24. November 2020

bAV 2020 und 2021: Ein Blick zurück und ein Ausblick in die Zukunft

Gesetzliche Insolvenzsicherung, Förderung von Geringverdienern, Pensionskassen & Co: Was war, was kommt?


2020 ist ein Jahr, wie es die Welt bisher noch nicht erlebt hat. Die Folgen der Pandemie sind schwer absehbar – auch nicht die langfristigen wirtschaftlichen Auswirkungen für Unternehmen. Was war und ist neben der Pandemie für die bAV wichtig, was wird 2021 zu erwarten sein? Michael Hoppstädter, Geschäftsführer der Longial GmbH, wirft einen Blick zurück und gibt einen Ausblick in die Zukunft.

Alle Jahre wieder: Wie steht es um das Sozialpartnermodell?
Das erste Sozialpartnermodell steht kurz vor dem Abschluss, wie letzte Woche bekannt wurde. Hier ist ein Haustarifvertrag die Grundlage. Aber ansonsten ist es um das 2018 mit hohen Erwartungen ins Leben gerufene Sozialpartnermodell leider weiterhin ruhig. Die reine Beitragszusage, die nur über das Modell zur Verfügung steht, kam somit bisher nicht zum Einsatz. „Die verpflichtende Bindung an einen Tarifvertrag ist für KMU ein Hindernis, weil diese häufig nicht tarifgebunden sind. Vielleicht ist der Abschluss des ersten Haustarifvertrags zum Sozialpartnermodell auch für andere Unternehmen die Initialzündung sich mit den Möglichkeiten eines Sozialpartnermodells zu beschäftigen. Mediale Aufmerksamkeit wäre den Unternehmen gewiss“, kommentiert Michael Hoppstädter.

Anhebung des bAV-Förderbetrags: Abhängig von Unternehmensgröße
Neben dem Sozialpartnermodell ist die Förderung der Altersvorsorge von Geringverdienern ein weiterer Schwerpunkt des Betriebsrentenstärkungsgesetzes. Mit dem Grundrentengesetz 2020 kamen weitere Verbesserungen hinzu: eine Anhebung des bAV-Förderbetrags, der monatlichen Einkommensgrenze sowie der steuerfreien Arbeitgeberbeiträge. „Das sind wichtige sozialpolitische Signale, denn gerade die Förderung nach § 100 Einkommensteuergesetz ist eine unbürokratische Lösung, von der schon weit mehr als 700.000 Arbeitnehmer profitieren“, so der Longial Geschäftsführer. „Bisher wird die Förderung allerdings vor allem von großen Unternehmen genutzt. Kleine und mittlere Betriebe sollten auf diesen Zug aufspringen, damit auch deren Arbeitnehmer verstärkt in den Genuss der Versorgung kommen.“

PSVaG-Beiträge von jedem Arbeitgeber mit Pensionskassenversorgung?
Manchmal kann es bei der bAV auch ganz schnell gehen: Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs erweiterte der Gesetzgeber umgehend die gesetzliche Insolvenzpflicht und damit den Schutz des Pensions-Sicherungs-Vereins a. G. (PSVaG). Die erweiterte Insolvenzsicherung hängt dabei von der Ausprägeform der Pensionskasse ab. Zusammengefasst gilt: Unternehmen mit Versorgungen über Pensionskassen, die nicht freiwillig der Sicherungseinrichtung Protektor beigetreten sind, unterliegen jetzt der PSVaG-Beitragspflicht. Bis 2022 gibt es für die Bemessung des Beitragssatzes Sonderregeln. Hoppstädter zur Neuregelung für die Beitragsbemessung: „Dies ist der richtige Schritt hin zu einem risikoadäquaten Beitragssatz. Aus unserer Sicht wäre es insgesamt sinnvoll, wenn PSVaG-Beiträge generell risikoorientiert verteilt würden.“

Versorgung über Pensionskassen: Arbeitgeber teilweise in der Pflicht
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat fast jede dritte Pensionskasse „in Manndeckung genommen“. Die niedrigen Zinsen sowie ein Ansteigen der Unternehmensinsolvenzen machen es den Kassen 2021 weiterhin schwer. Das hat auch Auswirkungen für Arbeitgeber, die ihre Versorgung über eine Pensionskasse geregelt haben. „Reduzieren die Kassen die Versorgungsleistungen, muss der Arbeitgeber die Differenz zu der ursprünglich zugesagten Leistung ausgleichen – was bedeutet, dass die Unternehmen einerseits die Differenzrenten tatsächlich auch auszahlen und andererseits Pensionsrückstellungen bilden müssen“, verdeutlicht Hoppstädter. Hat der Arbeitgeber Insolvenz angemeldet, dann sind mit der gesetzlichen Insolvenzsicherung die Zusagen über den PSVaG abgesichert.

Was ist von 2021 zu erwarten?
Unabhängig von der bAV wird 2021 für alle Unternehmen entscheidend sein, wie einschneidend die Folgen der Corona-Pandemie ausfallen. „In der ‚bAV-Blase‘ wird auf das erste Sozialpartnermodell gewartet“, so Hoppstädter. „Hier wird vermutlich ein Haustarifvertrag geschlossen. Und wir hoffen, dass sich das Bundesverfassungsgericht zum Rechnungszins für die steuerliche Bewertung von Pensionsverpflichtungen äußert. Abhängig vom Urteil wird sich die neue Bundesregierung damit befassen müssen.“ Die Diskussionen zum Höchstrechnungszins für Lebensversicherer werden ebenfalls die bAV-Welt betreffen. Ein Zins von 0,25 Prozent scheint realistisch. Unklar ist, ab wann er gilt – zum 1.7.2021 oder, so die Prognose des Longial Geschäftsführers, zum 1.1.2022. Fest steht, dass mit einem Höchstrechnungszins von 0,25 Prozent die für die bAV geltende „Bruttobeitragsgarantie“ nur bei sehr langen Laufzeiten ab ca. 30 Jahren darstellbar ist. Die Konsequenz aus der Anpassung des Rechnungszinses ist dann eine Anpassung des Betriebsrentengesetzes. „Die bAV-Welt bleibt auch im kommenden Jahr nicht stehen“, fasst Hoppstädter zusammen.