Das Bundesarbeitsgericht hat in jüngeren Entscheidungen (Urteil vom 18.09.2012, 3, AZR 415/10) interessante Feststellungen zur sogenannten Jeweiligkeitsklausel gemacht. Eine Jeweiligkeitsklausel liegt vor, wenn in einer Zusage auf „die jeweils geltende Fassung“ von einem anderen Regelwerk Bezug genommen wird.
Im entschiedenen Fall war im Arbeitsvertrag geregelt, dass sich die Altersversorgung nach einer Richtlinie zu einem Angestelltenversorgungsfonds „in der jeweils gültigen Fassung“ richten sollte. Die Klägerin bezog nunmehr eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Die Parteien stritten darüber, nach welchen Vorschriften diese Rente anzupassen sei. Durch Dienstvereinbarungen wurde eine ursprünglich günstigere Neuberechnung der Rente durch eine jährliche Erhöhung von einem Prozent ersetzt. Das BAG entschied, dass die jährliche Anpassung um 1 Prozent nicht zulässig war, weil die Zusage schon vor dem 01.01.1999 erteilt worden war. Allerdings hatte das BAG grundsätzlich für möglich gehalten, dass die Zusage durch die kollektivrechtliche Vereinbarung geändert worden war.
Eine Verschlechterung einer einzelvertraglichen Regelung, wie der eines Arbeitsvertrages, einer Gesamtzusage oder einer vertraglichen Einheitsregelung durch Kollektivregelungen (Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, Tarifverträge) ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur in drei Ausnahmefällen möglich:
- Die einzelvertragliche Rechtsgrundlage eröffnet selbst eine Möglichkeit für eine kollektivrechtliche Verschlechterung.
- Die kollektivrechtliche Regelung ist bei kollektiver Gesamtbetrachtung nicht ungünstiger als das aus der arbeitsvertraglichen Einheitsregelung resultierende Recht.
- Die vertragliche Einheitsregelung hat aufgrund einer wesentlichen Störung ihrer Geschäftsgrundlage ihre Verbindlichkeit verloren und dadurch ist ein Bedarf einer Neuregelung begründet worden.
Eine Jeweiligkeitsklausel kann eine Öffnungsklausel zur kollektivrechtlichen Verschlechterung sein. Das BAG stellte dazu fest, dass Verweise auf die für betriebliche Altersversorgung beim Arbeitgeber geltenden Bestimmungen im Regelfall dynamisch sind. Sie verweisen, soweit keine gegenteiligen Anhaltspunkte bestehen, auf die jeweils beim Arbeitgeber geltenden Regelungen. Ansonsten würde ein System der betrieblichen Altersversorgung erstarren. Die Auslegung einer solchen Jeweiligkeitsklausel würde jedoch ergeben, dass der Arbeitgeber keine Änderungsmöglichkeit nach Belieben, sondern nur in den Grenzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes habe. Die Jeweiligkeitsklausel gelte darüber hinaus auch nach Eintritt des Arbeitnehmers in den Ruhestand weiter.
Fazit:
Es ist darauf zu achten, dass bei einer Änderung von einzelvertraglichen Zusagen durch kollektivrechtliche Regelungen tatsächlich ein Ausnahmefall nach der Bundesarbeitsgerichtsrechtsprechung vorliegt. Praxisrelevant sind hier insbesondere die Öffnungsklauseln. Eine Jeweiligkeitsklausel kann eine solche Öffnungsklausel sein, die auch Änderungen für bereits ausgeschiedene Mitarbeiter erlaubt.
Susanne Kayser-Dobiey, Rechtsanwältin, Fachbereich Recht | Steuern | Versorgungsträgermanagement bei Longial