06. Dezember 2023
Tücken beim Betriebsübergang von endgehaltsbezogenen Versorgungszusagen
Der Fall
Die Klägerin war Arbeitnehmerin und hatte bei ihrer Vorarbeitgeberin eine betriebliche, sogenannte endgehaltsbezogene, Versorgungszusage erhalten. Grundlage für die Höhe der Versorgung sollte das zuletzt bezogene Bruttomonatsgehalt sein. Die Klägerin erhielt zunächst 13 Monatsgehälter. Ab einem bestimmten Zeitpunkt wurde das 13. Bruttomonatsgehalt anteilig auf zwölf Bruttomonatsgehälter umgelegt. Monate später wurde eine Vereinbarung geschlossen, wonach für die Bemessung der betrieblichen Altersversorgung (bAV) das jeweilige Monatsgehalt ohne den umgewandelten Teil des 13. Monatsgehalts gelten sollte. Jahre später ging das Arbeitsverhältnis auf die beklagte Arbeitgeberin über. In dem neuen Arbeitsvertrag legte diese beim Gehalt ein Bruttojahreseinkommen unter Einbeziehung des umgewandelten Bonus zugrunde. Hinsichtlich der bAV sah der neue Vertrag die unveränderte Fortführung der vom Veräußerer erteilten Versorgungszusage vor. Konkrete Regelungen dazu, in welchem Umfang das neu vereinbarte Bruttomonatsgehalt bei der Leistungsbemessung berücksichtigt werden sollte, gab es nicht. Alle weiteren Vereinbarungen galten mit dem neuen Arbeitsvertrag als aufgehoben. Im Rahmen einer Auskunftserteilung legte die neue Arbeitgeberin nun das Gehalt ohne den umgewandelten Teil des 13. Monatsgehalts zugrunde, womit die Arbeitnehmerin nicht einverstanden war und klagte.
Die Entscheidung
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) gab der Arbeitnehmerin recht und hat durch Auslegung ermittelt, dass das zuletzt bezogene Bruttomonatsgehalt ohne Kürzungen maßgeblich ist. Aus dem neuen Arbeitsvertrag ergebe sich eindeutig das höhere Gehalt. Die Bemessungsgrundlage „Endgehalt“ findet eine Entsprechung auch bei der neuen Arbeitgeberin. Auch sie gewährt den Arbeitnehmern ein festes Bruttomonatsgehalt. Die Beklagte hat in dem neuen Arbeitsvertrag ein geändertes Bruttomonatsgehalt mit der Klägerin vereinbart, ohne besondere Gehaltsbestandteile für die Berechnung der Betriebsrente auszunehmen.
Klare Regelungen erforderlich
Das BAG betont, dass wegen der besonderen Bedeutung des Endgehaltsbezugs in der Zusage zur Wahrung des zuletzt maßgeblichen Lebensstandards im Ruhestand eine klare abstrakte Regelung verlangt werden muss, wenn der Endgehaltsbezug durchbrochen werden soll. Bei solchen Zusagen darf der Arbeitnehmer besonders darauf vertrauen, dass sich der erworbene Zuwachs seiner Anwartschaft dienstzeitunabhängig aus dem variablen Berechnungsfaktor „Endgehalt“ ergibt. Typischerweise erhöht es sich bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses beziehungsweise bis zum Eintritt des Versorgungsfalls und dient dazu, den Versorgungsbedarf am Ende des Arbeitsverhältnisses abzubilden und dem erreichten Lebensstandard annähernd gerecht zu werden. Der erreichte Lebensstandard ist geprägt durch das Endgehaltsniveau (BAG-Urteil vom 3.6.2020 – 3 AZR 480/18). Der Wertzuwachs der Anwartschaft folgt damit allein der künftigen Entwicklung dieses variablen Berechnungsfaktors (BAG-Urteil vom 26.1.2021 – 3 AZR 139/17). Wenn der Arbeitgeber diesen modifizieren will, muss er dies deutlich zum Ausdruck bringen. Das war vorliegend nicht der Fall. Eine Kürzungsmodalität wurde im neuen Arbeitsvertrag nicht vereinbart.
Fazit
Wer beim Betriebsübergang nicht genau hinschaut, kann unangenehme Überraschungen erleben. Wichtig ist daher, im Vorfeld von Betriebsübergängen auch Versorgungszusagen und dazugehörige Absprachen genau zu prüfen. Hierbei ist es sinnvoll, einen bAV-Berater hinzuzuziehen, der mögliche Schwachstellen in den Gesamtunterlagen erkennt und darauf aufmerksam machen kann.
Anja Sprick, Justiziarin, Recht | Steuern, Longial