24. Mai 2023
Verzinsung bis zum Eintritt der Rechtskraft der Versorgungsausgleichsentscheidung, auch wenn der Versorgungsträger eine Auszahlung des Anrechts vor Rechtskraft vornimmt
Nach § 29 Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) darf ein Versorgungsträger bis zum wirksamen Abschluss eines Verfahrens über den Versorgungsausgleich keine Zahlungen an die ausgleichspflichtige Person vornehmen, die sich auf die Höhe des Ausgleichswerts auswirken können. So soll sichergestellt werden, dass das zu teilende Anrecht nicht vor der Entscheidung aufgelöst wird und dadurch dem Ausgleich entzogen werden kann.
Steht ein Versorgungsträger in einem laufenden Versorgungsausgleichsverfahren vor der Entscheidung, ob er auf Antrag des sich scheiden lassenden Mitarbeiters eine Auszahlung aus der (zumindest teilweise ehezeitlich erworbenen) Versorgung tätigen will, sollte er sich mindestens fragen, welche Mittel er an einen Mitarbeiter auszahlen kann und welche Summe für die ausgleichsberechtigte Person bereitgehalten werden muss.
Der Fall
Im zugrunde liegenden Fall besitzt der ausgleichspflichtige Ehegatte eine bAV, deren Ausgleichswert der Versorgungsträger nach Abzug von Teilungskosten in Höhe von 11.205,83 Euro bezifferte. Nach Ablauf der Versicherung am 1.12.2020 stellte der ausgleichspflichtige Mitarbeiter einen Antrag auf Auszahlung seines erworbenen Anrechts. Der Versorgungsträger zahlte noch während des laufenden Versorgungsausgleichsverfahrens den über den Ausgleichswert hinausgehenden Teil der Versicherung an den Ausgleichspflichtigen aus.
Hinsichtlich der Verzinsung innerhalb der durchzuführenden internen Teilung lehnte der Versorgungsträger eine Verzinsung des Ausgleichswerts vom Ehezeitende bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich ab. Er könne ab Auszahlung der Versicherung an den Ausgleichspflichtigen keine weitere Verzinsung mehr erwirtschaften. Folglich könne er ab der Auszahlung auch keine weitere Verzinsung an den ausgleichsberechtigten Ehegatten gewähren.
Die Entscheidung
Das Oberlandesgericht Karlsruhe beurteilte die Sachlage anders: Der Versorgungsträger muss nicht nur den hälftigen Ehezeitanteil nach Entnahme der Teilungskosten (= Ausgleichswert) für die ausgleichsberechtigte Person vorhalten, sondern auch dessen Verzinsung vom Ehezeitende bis zur Rechtskraft der Versorgungsausgleichsentscheidung sicherstellen – auch wenn die zugrunde liegende Versicherung bereits im laufenden Versorgungsausgleichsverfahren an den Ausgleichspflichtigen ausgezahlt wurde.
Begründet sei dies in der Tatsache, dass der Versorgungsträger trotz Kenntnis des Versorgungsausgleichs eine Auszahlung getätigt hat. Damit müsse er sich vom Ausgleichsberechtigten so behandeln lassen, als sei diese Zahlung nicht erfolgt.
Fazit:
Zum eigenen Schutz sollte ein Versorgungsträger aufgrund der Unwägbarkeiten (hier zum Beispiel die Dauer des Verfahrens, die entscheidend für die Höhe der Verzinsung ist) abwägen, ob eine Auszahlung während des laufenden Versorgungsausgleichsverfahrens erfolgt oder ob der Versorgungsträger die Auszahlung an seinen Mitarbeiter bis zum Abschluss des Ausgleichs zurückstellt, wozu er gemäß § 29 VersAusglG berechtigt ist. Monatliche Rentenzahlungen sind von diesem Zahlungsverbot allerdings nicht erfasst.
Vanessa Angel, Syndikusrechtsanwältin, Recht | Steuern, Longial