26. Mai 2021
Weiterbeschäftigung eines GGF nach Vollendung des Pensionsalters
Die Ausgangslage
Eine GmbH hatte ihrem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF) eine unmittelbare Versorgungszusage erteilt. Bei Beendigung des Geschäftsführervertrages – 2 Jahre vor Erreichen des vertraglichen Pensionsalters – hatte der GGF hieraus eine unverfallbare Anwartschaft auf eine monatliche Betriebsrente von mehr als 3.400 Euro erworben. Sein letztes Monatsgehalt belief sich auf über 7.000 Euro. Zeitgleich mit dem Austritt wurde ein neuer unbefristeter Arbeitsvertrag bei der GmbH begründet, der im Wesentlichen den Charakter eines Beratervertrages hatte. Dieser sah eine monatliche Bruttovergütung von lediglich 1.500 Euro vor. Im Rahmen dieses Arbeitsvertrages blieb der GGF auch nach Erreichen des Pensionsalters für die GmbH tätig. Die GmbH zahlte daraufhin das Gehalt und die Betriebsrente parallel an den GGF.
Die Streitpunkte
Die Finanzverwaltung erhob hierbei zwei Einwände. Diese betrafen sowohl die steuerliche Anerkennung der nach Beendigung des Geschäftsführervertrages gebildeten Pensionsrückstellungen als auch die Anerkennung der gezahlten Betriebsrente als Betriebsausgabe:
- Die GmbH hatte zum einen bei der Berechnung der Pensionsrückstellung die unverfallbare Anwartschaft in der oben angeführten Höhe ungekürzt zugrunde gelegt. Das Finanzamt hielt aber eine Kürzung für erforderlich. Die Versorgungszusage beinhaltete nämlich eine Klausel, wonach im Falle einer Ermäßigung des Gehalts die Betriebsrente auf den vor der Ermäßigung erreichten Betrag, maximal jedoch auf 75 Prozent des reduzierten Bruttogehaltes, festzuschreiben ist. Die Finanzverwaltung nahm vor dem Hintergrund der Neuregelung des Arbeitsvertrages des GGF eine solche Gehaltsermäßigung an. Sie wollte insoweit allenfalls eine Zusage auf eine monatliche Leistung von 1.125 Euro (=1.500 Euro * 75 Prozent) bei der Berechnung der Pensionsrückstellungen als zulässig ansehen.
- Zum anderen war die Finanzverwaltung der Auffassung, dass die Zahlung der Betriebsrente noch vor Beendigung des neuen Anstellungsvertrages vom Wortlaut der Versorgungszusage nicht gedeckt und daher steuerlich nicht anzuerkennen war. In diesem Zusammenhang führte das Finanzamt an, dass die Versorgungszusage in einer weiteren Klausel regelte, dass Renten „am Letzten eines jeden Monats gezahlt [werden], beginnend mit dem Monat nach Eintritt des Versorgungsfalles [...], in dem erstmals kein Gehalt oder entsprechende Zahlungen mehr geleistet werden“. Das aus dem neuen Arbeitsverhältnis gezahlte Gehalt beurteilte das Finanzamt als eine Leistung, welche den Rentenbeginn der Betriebsrente grundsätzlich zeitlich verzögere.
Die Entscheidung der Finanzgerichte
Der Auffassung der Finanzverwaltung wollte sich bereits das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht als Vorinstanz in beiden Punkten seinerzeit nicht anschließen (Urteil vom 4.7.2017 – 1 K 201/14). Der Bundesfinanzhof (BFH) kommt nun in der Revision zu dem gleichen Ergebnis:
- Die Finanzgerichte sind übereinstimmend der Meinung, dass durch den Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages keine Ermäßigung des Gehalts im Sinne des vorherigen Geschäftsführervertrages stattgefunden hat. Vielmehr hat die Bemessung des Gehalts aus dem neuen Arbeitsvertrag seine Grundlage (allein) in der neuen Tätigkeit. Die Annahme, dass es sich hier – entgegen der vertraglichen Regelungen – um ein ununterbrochenes Arbeitsverhältnis handelt, sei unzulässig. Die vorliegenden vertraglichen Rahmenbedingungen sind letztlich als solche zu akzeptieren. Der Anwendung der Höchstrentenklausel aus der Versorgungszusage unter Zugrundelegung des Gehalts aus dem neuen Arbeitsvertrag erteilen die Finanzgerichte somit eine klare Absage.
- Etwas anders sieht die Argumentation bei der Frage nach dem Rentenbeginn beziehungsweise der Höhe der laufenden Leistungen aus. Dort halten die Finanzgerichte es zwar durchaus für zulässig, bei der Klausel zum Beginn der Betriebsrente auch ein Gehalt aus dem neuen Arbeitsverhältnis (oder jedem anderen Dienstverhältnis) zu berücksichtigen. Die Klausel an sich sei aber auszulegen. So läge es nahe, den Betriebsparteien zu unterstellen, dass sie nicht für denjenigen Fall einen vollständigen Wegfall der Betriebsrente regeln wollten, dass parallel Gehalt in nur marginaler Höhe bezogen würde. Es spräche vieles dafür, dass hier lediglich die Anrechnung des Gehalts auf die Betriebsrente festgelegt werden sollte. Dies entspräche zudem der objektiven Interessenlage der Vertragsparteien gemäß §§ 133, 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Neben der Gehaltszahlung kann damit nur der Unterschiedsbetrag aus gezahlter Betriebsrente und parallel bezogenem Gehalt nach Auffassung der Finanzgerichte in jedem Fall steuerlich geltend gemacht werden. Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist insoweit nur in Höhe der unterbliebenen Anrechnung des Gehaltes auf die Betriebsrente anzunehmen. Als Betriebsausgabe ist damit im vorliegenden Fall monatlich die Gehaltszahlung von 1.500 Euro und die Altersrente anteilig - in einer Höhe von EUR 1.900 Euro - anzuerkennen, während ein Anteil der Altersrente in Höhe von 1.500 Euro monatlich zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führt.
Fazit
Der BFH bestätigt seine Rechtsprechung zum gleichzeitigen Bezug von Gehalt und Pension bei einem GGF (vergleiche BFH-Urteil vom 23.10.2013 – I R 60/12). Eine parallele Zahlung ist – auch wenn in der Versorgungszusage nicht ausdrücklich vorgesehen – bei Anrechnung des Gehalts auf die Betriebsrente in aller Regel möglich. Dies gilt bei entsprechender Gestaltung der Versorgungszusage auch dann, wenn, wie im vorliegenden Fall, das betreffende Gehalt seinen Ursprung in einem Arbeitsverhältnis hat, welches mit der Erteilung der Versorgungszusage formal nicht in Verbindung steht. Die Frage, ob eine solche Anrechnung in jedem Fall, also insbesondere, wenn das neue Arbeitsverhältnis einen gänzlich anderen Charakter hat, wirklich zwingend ist, bleibt aber letztlich weiter offen. Hierüber musste der BFH nämlich im vorliegenden Fall nicht entscheiden, weil die GmbH sich offenbar im Vorwege mit einer solchen Anrechnung bereits einverstanden erklärt hatte.
i Was ist zu tun?
Im vorliegenden Fall wurde der Text der Versorgungszusage interpretiert. Dies geschah im Übrigen überwiegend nicht durch den BFH selbst, sondern durch die Vorinstanz. In der Revision hat der BFH letztlich nur geprüft, ob gravierende Bedenken gegen die Interpretation durch das Finanzgericht sprechen. Man kann sich also fragen, wie die Sache ausgegangen wäre, wenn der zuständige Richter die Sache ein wenig anders gelesen hätte. Vor diesem Hintergrund muss man unverändert empfehlen, Versorgungszusagen möglichst klar und eindeutig zu formulieren, um vor unliebsamen Überraschungen bewahrt zu werden. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf Klauseln für eine Weiterbeschäftigung über das vertragliche Pensionsalter. Im Zweifel sollten Versorgungszusagen diesbezüglich geprüft und angepasst werden.
Weitere Infos unter: weitblick@longial.de
Michael Gerhard, Aktuar (DAV), Versorgungsträger-Management, Longial
(Experte für Stellungnahmen mit rechtlichem und steuerlichem Hintergrund insbesondere im Rahmen der Verwaltung von Unterstützungskassen und für deren Jahresabschluss).