, nicht zum Grundlohn im Sinne von § 3b EStG zählt. Nach Ansicht des Finanzamts ist unter dem Grundlohn-Begriff nicht das arbeitsvertraglich geschuldete, sondern das tatsächlich zugeflossene Arbeitsentgelt zu verstehen. Arbeitnehmerfinanzierte Beiträge des Arbeitgebers an eine Versorgungseinrichtung, die – wie im Falle der Unterstützungskasse – keinen Rechtsanspruch auf eine Leistung begründen, stellten mangels Zuflusses keinen laufenden Arbeitslohn dar und gehörten folglich nicht zum Grundlohn. Dieser Meinung hatte sich in der Vorinstanz das Finanzgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 19.4.2021 – 10 K 1865/20) angeschlossen.

… auch diejenigen Anteile des Arbeitslohns, die umgewandelt werden.
Der BFH widersprach jedoch dieser Einschätzung. Er bestätigte damit die Rechtsauffassung der Firma, wonach auch für Entgeltumwandlung verwendete Gehaltsbestandteile zum Grundlohn im Sinne von § 3b EStG zählen. Der gesetzliche Grundlohn-Begriff stellt nach Ansicht des BFH auf die mit der arbeitsvertraglichen Vereinbarung eingegangene Schuld zur Lohnzahlung ab. Ob und in welchem Umfang der Grundlohn dem Arbeitnehmer tatsächlich zufließen würde, sei für die Bemessung der Steuerfreiheit der Zuschläge aufgrund des eindeutigen Wortlauts der gesetzlichen Vorschrift ohne Belang. Die gegenteilige Auslegung steht nach Ansicht des BFH auch dem Sinn und Zweck des § 3b EStG entgegen. Denn durch die Steuerfreiheit der Zuschläge soll ein finanzieller Ausgleich für die besonderen Belastungen gewährt werden, die mit Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit verbunden sind. Dieser Ausgleich könne jedoch nur dann gelingen, wenn die Höhe der Steuerfreiheit nach dem vereinbarten, nicht aber nach dem tatsächlich zugeflossenen laufenden Arbeitslohn bestimmt werde. Nur dann kann der Arbeitnehmer nach Ansicht des BFH auch vor Ableistung der besonderen Arbeitszeiten erkennen, in welcher Höhe die Zuschläge vom Arbeitgeber tatsächlich steuerfrei zu gewähren sind.

Fazit 

Die Auffassung des BFH überzeugt. Schlüssig tritt er der gegenteiligen Auffassung der Finanzverwaltung entgegen. Diese hatte sie im vorliegenden Fall im Wesentlichen mit den Besonderheiten der Unterstützungskasse – insbesondere mit dem von ihr nicht gewährten Rechtsanspruch – begründet. Erfreulicherweise ist damit klargestellt, dass auch bei Wahl des Durchführungsweges der Unterstützungskasse eine eingerichtete Entgeltumwandlung die Bemessung der steuerfreien Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit bei Entgeltumwandlung nicht berührt.

i Was ist zu tun?

  • Soweit Arbeitgeber im Lohnsteuerverfahren bislang eine Entgeltumwandlung bei der Berechnung des Grundlohns im Sinne von § 3b EStG mindernd berücksichtigt haben, wäre diese Praxis zu ändern. Eine Korrektur für vergangene Zeiträume dürfte – zumindest nach Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung an die Finanzverwaltung – vor dem Hintergrund der Änderungssperre des § 41c EStG hingegen im Allgemeinen nicht mehr möglich sein.

Weitere Infos unter: weitblick@longial.de


Michael Gerhard, Aktuar (DAV), Recht | Steuern & VTM, Longial