08. August 2018

Übertragung von Vorsorgeverpflichtungen nur bei Arbeitnehmern steuerfrei (FG Thüringen-Urteil vom 28. 9.2017 – 2 K 266/16)

Versorgungszusagen in den Durchführungswegen Direktzusage oder Unterstützungskasse können steuerfrei auf einen Pensionsfonds übertragen werden. Dieser Vorgang ist nur dann steuerfrei, wenn der Arbeitgeber dies im lohnsteuerlichen (§ 1 LStDV) und nicht nur im betriebsrentenrechtlichen Sinne ist.


Versorgungszusage für selbstständige Versicherungsvertreterin
Im entschiedenen Fall war die Klägerin als selbstständige Versicherungsvertreterin für ein Versicherungsunternehmen tätig. Von diesem erhielt sie ein vorgezogenes Altersruhegeld. Die Höhe der Versorgungsleistungen richtet sich nach dem erarbeiteten Versicherungsbestand und den im Versorgungsvertrag festgelegten Provisionssätzen. Zum 1.12.2009 übertrug das Versicherungsunternehmen die Versorgungsverpflichtungen der selbstständigen Handelsvertreter auf einen Pensionsfonds, der eine Tochtergesellschaft des Versicherungsunternehmens ist. Beim zuständigen Betriebsstätten-Finanzamt stellte das Versicherungsunternehmen einen Antrag auf Verteilung der Betriebsausgaben nach § 4e Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG). Die Klägerin gab in ihrer Einkommensteuererklärung Renteneinkünfte in Höhe von monatlich 729,60 Euro an.

Steuerliche Einordnung
Das Finanzamt und auch das Finanzgericht (FG) Thüringen akzeptierten dies nicht. Sowohl die monatlichen Rentenzahlungen sowie die Übertragung auf den Pensionsfonds stellten nachträgliche gewerbliche Einkünfte dar. Die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 66 EStG für die Übertragung scheide aus.

Der Zusammenhang mit der gewerblichen Tätigkeit war bereits in der Versorgungszusage angelegt, weil die zugesagten arbeitgeberfinanzierten Versorgungsleistungen den Handelsvertreterausgleichsanspruch gemäß § 89b Handelsgesetzbuch (HGB) ersetzen sollten. Die Einnahmen waren daher nachträgliche gewerbliche Einkünfte gemäß § 24 Nr. 2 EStG.

Übertragung auf den Pensionsfonds
Die Übertragung der Zusage auf den Pensionsfonds stellt bei der Versorgungsberechtigten einen steuerlichen Zufluss dar, da sie einen unentziehbaren Rechtsanspruch auf die Leistungen gegen den Pensionsfonds erworben hat. Die Höhe des Zuflusses mit dem Barwert der Zusage festzulegen, ist nach Sicht des FG nicht zu beanstanden. § 3 Nr. 66 EStG ist nicht anwendbar, da das Versicherungsunternehmen nicht Arbeitgeber der Versicherungsvertreterin war. Nach § 3 Nr. 66 EStG sind Leistungen eines Arbeitgebers an einen Pensionsfonds zur Übernahme bestehender Versorgungsverpflichtungen oder -anwartschaften durch den Pensionsfonds steuerfrei, wenn ein Antrag nach § 4e Abs. 3 EStG gestellt worden ist.

Abgrenzung der Arbeitnehmer in der LStDV und im BetrAVG
Die Vorschrift selbst enthält keine Definition des Arbeitgeberbegriffes. Maßgeblich abzustellen ist nach Ansicht des FG auf die in § 1 Lohnsteuerdurchführungsverordnung (LStDV) enthaltenen Definitionen. Danach sind Arbeitnehmer Personen, die in öffentlichem oder privatem Dienst angestellt oder beschäftigt sind oder waren und die aus diesem oder einem früheren Dienstverhältnis Arbeitslohn beziehen. Ein Dienstverhältnis liegt vor, wenn der Angestellte dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Als selbstständige Versicherungsvertreterin war die Klägerin nicht weisungsgebunden.

Im Betriebsrentenrecht wird dagegen das Arbeitsverhältnis weiter verstanden. Gemäß § 17 Abs. 1 S. 2 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) gilt es entsprechend für Personen, die nicht Arbeitnehmer sind, wenn ihnen Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen zugesagt worden sind. Dadurch wird nach Ansicht des FG aber nicht der Arbeitnehmerbegriff (und korrespondierend der Arbeitgeberbegriff), sondern lediglich die Anwendbarkeit der Regelungen des BetrAVG erweitert. Eine solche ausdrückliche Erweiterung enthält § 3 Nr. 66 EStG nicht. Die Voraussetzungen für eine steuerbefreite Übertragung lagen im vom Gericht zu beurteilendem Fall daher nicht vor.

Fazit: 

Allein das Stellen eines Antrags nach § 4e Abs. 3 EStG bewirkt nicht immer die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 66 EStG. Der erste Schritt ist die Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 3 Nr. 66 EStG vorliegen – nur dann führt der gestellte Antrag nach § 4e Abs. 3 EStG zur Steuerfreiheit der Übertragung. Der weite Arbeitnehmerbegriff des BetrAVG führt also nicht immer zur steuerfreien Übertragung, im Zweifel ist vor der Auslagerung der betroffene Personenkreis genauer zu untersuchen.

Gordon Teckentrup, LL.M., Syndikusrechtsanwalt, Recht | Steuern, Longial