15. November 2017
Versorgungsausgleich: Externe Teilung fondsgebundener Zusagen (BGH-Urteil vom 19.7.2017 – XII ZB 201/17)
Streitfall: Fondsgebundenes betriebliches Anrecht
Im Streit stand ein fondsgebundenes betriebliches Anrecht mit einer garantierten Mindestversorgung aus einer Direktzusage, welches innerhalb der Ehezeit vom 1.8.2009 bis zum 30.9.2013 erworben wurde und extern zu teilen war. Aufgrund einer Beschwerde entschied das Oberlandesgericht Frankfurt (4 UF 249/15), dass das Anrecht mit einem Ausgleichswert in Höhe des Wertes von 206,838 Anteilen des Fonds im Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung, mindestens jedoch in Höhe eines Betrages von 4.917 Euro nebst 4,91 Prozent Zinsen vom 1.10.2013 bis zur Rechtskraft der Entscheidung, zu übertragen sei. Es hat den Versorgungsträger des Ausgleichspflichtigen daher angewiesen, diesen Betrag an den Zielversorgungsträger zu zahlen.
Teilung auf Basis von Fondsanteile möglich
Entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung beschloss der BGH, dass bei einer externen Teilung als Teilungsgegenstand nicht mehr ausschließlich der umgerechnete Kapitalwert zu verwenden sei. Der Ausgleichswert als Teilungsgegenstand darf auch in der jeweiligen Bezugsgröße des Versorgungssystems angegeben werden. Einschränkend stellte er jedoch fest, dass der Ausgleichswert für den Zeitpunkt der Rechtskraft in vollstreckbarer Weise angegeben werden muss. Ausreichend sei eine Bestimmbarkeit des Zahlbetrags mit Hilfe offenkundiger Umstände. Hier konnte der Anteilspreis tagesgenau aus jedermann zugänglichen Quellen ermittelt werden. Damit verhindert der BGH eine „offene Tenorierung", die es dem Versorgungsträger ermöglicht, die Höhe des Zahlbetrags selbst zu ermitteln.
Kontrolle der Kürzung durch Arbeitsgerichte, nicht durch Familiengerichte
Allerdings stellt der BGH fest, dass die Umsetzung der Entscheidung beziehungsweise die Kürzung beim Ausgleichspflichtigen durch die zuständige Fachgerichtsbarkeit kontrolliert werden soll: Im Falle der bAV also durch die Arbeitsgerichte. Dies widerspricht der Ansicht des Bundesarbeitsgerichts, welches eine Bindung des Arbeitsgerichts an die Entscheidung des Familiengerichts feststellt.
Teilhabe an der Dynamik der Zielversorgung zwischen Ehezeitende und Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich
Des Weiteren konkretisiert der BGH, dass bei der externen Teilung Wertsteigerungen der auszugleichenden Fondsanteile zwischen Ehezeitende und Rechtskraft der Versorgungsausgleichsentscheidung zu berücksichtigen sind. Aus versicherungsrechtlicher Notwendigkeit sei es vielen Versorgungsträgern erst zum Stichtag der Rechtskraft und nicht bereits rückwirkend zum Ehezeitende möglich, das Anrecht für den Berechtigten zu begründen. Um die nachehezeitliche Dynamik des fondsgebundenen Ausgleichswertes widerspruchsfrei zu berücksichtigen, sollen jetzt nicht nur Wertverluste, sondern auch Wertsteigerungen in diesem Zeitraum erfasst werden.
Grundsätzlich Verzinsung, aber keine Aufzinsung
Hinsichtlich der garantierten Mindestversorgung der zugrunde liegenden Versorgung stellte der BGH klar, dass – zum Vergleich mit dem Wert aus dem Fondsanteil – der halbe Ehezeitanteil ab Ehezeitende bis zur Rechtskraft verzinst werden muss, nicht jedoch eine Aufzinsung zu erfolgen hat, die den Zinseszins berücksichtigen würde. Nur bei Entscheidungen, in denen ein besonders langer Zeitraum zwischen Ehezeitende und Rechtskraft besteht, kann das Gericht die Aufzinsung zeitnah zur Rechtskraft berechnen lassen.
Fazit:
Der BGH korrigiert bisherige Einschätzungen und gibt neue Antworten – wirft im Gegenzug aber auch neue Fragen auf. Im Versorgungsausgleich bleibt es daher weiter spannend.
Vanessa Angel, Syndikusrechtsanwältin, Recht | Steuern, Longial