25. Mai 2022

Steuerliche Anerkennung einer Versorgungszusage bei fehlender Erdienbarkeit bzw. Probezeit

Mit Kriterien, die zur steuerlichen Anerkennung einer GGF-Versorgungszusage erfüllt sein müssen, beschäftigte sich das Finanzgericht Düsseldorf. Es erachtet im Fall einer Entgeltumwandlung Erdienbarkeit und Probezeit als nicht erforderlich – Urteil vom 16.11.2021 – 6 K 2196/17.


Für die Erdienbarkeit einer Versorgungszusage aus Entgeltumwandlung ...
Die Finanzverwaltung verlangt für die steuerliche Anerkennung einer einem Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF) erteilten Versorgungszusage unter anderem, dass diese bei Zusageerteilung noch „erdienbar" sein müsse. Der Zeitraum zwischen dem Zeitpunkt der Zusage und dem vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand solle bei beherrschenden GGF demnach nicht weniger als zehn Jahre betragen. Zudem müsse die Versorgungszusage noch vor Vollendung des 60. Lebensjahres erteilt werden. Dabei unterscheidet die Finanzverwaltung bislang in ihren Verlautbarungen nicht zwischen arbeitgeberfinanzierten und arbeitnehmerfinanzierten Versorgungszusagen (vergleiche Verfügung der Oberfinanzdirektion (OFD) Niedersachsen vom 15.8.2014 (S 2742-259-St 241)). 

... bedarf es weder einer Mindestzusagedauer ...
Dieser Auffassung ist der Bundesfinanzhof (BFH) als höchstes deutsches Finanzgericht allerdings bereits vor Jahren entgegengetreten (siehe Urteil vom 7.3.2018 – IR 89/15). Der BFH hatte entschieden, dass im Fall einer Entgeltumwandlung die Einhaltung einer zehnjährigen Mindestzusagedauer in aller Regel nicht erforderlich ist. (Der „Weitblick“ hatte hierüber berichtet: siehe Ausgabe 15.11.2018 und Ausgabe 17.8.2016). Dieser Meinung schließt sich das Finanzgericht (FG) Düsseldorf in seinem aktuellen Urteil vom 16.11.2021 an und geht noch einen Schritt weiter: Auch solche Versorgungszusagen, die erst nach Vollendung des 60. Lebensjahres erteilt werden, sind grundsätzlich steuerlich anzuerkennen, soweit sie auf Entgeltumwandlung beruhen.

... noch eines Höchstzusagealters
In dem zu entscheidenden Fall war dem beherrschenden GGF im Wege der unmittelbaren Versorgungszusage eine betriebliche Altersversorgung (bAV) erst nach Vollendung des 60. Lebensjahres erteilt worden. Die Finanzierung der Zusage erfolgte im Rahmen einer Entgeltumwandlung. Die zugesagten Leistungen ergaben sich aus den umgewandelten Gehaltsbestandteilen unter Berücksichtigung einer Verzinsung von jährlich drei Prozent. Das Finanzgericht vertrat die Auffassung, dass die GmbH durch eine solche arbeitnehmerfinanzierte Gestaltung die wirtschaftlichen Folgen der Versorgungszusage im Wesentlichen nicht selbst trage. Vielmehr disponiere der GGF lediglich über sein eigenes (künftiges) Vermögen. Der Erdienung einer solchen Zusage bedürfe es damit auch im Hinblick auf ein Höchstzusagealter nicht.

Auch die Einhaltung von Probezeiten ist entbehrlich
Zudem war in dem zu entscheidenden Fall die Zusage bereits unmittelbar nach Gründung der GmbH erteilt worden. Insofern waren weder die personenbezogene Probezeit von zwei bis drei Jahren noch die firmenbezogene Probezeit von fünf Jahren erfüllt, welche die Finanzverwaltung zur Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung von Versorgungszusagen an GGF machen will (vergleiche BMF-Schreiben vom 14.12.2012, IV C 2 – S 2742/10/10001). Auch dieses Kriterium hielt das Gericht bei einer arbeitnehmerfinanzierten Versorgungszusage nicht für einschlägig. Es führt hierbei die identische Begründung wie bei dem Punkt Erdienbarkeit an. Demnach kommt es bei einer reinen Disposition über eigenes Vermögen des GGF aus Sicht des Finanzgerichts nicht darauf an, ob dieser seine Eignung für die Tätigkeit bei der GmbH bereits nachgewiesen habe beziehungsweise die GmbH ihre künftige Ertragslage schon sicher abschätzen könne. Die GmbH selbst werde durch eine solche Versorgungszusage letztlich wirtschaftlich nicht belastet.

Dies gilt zumindest bei einer echten Entgeltumwandlung
Der BFH hatte bereits in seinem Urteil vom 7.3.2018 darauf hingewiesen, dass in Ausnahmefällen Gestaltungen denkbar sind, bei denen auch eine auf Entgeltumwandlung beruhende Versorgung aus dem Gesellschaftsverhältnis veranlasst sein könne. In diesen Ausnahmefällen kann deren Finanzierung nicht steuerlich geltend gemacht werden beziehungsweise zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führen. Diesbezüglich hatte der BFH seinerzeit unter anderem den Tatbestand angeführt, dass es im Zusammenhangmit der Versorgungszusage zu unüblichen, sprunghaften Gehaltsveränderungen kommt und es sich dann nur scheinbar um eine Entgeltumwandlung handelt. Übertragen auf den Fall einer neu gegründeten GmbH wird man also der Frage nachgehen müssen, ob womöglich bewusst ein überhöhtes Gehalt vereinbart sein könnte, um dies kurz nach Aufnahme der Geschäftsführertätigkeit wieder im Rahmen der Entgeltumwandlung zu reduzieren. Für eine solche missbräuchliche Gestaltung sah das Finanzgericht im vorliegenden Fall aber kein Indiz. Auch lag nach seiner Ansicht offenbar kein anderer Ausnahmetatbestand vor, der die steuerliche Anerkennung der betreffenden betrieblichen Altersversorgung in Zweifel ziehen konnte.

Fazit

Ob der BFH sich mit dem Fall erneut befassen muss, bleibt abzuwarten. Das Finanzgericht hatte eine Revision nicht zugelassen; die entsprechende Nichtzulassungsbeschwerde ist noch anhängig. Eine solche Revision dürfte im Kern aber kaum zu einem anderen Ergebnis führen. Denn das Finanzgericht hat die bisherige Rechtsprechung des BFH konsequent angewendet und diese schlüssig weiterentwickelt. Jedenfalls ist nicht erkennbar, welche Gründe gegen die steuerliche Anerkennung einer Versorgungszusage aus Entgeltumwandlung sprechen sollten, wenn kein Ausnahmetatbestand im Sinne des BFH-Urteils vom 7.3.2018 vorliegt (Schein-Entgeltumwandlung, Gefährdung der Deckung der Kosten für den laufenden Lebensunterhalt, unübliche Risiko- und Kostensteigerungen für die GmbH).
 

iWas ist zu tun?

  • Für GGF, die in hohem Alter – noch nach Vollendung des 60. Lebensjahres – und/oder unmittelbar nach Eintritt in eine gegebenenfalls neu gegründete GmbH eine Entgeltumwandlung beginnen wollen, öffnen sich neue Möglichkeiten. Soll eine entsprechende Versorgungszusage eingerichtet werden, dürfte dies in vielen Fällen mit steuerlicher Wirkung möglich sein. Gleichwohl sollte fachkundiger Rat eingeholt werden, um auszuschließen, dass besondere Umstände der steuerlichen Anerkennung einer solchen Zusage womöglich doch entgegenstehen könnten.

Weitere Infos unter: weitblick@longial.de


Michael Gerhard, Aktuar (DAV), Versorgungsträger-Management, Longial
(Experte für Stellungnahmen mit rechtlichem und steuerlichem Hintergrund insbesondere im Rahmen der Verwaltung von Unterstützungskassen und für deren Abschluss)