- 2. Dezember 2020
Wie lange kann die Nichtanpassung einer Betriebsrente gerügt werden?
(BAG-Urteil vom 14.5.2019 – 3 AZR 112/18)
Mit einem Urteil hat das Bundesarbeitsgericht geklärt, wie lange sich ein Rentner gegen die Nichtanpassung seiner Rentenhöhe wehren kann, wenn der Arbeitgeber trotz guter wirtschaftlicher Lage nicht anpasst.
Verpflichtung zur Anpassung
Ein Arbeitgeber ist grundsätzlich verpflichtet, laufende Versorgungsleistungen anzupassen. Bei Direktzusagen kann er dies, wie in § 16 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) vorgesehen, auf unterschiedliche Weise tun:
- Entweder sagt er eine feste Rentenanpassung von zum Beispiel jährlich 1 Prozent zu. Dann muss der Arbeitgeber die Rente, unabhängig von seiner wirtschaftlichen Lage, immer im zugesagten Umfang anpassen (§§ 16 Abs. 3 Nr. 1, 30c Abs. 1 BetrAVG).
- Alternativ muss der Arbeitgeber alle 3 Jahre nach Rentenbeginn eine Anpassungsprüfung durchführen. Wenn seine wirtschaftliche Lage der Anpassung nicht entgegensteht, muss die Anpassung dann in der Regel einen Inflationsausgleich der Rente sicherstellen.
Wird der Rentner über die Nichtanpassung ausdrücklich informiert?
Ein wichtiger Unterschied ist dabei, ob der Rentner über die Nicht-Anpassung ausdrücklich informiert wird oder ob der Arbeitgeber die Rente einfach unverändert weiterzahlt. Denn wenn der Rentner die Anpassungsentscheidung seines ehemaligen Arbeitgebers für unrichtig hält, muss er dies gegenüber dem Arbeitgeber grundsätzlich vor dem nächsten Anpassungsstichtag wenigstens außergerichtlich geltend machen. Mit dem nächsten Anpassungsstichtag erlischt sein Anspruch auf Korrektur einer früheren Anpassungsentscheidung. Wenn der Arbeitgeber den Rentner aber überhaupt über die Nicht-Anpassung informiert, dann enthält, so das Bundesarbeitsgericht, auch dieses Schweigen die Erklärung, nicht anpassen zu wollen. Diese Erklärung gilt jedoch erst nach Ablauf von 3 Jahren als abgegeben. Deshalb kann der Versorgungsberechtigte dann bis zum übernächsten Anpassungsstichtag die Nichtanpassung rügen.
Welche wirtschaftliche Folge hat der Verlust des Korrekturanspruchs?
Eine korrigierte Anpassungsentscheidung führt einerseits zu höheren Zahlungsansprüchen des Rentners in der Vergangenheit. Wie weit das zurückreicht, hängt davon ab, ob der Rentner über die Nichtanpassung informiert wurde:
Wenn der Arbeitgeber im November 2020 den Versorgungsberechtigten nicht darüber informiert, dass eine Anpassung unterbleibt, so kann dieser die Nichtanpassung bis zum übernächsten Anpassungsstichtag im November 2026 rügen.
Wenn der Rentner den Korrekturanspruch durch Fristablauf verloren hat, bedeutet das nicht, dass die Nichtanpassung dauerhaft bestandskräftig bleibt. Für die Zukunft ist nämlich stets der korrekte Anpassungsanspruch zu berechnen. Nur Anpassungen, die zu Recht unterblieben sind, sind von dauerhafter Wirkung. Zu Unrecht unterbliebene Anpassungen werden nicht bestandskräftig.
Fazit
Ohne eine Information des Rentners über die Nicht-Anpassung kann dieser bis zum übernächsten Prüfungsstichtag eine Korrektur verlangen – also nahezu 6 Jahre
i Was ist zu tun? Ist die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers so schlecht, dass er nicht zur Rentenanpassung verpflichtet ist, spielt die Information des Rentners praktisch keine Rolle. Der Arbeitgeber ist gut beraten, sich auf seine Situation zu berufen und den Anspruch wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage abzulehnen – denn das entlastet ihn dauerhaft. Entscheidet sich der Arbeitgeber in diesem Fall gegen eine aktive Information der Versorgungsberechtigten, so sollte aber dennoch die Entscheidung, die Rente nicht anzupassen, intern dokumentiert und auch mit einer Prognose begründet werden, um dies bei einer Nachfrage des Versorgungsberechtigten erklären zu können. Diese Vorgehensweise empfiehlt sich umso mehr, wenn der Arbeitgeber die Anpassungsprüfung auf einen bestimmten Stichtag bündelt und somit die Wahrscheinlichkeit besteht, dass mehrere Versorgungsberechtigte nachfragen. |
Gordon Teckentrup, LL.M., Syndikusrechtsanwalt, Leiter Recht | Steuern, Longial