26. Mai 2021
Wertguthabenkonten bei Arbeitnehmer-Ehegatten im Fremdvergleich
Ein Wertguthabenkonto mit arbeitnehmerfreundlicher Flexibilität ...
Der Bundesfinanzhof (BFH) befasste sich mit folgendem Fall: Mit dem im Betrieb des Ehepartners als Bürokraft halbtags tätigen Mitarbeiter (sogenannter Arbeitnehmer-Ehegatte) wurde eine Vereinbarung zur Einrichtung eines Wertguthabenkontos geschlossen (vergleiche § 7b Sozialgesetzbuch (SGB) IV). Demnach konnte der Arbeitnehmer-Ehegatte in einem von ihm festgelegten Umfang Gehaltsbestandteile zugunsten eines Arbeitszeitkontos verwenden. Hiervon machte er ab Beginn seines Dienstverhältnisses Gebrauch und zahlte monatlich einen Betrag in Höhe von 1.000 Euro auf das Konto ein. Sein Monatsgehalt belief sich auf 1.410 Euro. Dem Arbeitnehmer-Ehegatten stand es frei, die eingezahlten Mittel, nach einer Ankündigungsfrist von 3 Monaten, wahlweise für verschiedene Zwecke zu verwenden: vorzeitiger Ruhestand, Teilzeit, Freistellung oder bAV. Im Falle der Freistellung bestand für den Arbeitgeber einmalig die Möglichkeit, die Entscheidung des Arbeitnehmer-Ehegatten abzulehnen. Im Übrigen traf der Arbeitgeber im Rahmen einer Verpfändungs- und Treuhandvereinbarung Vorkehrungen zur Sicherung der auf das Wertguthabenkonto eingezahlten Mittel.
... hält aus steuerlicher Sicht dem Fremdvergleich meist nicht stand.
Für das Wertguthabenkonto bildete die Firma eine Rückstellung; die betreffenden Zuführungen wollte es steuerlich geltend machen. Die Finanzverwaltung lehnte dies aus Gründen des Fremdvergleichs ab. Dabei argumentierte es in erster Linie mit dem ungewöhnlich hohen Gehaltsanteil, der hier für die Finanzierung des Wertguthabens verwendet wurde. Der BFH bestätigte die Auffassung der Finanzverwaltung nun in letzter Instanz: Er lehnte eine steuerliche Anerkennung der Zuführungen zum Wertguthabenkonto ab. Für ihn war dabei weniger die Finanzierung durch einen hohen Gehaltsanteil, sondern mehr der Umstand ausschlaggebend, dass die hohe Flexibilität des Modells die mit ihm verbundenen Chancen und Risiken ungleich auf den Betrieb und den Arbeitnehmer-Ehegatten verteilt.
Die Einschätzung des BFH im Einzelnen
Für die Beurteilung der Frage, inwieweit eine Gestaltung betrieblich oder privat veranlasst ist, ist nach Auffassung des BFH grundsätzlich die Gesamtheit aller objektiven Gegebenheiten maßgebend. Hierbei sind die Kriterien des Fremdvergleichs einzeln zu würdigen. Ein Anhaltspunkt dafür, dass die Fremdüblichkeit bei einer Gestaltung nicht gegeben ist, kann nach Ansicht des BFH insbesondere dann vorliegen, wenn die weitaus meisten Chancen nur auf der Seite des Arbeitnehmer-Ehegatten liegen. Dies sei hier der Fall. Denn der Arbeitnehmer-Ehegatte könne, nahezu unbegrenzt, sein Wertguthabenkonto finanzieren, um dann, ständig wiederkehrend, Freistellungen in sein Arbeitsleben zu integrieren. Dies habe er nicht langfristig anzukündigen. Der Arbeitgeber könne diesbezüglich auch nur einmal widersprechen. Dass eine solche Flexibilität die betrieblichen Abläufe im Zweifel nicht wesentlich stören würde, ist nach Auffassung des BFH unwahrscheinlich.
Im Übrigen war ein entsprechendes Wertguthabenmodell keinem anderen Arbeitnehmer im Betrieb angeboten worden. Auch war nach Auffassung des BFH im Laufe des Verfahrens nicht vorgetragen worden, dass sich die Aufgaben des Arbeitnehmer-Ehegatten im Betrieb so wesentlich von den Tätigkeiten anderer Arbeitnehmer unterscheiden, dass eine Besserstellung womöglich zu rechtfertigen sei. Aber selbst für diesen Fall sei es die Aufgabe der Vorinstanz gewesen, der Frage nachzugehen, in welchem Umfang derart flexible Vereinbarungen in der Praxis überhaupt vorkommen. Dies sei jedoch unterblieben. Im Zweifel müsse das Finanzgericht also entsprechendes statistisches Material erst noch erheben. Das Verfahren wurde entsprechend zurückverwiesen.
Fazit
Vereinbarungen mit einem Arbeitnehmer-Ehegatten, welche diesem (allein) Chancen einräumen, während der Betrieb Risiken zu tragen hat, sind aus steuerlicher Sicht risikobehaftet. Dies gilt auch dann, wenn die betreffende Vereinbarung – wie im vorliegenden Fall die Wertguthabenvereinbarung – auf einem steuerlich anzuerkennenden Arbeitsvertrag aufbaut. Sie ist einem gesonderten Fremdvergleich zu unterziehen. Dabei verwendet der BFH den Begriff des Fremdvergleichs nicht nur im Sinne einer Gleichbehandlung innerhalb des Betriebs, sondern, ähnlich wie bei den Kriterien für die steuerliche Anerkennung einer Gesellschafter-Geschäftsführer-Versorgung, auch darüber hinaus.
i Was ist zu tun?
Regelungen zur Vergütung und Versorgung eines Arbeitnehmer-Ehegatten unterliegen aus steuerlicher Sicht einem Fremdvergleich. Wer vermeiden möchte, dass entsprechende Verträge im Nachhinein beanstandet werden, darf keine Bestimmungen vorsehen, die dem Arbeitnehmer-Ehegatten einseitig unübliche Vorteile einräumen. Im Zweifel sollten entsprechende Vereinbarungen vor Abschluss einer entsprechenden Prüfung unterzogen beziehungsweise nach ihrem Inkrafttreten – soweit erforderlich – angepasst werden.
Weitere Infos unter: weitblick@longial.de
Michael Gerhard, Aktuar (DAV), Versorgungsträger-Management, Longial
(Experte für Stellungnahmen mit rechtlichem und steuerlichem Hintergrund insbesondere im Rahmen der Verwaltung von Unterstützungskassen und für deren Jahresabschluss).