17. Februar 2016

Was wird das Jahr 2016 der betrieblichen Altersversorgung bringen?

Das im letzten Jahr beherrschende Thema der sinkenden Zinsen für die handelsrechtliche Bewertung von Pensionsverpflichtungen nimmt völlig überraschend wieder Fahrt auf.

„Versteckt“ in einem Gesetzentwurf zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie hat das Kabinett eine Neuregelung für die Bewertung von Pensionsrückstellungen nach HGB beschlossen.

Inhalt des Gesetzentwurfes

  1. Der für die Bewertung von Pensionsrückstellungen zu berücksichtigende Rechnungszins wird nicht mehr aus einem 7-jährigen Durchschnitt sondern aus einem 10-jährigen Durchschnitt ermittelt. Dies soll jedoch ausschließlich für Altersversorgungsverpflichtungen (nicht für Jubiläumsverpflichtungen oder Altersteilzeitverpflichtungen etc.) gelten.
  2. Zu jedem Bilanzstichtag sind die Pensionsverpflichtungen doppelt zu bewerten, einmal mit dem 7-Jahres-Durchschnittszins, einmal mit dem 10-Jahres-Durchschnittszins. Hintergrund: Der Unterschiedsbetrag aus beiden Bewertungen ist im Anhang zur Bilanz auszuweisen und mit einer Ausschüttungssperre zu versehen.
  3. Die Regelung soll für Geschäftsjahre gelten, die nach dem 31.12.2015 enden. Sie soll aber auch rückwirkend für Geschäftsjahre angewendet werden dürfen, die zwischen dem 31.12.2014 und dem 01.01.2016 endeten.

Was bedeutet der Gesetzesentwurf für Unternehmen?
Zu Punkt 1:
Für den 31.12.2015 hat die Deutsche Bundesbank einen Rechnungszins von 3,89 Prozent unter Berücksichtigung des 7-Jahres-Durchschnitts ermittelt. Bei rückwirkender Anwendung des 10-Jahres-Durchschnitts ergibt sich nach unseren Berechnungen zum 31.12.2015 ein Rechnungszins von 4,31 Prozent.

Bis zum 31.12.2022 sinken die Rechnungszinssätze nach unseren Berechnungen auf

  • 2,02 Prozent unter Berücksichtigung eines 7-Jahres-Durchschnitts
  • 2,19 Prozent unter Berücksichtigung eines 10-Jahres-Durchschnitts.

Daraus ist zu erkennen, dass die Gesetzesänderung langfristig keine wirkliche Entlastung mit sich bringt, sondern „nur“ auf kurze Sicht für eine „Entspannung“ bei den Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen und damit beim Personal- und Zins- beziehungsweise Zinsänderungsaufwand führt.

Zu Punkt 2: Spätestens ab dem Bilanzstichtag 2016 ist generell eine Doppelbewertung der Pensionsverpflichtungen erforderlich.

Zu Punkt 3: Rückwirkend zum 31.12.2015 kann die Regelung (nach Verabschiedung) angewendet werden, wenn der Jahresabschluss bis dahin noch nicht abschließend erstellt wurde.

Für das Gesetzgebungsverfahren zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie findet die entsprechende Bundesratssitzung am 26.02. statt. Damit könnte die Regelung Ende Februar/Anfang März in Kraft treten.

Aktivitäten des Bundesfinanzministeriums (BMF)
Auch das BMF beschäftigt sich mit Fragen der betrieblichen Altersversorgung. Mit Spannung wird im ersten Quartal ein Gutachten erwartet, dass das Ministerium letztes Jahr in Auftrag gegeben hat. Untersucht wird hier, wie wirksam die steuerlichen Anreize zum Aufbau einer Altersversorgung sind. Leider ist die Einschätzung zur Realitätsnähe des Rechnungszinses nach § 6a EStG (Einkommensteuergesetz), also der Zinssatz der für die steuerliche Bewertung von Pensionsverpflichtungen anzusetzen ist, von dem Gutachten ausgenommen.

Neues zum „Sozialpartner-Modell“?
Und auch aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales sind weitere Vorschläge zur bAV zu erwarten: Nachdem Ministerin Andrea Nahles mit ihrem „Sozialpartner-Modell“ im Frühjahr 2015 für rege Diskussionen gesorgt hat, ist davon auszugehen, dass das Modell weiter viel Aufmerksamkeit erhält. Insbesondere mit Blick auf den Vorschlag einer „Deutschlandrente“ der schwarz-grünen hessischen Landesregierung zum Jahreswechsel. Hier warten wir die weitere Entwicklung ab und werden in der nächsten Ausgabe die Modelle ausführlich gegenüberstellen.

Unabhängig von diesen Diskussionen muss die Bundesregierung in diesem Jahr den „Alterssicherungsbericht“ vorlegen, in dem die „Lage der Nation“ in Sachen Altersversorgung aus Sicht der Bundesregierung ausführlich beschreiben wird.

Fazit:

Alle Anzeichen sprechen dafür, dass 2016 ein bewegendes und ereignisreiches Jahr für die betriebliche Altersversorgung zu werden verspricht. Bleiben wir gespannt – wir werden Sie ausführlich informieren.

Michael Hoppstädter, Leiter Consulting, Longial