18. Mai 2016
Satte Rentenerhöhung: Was passiert bei der Betriebsrente?
Um rund fünf Prozent steigt zum 1. Juli 2016 die gesetzliche Rente. Auch die Bezieher von Betriebsrenten haben alle drei Jahre ein Recht auf Prüfung und gegebenenfalls Anpassung ihrer betrieblichen Altersversorgung (bAV). Dabei steht ihnen zumindest ein Inflationsausgleich zu. Was bedeutet das für Unternehmen mit Pensionsverpflichtungen gerade in Zeiten mit niedriger Teuerungsrate? bAV-Experte Dr. Paulgerd Kolvenbach, Geschäftsführer des Pensionsberaters Longial, erläutert, wann genau Unternehmen ihre Betriebsrenten anpassen müssen, welche Ausnahmen es gibt und was bei der Bündelung unterschiedlicher Stichtage zu beachten ist.
Während die gesetzliche Rente mithilfe einer komplizierten Formel an die Lohnentwicklung in Deutschland gekoppelt ist, wurde die Anpassung von Betriebsrenten vergleichsweise einfach geregelt: Das Betriebsrentengesetz (§ 16 BetrAVG) schreibt vor, dass der Arbeitgeber seine wirtschaftliche Lage gegen die Interessen seiner Betriebsrentner abwägen muss. Geht es dem Unternehmen wirtschaftlich gut, so ist es zur Rentenanpassung verpflichtet – und zwar alle drei Jahre. Der Umfang der Anpassung richtet sich entweder nach dem Verbraucherpreisindex oder nach der Nettolohnentwicklung vergleichbarer Arbeitnehmergruppen.
Stichtage und Ausnahmen
Die für jede Betriebsrente individuellen Stichtage für eine Anpassung können zur Vereinfachung auf einen einheitlichen Stichtag im Jahr oder sogar im dreijährigen Turnus gebündelt werden. Dann muss das Unternehmen bei der ersten Rentenanpassung aber berücksichtigen, dass sich durch die Bündelung im Einzelnen verkürzte oder verlängerte Bezugszeiträume ergeben können, so bAV-Experte Dr. Paulgerd Kolvenbach von Longial: „Der erste Prüfungsstichtag darf jeweils nicht mehr als drei Jahre und sechs Monate nach dem Rentenbeginn liegen. Ansonsten muss die Anpassung zum nächst früheren gebündelten Stichtag erfolgen.“ Es gibt aber auch Ausnahmen von der Anpassungspflicht: Wurde dem Arbeitnehmer in Zusagen nach 1999 eine Steigerung seiner laufenden Rente von mindestens einem Prozent jährlich versprochen, dann entfällt die Prüfung. Das Gleiche gilt, wenn die Altersversorgung über eine Direktversicherung, Pensionskasse oder einen Pensionsfonds durchgeführt wird und der Arbeitnehmer die Überschussanteile erhält.
Verbraucherindex als Referenz
Da der Verbraucherpreisindex (VPI), anders als die Nettolohnentwicklung vergleichbarer Arbeitnehmergruppen, durch die offizielle Veröffentlichung des Statistischen Bundesamtes leicht verfügbar und gut nachprüfbar ist, wird er bevorzugt als Referenz für die Anpassungsprüfung herangezogen. Dazu wird zunächst der Indexwert im Monat vor dem Anpassungsstichtag sowie jener zum Zeitpunkt des Rentenbeginns ermittelt. Ihr prozentuales Verhältnis entspricht der Anpassung der Betriebsrente. Der Longial-Experte gibt ein Beispiel: „Ein Rentner bezieht seit April 2013 eine Rente von 100 Euro. Seine erste Rentenanpassung war nach drei Jahren Bezugsdauer, also im April 2016 fällig. Die Zunahme der Indexwerte der jeweiligen Vormonate (März 2016: 107,3 beziehungsweise März 2013: 105,6) beträgt 1,61 Prozent für drei Jahre. Die Rente ist daher auf 101,61 Euro anzuheben (100 Euro x 1,01610).“
Inflationsrate auf historischem Tiefststand
Nachteil dieser Methode: Das Statistische Bundesamt aktualisiert den Index alle fünf Jahre. Da der Arbeitgeber den jeweils zum Anpassungsstichtag aktuellen Index verwenden muss, wird die Prüfung bei längerer Bezugsdauer komplexer. „Gerade bei älteren Rentnern kann es notwendig werden, zwischen den Anpassungsstichtagen mehrere Indizes zu berücksichtigen“, so der bAV-Experte.
Die in den letzten Monaten extrem niedrige Teuerungsrate verhilft vielen Arbeitgebern aber auch zu einem unerwarteten Vorteil: „Viele gaben nach ihrer Einführung der einprozentigen Garantieanpassung den Vorzug, weil sie gut planbar ist und auch vermeintlich die günstigere Lösung war: Die pauschale Erhöhung von 3,03 Prozent für drei Jahre lag in der Vergangenheit fast immer unter der Anpassungshöhe nach dem VPI“, so Dr. Paulgerd Kolvenbach. Der historische Tiefststand der Verbraucherpreise kehrt das aktuell um. „Unternehmen, die keine Garantieanpassung vereinbart haben, profitieren also von der niedrigen Inflationsrate.“
Niedriger Index günstig für Unternehmen
Der Longial bAV-Experte empfiehlt Unternehmen, die eine Bündelung von Prüfungsstichtagen ins Auge gefasst haben, bald zu handeln: „Der aktuell niedrige Indexstand bietet einen günstigen Zeitpunkt“, so sein Fazit. Allerdings sollten die Ansprechpartner im Unternehmen bei aktuellen Rentenanpassungen auf vermehrte Rückfragen der Rentner vorbereitet sein. Seine Empfehlung für betroffene Betriebe: „Die Hintergründe am besten bereits in der Mitteilung zur Anpassung erläutern.“