17. Dezember 2024

Weiterarbeit und gleichzeitig Altersrentner – was ist für Arbeitgeber zu beachten?

Der Fachkräftemangel ist für Arbeitgeber ein drängendes Thema, besonders wenn es um die Nachbesetzung von erfahrenen älteren Arbeitnehmern geht, die zunehmend in Altersrente gehen. Viele dieser Fachkräfte wünschen sich jedoch, weiterhin aktiv zu bleiben. Bisher stellten die Hinzuverdienstgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung (gRV) ein Hindernis dar, wenn man vorzeitig in Rente ging.

Um dem entgegenzuwirken, hat der Gesetzgeber seit dem 1.1.2023 die Hinzuverdienstgrenzen für vorgezogene Altersrenten vollständig abgeschafft. Damit ist in der gRV ein gleichzeitiger Bezug von Arbeitsentgelt, vorgezogener gesetzlicher sowie betrieblicher Altersleistung ohne Nachteile möglich. Altersrentner können nun unbegrenzt hinzuverdienen, ohne dass ihre vorzeitigen Leistungen aus der gRV gekürzt werden.
Diese Regelung ermutigt Arbeitgeber, ausgewählten Fachkräften eine Weiterbeschäftigung in Kombination mit einer vorgezogenen oder regulären Altersrente anzubieten. Allerdings hat dies Auswirkungen auf bestehende Arbeitsverhältnisse und betriebliche Altersversorgungsansprüche.
Je nachdem, wann der Arbeitnehmer eine gesetzliche Altersrente in Anspruch nehmen und dennoch weiterarbeiten möchte, stellen sich für den Arbeitgeber Anpassungsfragen für die bisherigen vertraglichen Regelungen, auf denen die Zusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung (bAV) beruht. 

Anpassung des Arbeitsvertrages
In der Regel sind Arbeitsverträge bis zur Regelaltersgrenze der gRV befristet. Zudem können tarifvertragliche Regelungen eine frühere Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Bezug vorgezogener Leistungen vorsehen. Um rechtliche Risiken zu vermeiden, sollten Arbeitgeber ihren Mitarbeitern eine befristete Verlängerung des Arbeitsvertrags anbieten, bevor dieser automatisch endet.

bAV ist ebenfalls auf notwendige Anpassungen zu überprüfen
Als erstes ist ein Blick in die jeweiligen Versorgungszusagen notwendig. Verschiedene Punkte sind hier zu klären: 

Arbeitnehmer arbeitet weiter und bezieht gleichzeitig bAV-Leistungen

  • Oftmals erfordern betriebliche Versorgungsregelungen für den Erhalt einer Altersleistung den Dienstaustritt, der bei einer Vertragsverlängerung nicht gegeben ist. Mit dem Arbeitnehmer beziehungsweise den Betriebsparteien kann hier eine einvernehmliche Regelung in Form eines Nachtrages zur Abbedingung des Dienstaustritts vereinbart werden. Dann können auch (vorzeitige) betriebliche Altersleistungen vom Arbeitgeber gewährt werden, wenn das Dienstverhältnis andauert.  Hier wäre dann gegebenenfalls auch zu regeln, ob der Arbeitnehmer bei andauernder Tätigkeit dann weiterhin an der vom Arbeitgeber angebotenen bAV teilnehmen kann und beispielsweise noch arbeitgeberfinanzierte Beiträge bekommt oder weiter Entgeltumwandlung betreiben kann.
  • Darüber hinaus gibt es weitere Fallgestaltungen, für die eventuell in Abhängigkeit der konkreten Ausgestaltung des Versorgungswerks eine Klärung herbeigeführt werden muss, beispielsweise ob aus den betrieblichen Versorgungszusagen auch eine Teilrente in Anspruch genommen werden kann

Arbeitnehmer arbeitet weiter, bezieht keine bAV, möchte aber weiter Anwartschaften erwerben

  • Andere Arbeitnehmer würden bei Weiterarbeit gerne ihre bisherigen Versorgungszusagen auch mit weiteren Beiträgen beziehungsweise höheren Leistungen aufstocken und noch keine Altersleistung beziehen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob dies die vom Arbeitgeber angebotenen Versorgungszusagen im Einzelnen vorsehen. Je nachdem, ob sich der Arbeitgeber eines Versorgungsträgers der Direktversicherung, der Pensionskasse, des Pensionsfonds oder der Unterstützungskasse bedient, sind hier Klärungen notwendig, inwieweit eine Fortführung nach den jeweiligen Versicherungstarifen möglich ist. Oftmals handelt es sich noch um ältere Versorgungszusagen, deren klassische Versicherungstarife eine Fortführung nicht immer ermöglichen. Welche Alternativen bestehen in solchen Fällen? 

Fazit:

Der Wegfall der Hinzuverdienstgrenzen ist positiv zu bewerten, da er Arbeitgebern eine flexiblere Lösung im Fachkräftemangel bietet. Die Möglichkeiten, die Arbeitnehmer in Zukunft haben, werden zu vermehrter Nachfrage nach flexibler Gestaltung des Arbeitsverhältnisses und der damit zusammenhängenden bAV-Leistungen führen. Diesen Herausforderungen muss mit individuellen Beratungen und Konzeptüberlegungen begegnet werden. Gerne unterstützen wir dabei mit entsprechenden Überlegungen und Analysen.

Sebastian Kretek, Beratung & Prozesse, Longial
Anja Sprick, Justiziarin Recht | Steuern, Longial