17. August 2016

Versorgungsausgleich: BGH entscheidet über Rechnungszins für Barwertermittlung bei beitragsorientierten Leistungszusagen im Durchführungsweg der Direktzusage

(BGH-Beschluss vom 11.05.2016 – XII ZB 615/13) Für den zur Barwertermittlung zu verwendenden Rechnungszins konkretisiert der Bundesgerichtshof (BGH) seine Vorgaben für beitragsorientierte Leistungszusagen.

Er bestätigt seine bisherige Rechtsprechung, die eine Verwendung des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz-Zinssatzes (BilMoG-Zinssatzes) nach § 253 Abs. 2 S. 2 Handelsgesetzbuch (HGB) für die Diskontierung künftiger Versorgungsleistungen zulässt.

Zinssatz der Transformationstabelle gilt
Der BGH hatte bereits entschieden, dass bei beitragsorientierten Leistungszusagen, bei denen eine Umwandlung von Beiträgen in Renten- oder Kapitalbausteine mittels einer Transformationstabelle erfolgt, für die Abzinsung grundsätzlich derjenige Zinssatz verwendet werden kann, der als Zinsversprechen des Arbeitgebers auch seinen Transformationstabellen zugrunde gelegt worden ist.

Besonderheit einer Direktzusage: Verzinsung rein interne Rechengröße
Jedoch betont der BGH in der zugrunde liegenden Entscheidung die Besonderheiten einer Direktzusage: Er stellt heraus, dass bei einer Direktzusage die fiktiven Beiträge und deren vorweggenommene Verzinsung eine rein interne Rechengröße darstellen; der Umrechnungsmodus ist folglich von untergeordneter Bedeutung. Maßgeblich ist allein die zugesagte Versorgungsleistung.

Entscheidend ist laut BGH also: Was passiert im Falle des tatsächlichen Ausscheidens des Arbeitnehmers bei der Portierung oder entsprechend bei der Berechnung eines Abfindungsbetrags? Der bei dieser Berechnung verwendete Rechnungszins ist auch für die Barwertermittlung im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen. Im zugrunde liegenden Fall verwies die Regelung zur Abfindung von unverfallbaren Anwartschaften beim vorzeitigen Ausscheiden eines Mitarbeiters auf den jeweils aktuellen Rechnungszinsfuß nach § 6 a Abs. 3 S. 3 Einkommensteuergesetz (EStG), der in Höhe von 6 Prozent angesetzt wurde.

BilMoG-Zinssatz ist zur Abzinsung zulässig
Jedoch erhebt der BGH keine Einwände, wenn ein steuerlicher Rechnungszins von 6 Prozent vom Beschwerdegericht als unangemessen beanstandet wird und stattdessen der BilMoG-Zinssatz für die Barwertermittlung im Versorgungsausgleich zu Grunde gelegt wird. Damit führt der BGH die Grundsätze aus seiner Entscheidung vom 09.03.2016 (XII ZB 540/14) fort.

Er sieht eine Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes, wenn – wie im zugrunde liegenden Fall – ein Diskontierungssatz verwendet wird, der zu einer strukturellen Unterbewertung des Anrechts und damit zu einer systematischen Benachteiligung der ausgleichsberechtigten Person führt. Eine Benachteiligung ist naheliegend, wenn zur Ermittlung des Barwerts ein fester Abzinsungsfaktor verwendet wird, der einen realistisch erzielbaren Kapitalmarktzins selbst unter Berücksichtigung einer längerfristigen Marktbeobachtung deutlich übersteigt.

BilMoG-Zinssatz monatsgenau zum Stichtag Ehezeitende
Liegt das Ende der Ehezeit nach dem Inkrafttreten des BilMoG und der erstmaligen Veröffentlichung der BilMoG-Zinssätze durch die Deutsche Bundesbank, ist der Zinssatz jedoch monatsgenau für den Stichtag des Endes der Ehezeit anzusetzen. Der steuerliche Rechnungszins nach § 6 a EStG soll im Versorgungsausgleich nach Inkrafttreten des BilMoG nicht mehr als Abzinsungsfaktor verwendet werden.

Unbeantwortet bleibt weiterhin die Frage, was gelten soll, wenn die Ehezeit vor Inkrafttreten des BilMoG endet.

Fazit:

Der BGH führt seine bisherige Rechtsprechung fort und konkretisiert sie für beitragsorientierte Leistungszusagen im Durchführungsweg der Direktzusage.

Vanessa Angel, Referentin Recht | Steuern, Longial