27. Mai 2020
Was so alles als „zusätzliche“ Einkünfte zählt …
Endlich: Der wohlverdiente Ruhestand
Als wenn man nicht schon genug gebeutelt wäre: Trotz Schwerbehinderung hat man Tag für Tag seinen Mann/seine Frau im Beruf gestanden und freut sich nun darauf, den wohlverdienten Ruhestand ein paar Jahre früher als zur normalen Regelaltersgrenze antreten zu können. Mühselig wurden alle erforderlichen Unterlagen zusammengetragen und beim Versorgungsträger eingereicht. Schier endlose Wochen später hält man dann den ersehnten Bescheid über die künftigen Versorgungsleistungen in den Händen. Na ja, ein bisschen mehr hätte es schon sein können, aber daran ist wohl nicht zu rütteln. Es ist wie es ist, §1 des berühmten „Kölschen Grundgesetz“. Wie gut, dass man in der Firma noch ein wenig mit anpacken kann – so wird die Rente wenigstens ein bisschen aufgebessert.
Versorgungsleistung gekürzt!
Und nach einiger Zeit dann das. Ein neuer Bescheid des Versorgungsträgers ist in der Post, in dem mitgeteilt wird, dass die Versorgungsleistung gekürzt werde, weil man noch andere Einkünfte erziele. Kann das denn sein? So viel vorweg: Es kann! Und wie so oft gilt der weise Satz „Es kommt darauf an“ – auf die Art der Versorgungsleistungen, auf die Art und vor allem die Höhe der zusätzlichen Einkünfte. Anrechnungen anderer Einkünfte sind in erster Linie aus der gesetzlichen Rentenversicherung bekannt. Bei vorgezogenen Altersrenten, Renten wegen Erwerbsminderung oder Hinterbliebenenrenten ist ein sogenannter Hinzuverdienst zwar generell erlaubt, allerdings sind Höchstgrenzen zu beachten.
Hinzuverdienstgrenze
Für vorgezogene Alters- sowie Erwerbsminderungsrenten beträgt die Hinzuverdienstgrenze nach § 34 Sozialgesetzbuch (SGB) VI 6.300 Euro jährlich. Ist das Einkommen höher, werden 40 Prozent des übersteigenden Einkommens auf die Rentenleistung angerechnet, die Rente also entsprechend gekürzt. Bei der Erwerbsminderungsrente ist zusätzlich zu beachten, welche Rente wegen Erwerbsminderung bezogen wird. Bei der vollen Erwerbsminderung geht die gesetzliche Rentenversicherung von einer Restarbeitsfähigkeit von maximal 3 Stunden aus, bei der teilweisen Erwerbsminderungsrente von 6 Stunden. Das gilt auch für Nebenbeschäftigungen und wird daher regelmäßig vom Versicherungsträger kontrolliert.
Für Hinterbliebenenrenten sind die Freibeträge etwas höher, zudem werden sie jährlich zum 1.7. angepasst. Aktuell beträgt der Freibetrag 872,52 Euro (West) beziehungsweise 841,90 Euro (Ost). Zum 1.7.2020 erfolgt die nächste Anpassung. Entscheidend ist dabei das Nettoeinkommen, wobei die gesetzliche Rentenversicherung eine eigene Definition und ein eigenes Berechnungsverfahren zum Nettoeinkommen hat. Weitergehende Informationen zum Hinzuverdienst bietet die Webseite der Deutschen Rentenversicherung und das Infoportal www.ihre-vorsorge.de.
Vorsicht bei Einkünften aus Fotovoltaikanlagen
So weit – so kompliziert. Aber Achtung: Die Tücke liegt wie so häufig im Detail. Auch Einkommen, die man nicht sofort mit Hinzuverdienst in Verbindung bringen mag, können eine entscheidende Rolle spielen und sich auf die Versorgungsleistung auswirken.
Nach §34 Abs. 3b SGB VI sind „Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen und vergleichbare Einkommen“ als Hinzuverdienst zu berücksichtigen. Nach § 15 SGB IV zählt zum „Arbeitseinkommen“ auch der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit. Damit fallen also auch Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit als sogenannte Gewinneinkunftsarten unter den Begriff des „Arbeitseinkommens“.
Im Jahr 2015 musste sich das Sozialgericht Mainz mit einem Fall von Hinzuverdienst beschäftigen. Das Gericht entschied, dass auch Einkünfte aus dem Betrieb einer Fotovoltaikanlage als Einkünfte aus selbständiger Arbeit gelten und somit auf den Bezug einer vorgezogenen Altersrente wegen Schwerbehinderung angerechnet werden müssen (Az. S15 R 389/13 vom 27.11.2015).
Hätten Sie es gewusst?
Michael Hoppstädter, Geschäftsführer, Longial