25. Mai 2016

Versorgungsausgleich: BGH entscheidet in einer „Rentnerscheidung“ über kapitalgedeckte Anrechte; BGH-Beschluss vom 17.02.2016 – XII ZB 447/13

Der Bundesgerichtshof (BGH) gibt in seiner Entscheidung Leitlinien, wie mit Anrechten umzugehen ist, aus denen zwischen Ehezeitende und Rechtskraft der Entscheidung eine laufende Rente gezahlt wurde.

Der Ehezeitanteil eines Anrechts wird als Kapitalwert zum Ende der Ehezeit ermittelt. Die Teilung des Anrechts erfolgt jedoch erst nach Eintritt der Rechtskraft – also Monate, manchmal Jahre später.

Geteilt wird, was zum Zeitpunkt der Teilung noch vorhanden ist
Sinkt durch die laufende Rentenauszahlung der Wert des Anrechts bei Umsetzung der Teilung unter den Wert bei Ehezeitende, ist nach Ansicht des BGH nur noch der bei der Teilung bestehende Wert auszugleichen.

Dies geschieht zum Schutz des Versorgungsträgers, der bis zur Umsetzung des Versorgungsausgleichs dem Ausgleichspflichtigen die volle Rentenhöhe zu leisten hat. Er soll selbst bei langjährigen Verfahren nicht genötigt werden, dennoch den zum Ehezeitende ermittelten (höheren) Wert teilen zu müssen.

Der Ausgleichspflichtige soll geschützt werden, solange der Berechtigte seit Ehezeitende von zum Beispiel Unterhaltszahlungen des Verpflichteten profitiert hat oder bereits über den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich am Anrecht des Pflichtigen teilnahm.

Korrekturmöglichkeiten für den Ausgleichsberechtigten
Hat der Berechtigte nicht bereits durch Zahlungen am Anrecht des Pflichtigen partizipiert, soll die Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes anderweitig ausgeglichen werden.

Anrechte, die der Ausgleichsberechtigte während der Ehezeit erworben hat, sollen – statt wie grundsätzlich hälftig – gemäß § 27 Versorgungsausgleichgesetz (VersAusglG) nur anteilig beziehungsweise gar nicht zu Gunsten des Pflichtigen ausgeglichen werden.

Sind keine Anrechte des Ausgleichsberechtigen vorhanden, kann durch eine Vereinbarung nach §§ 6 bis 8, § 9 Abs. 1 VersAusglG zwischen den Ehegatten eine Einigung im Sinne eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs zustande kommen. Zu einem solchen Vergleich kann der Verpflichtete aber nicht gezwungen werden. Die Einigung müsste jedoch zu Gunsten des Versorgungsträgers und zu Lasten des Ausgleichsberechtigten einen verlängerten Versorgungsausgleich gemäß § 25 Abs. 2 VersAusglG ausschließen. Der Versorgungsträger kann den Inhalt prüfen, da seine Zustimmung gemäß § 8 Abs. 2 VersAusglG einzuholen ist.

Versorgungsträger profitieren
Für die Versorgungsträger ist dieser BGH-Beschluss vorteilhaft. Er vermeidet seine übermäßige Inanspruchnahme beziehungsweise arbeitsaufwendige und mit dem Risiko eines Prozesses behafteten Rückforderungen bei dem Verpflichteten. Der BGH verfolgt damit klar seine Leitlinie, den Versorgungsträger eine kostenneutrale Bearbeitung von Versorgungsausgleichsfällen zu gewährleisten.

Maßnahmen des Versorgungsträgers
Der Versorgungsträger muss das Gericht unter Berufung auf diesen Beschluss frühzeitig darauf hinweisen, vor Verkündung der Entscheidung eine neue Berechnung des Kapitalwertes bezogen auf den geplanten Zeitpunkt der Entscheidung anzufordern und zu berücksichtigen. Zwar ist der Versorgungsträger gemäß § 220 V Familienverfahrensgesetz (FamFG) nicht verpflichtet, kostenfrei eine zweite Neuberechnung des Anrechts zu erstellen. Jedoch liegt es im Interesse des Versorgungsträgers, Klarheit über die Höhe des bei Verkündung der Entscheidung noch vorhandenen Deckungskapitals zu schaffen. Die mit einer Neuberechnung verbundenen Kosten sollten den sonst anfallenden Mehraufwand aufwiegen.

Fazit:

Eine Entscheidung, die den Versorgungsträgern in die Karten spielt. Interne Prozesse sollten allerdings entsprechend umgestellt werden, um zukünftig die Vorteile nutzen zu können.

Vanessa Angel, Referentin Recht | Steuern, Longial