17. August 2016

Versorgungsausgleich: Ausgleichszahlungen an geschiedenen Ehegatten sind als vorweggenommene Werbungskosten abzugsfähig

(FG Münster-Urteil vom 11.11.2015 – 7 K 453/15 E; fortgeführt im FG Münster-Urteil vom 22.06.2016 – 7 K 727/14 E) Im zugrunde liegenden Sachverhalt (FG Münster, 7 K 453/15 E) vereinbarten der Kläger und seine geschiedene Ehefrau, dass – entgegen der im Versorgungsausgleich vorgesehenen hälftigen Teilung der in der Ehezeit erworbenen Anteile – die ausgleichsberechtigte Ehefrau eine Ausgleichszahlung erhält, damit das betriebliche Anrecht des ausgleichsverpflichteten Ehemannes auch nach der Scheidung in unveränderter Höhe bestehen bleibt.


Der Kläger beantragte, seine Ausgleichszahlung als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen.

Zahlung dient Erhalt betrieblicher Versorgungsansprüche
Entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung entschied das FG Münster, dass die Zahlung dem Erhalt der eigenen betrieblichen Versorgungsansprüche diene, die wiederum steuerlich als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu qualifizieren seien.

Ohne die Zahlung wäre es zu einer – seit Inkrafttreten des Versorgungsausgleichsgesetzes grundsätzlich vorgesehenen – Realteilung des Anrechts gekommen, die zu einer Einkommensverlagerung auf die geschiedene Ehefrau geführt hätte. Denn nach der Teilung muss nicht mehr der ausgleichspflichtige Kläger den übertragenen Teil der Leistungen versteuern, sondern die ausgleichsberechtigte Ehefrau: Sowohl im Falle einer internen Teilung (Ausgleich innerhalb des Versorgungssystems) nach § 3 Nr. 55 a Einkommensteuergesetz (EStG) als auch im Falle einer externen Teilung (Übertragung auf einen unternehmensfremden Versorgungsträger) nach § 3 Nr. 55 b EStG.
Zudem ist die Zahlung auch als Gegenleistung für den Verzicht auf den Ausgleich erfolgt.

Ausgleichszahlungen als vorweggenommene Werbungskosten abzugsfähig
Folglich können Ausgleichszahlungen, die verhindern, dass dem Berechtigten nach einer Realteilung geringere Versorgungsbezüge zustehen als vor der Teilung, als vorweggenommene Werbungskosten bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzugsfähig sein. Denn sie dienen dem Erhalt des Versorgungsanspruchs. Der Werbungskostenabzug in diesen Fällen sei vorrangig gegenüber einem eventuellen Sonderausgabenabzug.

Voraussetzung: Ohne Vereinbarung wäre Realteilung erfolgt
In seinem Urteil vom 22.06.2016 (7 K 727/14 E) hebt das FG Münster jedoch hervor, dass ein Werbungskostenabzug für Ausgleichszahlungen nur dann in Betracht kommt, wenn ohne die Vereinbarung eine Realteilung der Anwartschaft erfolgt wäre. Dies ist in Verfahren auf der Grundlage des Versorgungsausgleichsgesetzes grundsätzlich der Fall. Bei Ehescheidungen, die auf der Rechtslage bis zum 31.08.2009 entschieden wurden, muss eine Realteilung des betrieblichen Anrechts explizit vorgesehen gewesen sein. Gegen diese Entscheidung ist beim Bundesfinanzhof die Revision anhängig (X R 20/16).

Fazit:

Die steuerrechtliche Beurteilung von privaten Zahlungen, die zum Ausschluss des Anrechts aus dem Versorgungsausgleich führen, ist umstritten. Die höchstgerichtliche Rechtsprechung bleibt abzuwarten.

Vanessa Angel, Referentin Recht | Steuern, Longial