04. September 2019

Verpflichtender Arbeitgeberzuschuss bei Entgeltumwandlung – bisherige Erfahrungen

Der mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) ab dem 1.1.2019 eingeführte obligatorische Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung hat in der Praxis zu diversen Fragen und Herausforderungen insbesondere bei den Arbeitgebern, aber auch bei den Versicherern geführt.


Der Wortlaut der gesetzlichen Regelung hört sich zunächst einfach an: Der Arbeitgeber muss 15 Prozent des umgewandelten Entgelts zusätzlich als Zuschuss an den Pensionsfonds, die Pensionskasse oder die Direktversicherung weiterleiten – wenn er durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge (SV-Beiträge) einspart. Im Rahmen der Umsetzung haben sich bei einigen Fragen – je nach Fallgestaltung und Bedürfnissen bei den Arbeitgebern – auch unterschiedliche Lösungsansätze ergeben.  

Wann ist der Zuschuss zu zahlen?
Entscheidend ist, wann die Entgeltumwandlungsvereinbarung erfolgt ist. Grundsätzlich gilt die Zuschusspflicht für neue Entgeltumwandlungsvereinbarungen ab dem 1.1.2019, für bereits bestehende Vereinbarungen erst ab dem 1.1.2022. Zudem gilt sie nur in den versicherungsförmigen Durchführungswegen und nur für Versorgungsberechtigte, die pflichtversichert in der gesetzlichen Rentenversicherung sind. Bereits die Begrifflichkeit „neue Entgeltumwandlungsvereinbarungen“ bereitet Unsicherheit – insbesondere dann, wenn eine Betriebsvereinbarung Grundlage der Entgeltumwandlung ist. Inzwischen besteht vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Aussage, dass es in solchen Fällen auf die kollektivrechtliche Regelung ankommt. Das heißt: Existiert im Unternehmen eine Betriebsvereinbarung über die Teilnahmemöglichkeit an der Entgeltumwandlung schon vor dem 1.1.2019 und entschließt sich ein Mitarbeiter, erst nach dem 1.1.2019 eine konkrete Entgeltumwandlungsvereinbarung abzuschließen, so würde der Zuschuss erst 2022 anfallen. Um hier allerdings eine Ungleichbehandlung der Mitarbeiter und eine erhöhte Komplexität in der Verwaltung zu vermeiden, geben nach unseren Erfahrungen viele Arbeitgeber den Zuschuss bereits ab 2019 weiter.

Pauschal oder spitz?
Der Arbeitgeber ist nur dazu verpflichtet, so viel zu leisten, wie er auch tatsächlich an Sozialversicherungsbeiträgen eingespart hat. Das heißt, eine spitze Abrechnung auf den Cent genau. Er kann aber auch einen pauschalen Zuschuss in Höhe von 15 Prozent des umgewandelten Beitrages leisten. Viele Arbeitgeber stellen sich daher die Frage, ob eine pauschale Abrechnung einen finanziellen Mehraufwand bedeutet.
Nach unseren Erfahrungen wählen kleinere Unternehmen mit Mitarbeitern, deren Gehälter sich fast ausschließlich im Rahmen der Beitragsbemessungsgrenzen (BBG) bewegen und die eine versicherungsförmige Zusage erhalten haben, die pauschale Abrechnungsvariante. Denn der finanzielle Mehraufwand im Verhältnis zur Spitzabrechnung ist sehr gering, der Verwaltungsaufwand einer Spitzabrechnung dagegen sehr hoch. Anders ist es in Unternehmen, in denen beispielsweise ein Drittel der Belegschaft die bisherige sozialversicherungsfreie Umwandlungsmöglichkeit von 4 Prozent voll ausschöpft und deren Gehälter zudem noch oberhalb der BBG liegen. Wenn hier für alle Mitarbeiter pauschal ein Zuschuss gewährt würde, der ansonsten nur für einen Teil der Belegschaft gewährt werden müsste, kommt schnell ein finanzieller Mehraufwand in Höhe einer sechsstelligen Summe zusammen. Diese Unternehmen haben sich nach entsprechender Beratung für die spitze Abrechnungsvariante für alle ihre Mitarbeiter entschieden. Zu berücksichtigen ist hier auch, dass gerade bei den oberhalb der BBG verdienenden Mitarbeitern in anderen Durchführungswegen bereits ein Zuschuss geleistet wird, sodass nicht noch ein weiterer Zusatzbeitrag fällig werden soll, der gesetzlich gar nicht vorgesehen ist.

Probleme bei der Spitzabrechnung
Zu Beginn eines Jahres steht unter Umständen noch nicht endgültig fest, ob der Mitarbeiter aufs ganze Jahr gerechnet die BBG überschreitet oder nicht. Gegebenenfalls sind Korrekturen, Nachzahlungen oder Rückforderungen notwendig. Zudem müsste beim jeweiligen Versicherer abgeklärt werden, ob beispielsweise neben monatlichen Einzahlungen auch jährliche Einzahlungen erfolgen können. Ein weiterer Streitpunkt war, ob die gesetzliche Unfallversicherung auch unter Sozialversicherungen fällt. Da im Gesetz allgemein von ersparten Sozialversicherungen die Rede ist, wurde zunächst die Unfallversicherung mit einbezogen. Mit einem Rundschreiben vom 21.11.2018 haben die Spitzenverbände der Sozialversicherung klargestellt, was der Gesetzgeber offengelassen hat: Umlagen zur Unfallversicherung und nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (U1 und U2) sowie Insolvenzgeldumlagen sind nicht zu berücksichtigen. Weiter wurde ausgeführt, dass maßgeblicher Zeitraum für die Beurteilung der Sozialversicherungsersparnis der Monat ist, in dem der Beitragsanspruch entsteht. Für eine Jahresbetrachtung fehle die Rechtsgrundlage. Eine rückwirkende Korrektur von auf den Arbeitgeberzuschuss abgeführten SV-Beiträgen soll nicht möglich sein. Dies soll unabhängig von der etwaigen Zulässigkeit einer arbeitsrechtlichen Korrektur der Zuschussgewährung gelten. Diese Betrachtungsweise wird als praxisfremd und zu verwaltungsintensiv kritisiert. Endgültige Klärung zu der Auffassung der Spitzenverbände werden wohl erst zukünftige gerichtliche Entscheidungen bringen.

Anrechnung eines bereits gewährten Arbeitgeberzuschusses
Ob eine Anrechnung erfolgen darf oder nicht, hängt von der bestehenden Formulierung in der Versorgungszusage und vom Durchführungsweg ab. Ist in der Versorgungszusage kein ausdrücklicher Vorbehalt der Anrechnung enthalten, wird man nach Anhaltspunkten suchen müssen, die erkennen lassen, dass durch die Arbeitgeberleistung dennoch die Verbreitung der Entgeltumwandlung durch eingesparte SV-Beiträge gefördert werden soll (zum Beispiel die sofortige Unverfallbarkeit auch für den Arbeitgeberzuschuss beziehungsweise die Einrichtung eines sofort unwiderruflichen Bezugsrechts). Man wird hier keine überzogenen Anforderungen stellen dürfen, da Arbeitgeber wohl kaum eingesparte Beiträge weitergeben und darüber hinaus auch noch den verpflichtenden Zuschuss leisten wollen. Hier wäre sicherlich ein erklärender Nachtrag noch im Jahr 2018 ratsam gewesen. Wenn Arbeitgeberzuschüsse allerdings in die Direktzusage oder die Unterstützungskassenversorgung fließen, ist wohl keine Anrechnung dieser Leistungen möglich.

Weitere Herausforderungen
Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich die Weiterleitung des Zuschusses an die durchführende Versorgungseinrichtung. Es lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass der Zuschuss zwingend in den gleichen Tarif beim Versicherer fließen muss. Ist dieser Tarif beim Versicherer nicht mehr geöffnet, kann auch ein aktueller Tarif zugrunde gelegt werden. Dieser kann dann gegebenenfalls den Mindestbeitrag, den der Versicherer benötigt, unterschreiten. Sollte weiterhin der sozialversicherungsfreie Rahmen durch den Zuschuss überschritten werden, so muss auch hier nach neuen Lösungen Ausschau gehalten werden, zum Beispiel durch Änderungsvereinbarungen.

Fazit:

Die neue gesetzliche Regelung hat zunächst eine Vielzahl von offenen Fragen aufgeworfen und zu nicht unerheblichem Mehraufwand und Komplexität beim Arbeitgeber geführt. Je nach Zielgruppe im Unternehmen kommen unterschiedliche Lösungsansätze in Betracht, die sehr wohl abgewogen werden müssen. Es bleibt zu hoffen, dass die Verpflichtung zur Zahlung dieses Zuschusses auch tatsächlich zur Verbreitung der Entgeltumwandlung beiträgt. Das wird sich erst in Zukunft zeigen.

Anja Sprick, Justiziarin, Recht | Steuern, Longial