Die ersten Hürden bei der Umsetzung der Reform scheinen genommen. In den Unternehmen kehrt allmählich Routine bei der Bearbeitung von Versorgungsausgleichsfällen ein. Jedoch stellt sich ihnen jetzt immer drängender die Frage, wie der erhebliche administrative Mehraufwand für die Versorgungsträger begrenzt werden kann.
70 mittelständische und große Unternehmen äußerten sich in einer Befragung von Towers Watson zu ihren Erfahrungen mit dem neuen Versorgungsausgleichsgesetz.
Bearbeitungsaufwand ist immer noch hoch Über 70 Prozent der Versorgungsträger haben die reformbedingten Neuerungen durch neue interne Prozesse oder externe Dienstleistungen für sich zufriedenstellend umgesetzt. Mehrheitlich formulierten sie allgemeine interne Verfahrensanweisungen – meist in Form einer Teilungsordnung. Trotz dieser Maßnahmen gaben 70 Prozent der befragten Unternehmen eine Bearbeitungsdauer pro Versorgungsausgleich in Höhe von einer bis fünf Stunden an. Bei der zumeist genannten Anzahl von 21 bis 50 Versorgungsausgleichsfällen pro Jahr ein enormer Zeitaufwand!
Problembereiche verschieben sich Seit Inkraftsetzen der Reform scheinen sich durch die gewonnenen Erfahrungen die Problemfelder bei der Bearbeitung von Versorgungsausgleichsfällen verschoben zu haben: Die Erstellung der Auskunft nannten nur 15 Prozent kritisch, wohingegen 36 Prozent die Umsetzung der gerichtlichen Entscheidung als Herausforderung ansahen. Besonders durch die Nachfragen der Gerichte beziehungsweise Verfahrensbeteiligten fühlen sich 41 Prozent der Befragten belastet. Die Unternehmen haben mehrheitlich den Eindruck, dass Gerichte beziehungsweise Anwälte gelegentlich bis häufig ihre Aufgaben innerhalb eines Versorgungsausgleichs auf die Unternehmen abwälzen. So verwundert es nicht, dass die Befragten in der Aus- und Weiterbildung der zuständigen Gerichte und Anwälte in Bezug auf die betriebliche Altersvorsorge ein Verbesserungspotential sehen.
Rechtsmittel versprechen Erfolg Erwähnenswert ist auch, dass die Unternehmen, die Rechtsmittel einlegen, mehrheitlich angaben, meistens damit Erfolg zu haben. Dabei gehen über die Hälfte der Befragten nur dann diesen Weg, wenn es für das eigene Unternehmen finanzielle Auswirkungen hat.
Diskrepanzen vorhanden Abweichungen zwischen den Vorschlägen im Auskunftsbogen und dem Beschluss stellten die Unternehmen meist bei der Nennung der Versorgungsträger beziehungsweise bei den Ausgleichswerten / korrespondierenden Kapitalwerten fest. Nicht anerkannte Teilungskosten bemerkten 36 Prozent der Befragten. Die Diskrepanz bei der Kostenanerkennung verwundert, da die Unternehmen bei der Festsetzung überwiegend die Überlegungen des Gesetzgebers umgesetzt haben. Die Mehrheit der Befragten erklärte, die Kosten der internen Teilung in Höhe von drei Prozent des ehezeitanteiligen Anwartschaftsbarwerts / Deckungskapitals festzusetzen, meist nach oben und unten begrenzt durch einen festen Eurobetrag.
Kostenumlage erwünscht Die Umlage der Kosten beziehungsweise deren Erstattung war ein zentraler Punkt bei den geäußerten Änderungswünschen der Unternehmen. Vorgeschlagen wurde neben der Umlage der Kosten auf den Verursacher des jeweiligen Aufwandes auch ein Kostenansatz bei der externen und nicht nur bei der internen Teilung. Ebenso erhoffen sich die Unternehmen eine Reduktion ihres Aufwandes, zum Beispiel durch standardisierte Verfahren und vermehrte Verfahrensvereinbarungen zwischen den Parteien.
Fazit:
Resümierend konnten die Unternehmen die vom Gesetzgeber angestrebte Vereinfachung auch fünf Jahre nach der Reform mehrheitlich eher nicht feststellen. Allerdings zeigen die Erfahrungen der Longial GmbH, welche mit der ERGO Versicherungsgruppe AG im Sinne von § 15 AktG (Aktiengesetz) verbunden ist und die Verwaltung der Altersversorgung des Mutterkonzerns durchführt, dass der Mehraufwand durch geregelte Prozesse beherrschbar wird.
Vanessa Angel, Ass.jur. im Bereich Recht | Steuern, Longial Treffen Arbeitnehmer die Entscheidung, sich durch Bruttoentgeltumwandlung eine zusätzliche betriebliche Altersversorgung aufzubauen, hat dies bekanntermaßen eine Einsparung von Sozialversicherungsbeiträgen und damit eine Personalaufwandsentlastung des Arbeitgebers zur Folge. Ein heute in der Praxis sehr häufig anzutreffendes Beispiel für die Verwendung der eingesparten Arbeitgeberbeiträge – sofern der Arbeitgeber diese nicht stillschweigend dem Betriebsvermögen zuführt – ist regelmäßig die individuelle Förderung der Entgeltumwandlung des Mitarbeiters mindestens in Höhe dieser eingesparten Beiträge.
Sozialbeiträge sinnvoll investieren Dieser Einsatz der eingesparten Sozialbeiträge zur Förderung der Entgeltumwandlung ist ein folgekonsequenter Weg der Verwendung. Gleichwohl gibt es aus Arbeitgebersicht und sicherlich auch im Interesse der Arbeitnehmer anderweitige Möglichkeiten einer sinnvollen Investition dieser "freien" Mittel.
Benefit "Krankenzusatzversicherung" In den letzten Jahren wird stetig steigend die Möglichkeit von Krankenzusatzversicherungen für Belegschaften als zusätzlicher Vergütungs- beziehungsweise Benefitbaustein in das Angebotsportfolio von Arbeitgeberleistungen aufgenommen. Die Einrichtung eines solchen Modells basiert vor allem auf sozial- und personalpolitischen Motiven des Arbeitgebers, wie zum Beispiel der Mitarbeiterbindung und -gewinnung sowie der Imageaufwertung des Unternehmens. Eher indirekt kennzahlenorientierte Ziele wie die Erhöhung der Produktivität von Arbeitskräften durch gesundheitsfördernde oder -präventive Maßnahmen spielen ebenfalls eine Rolle. Aus Arbeitnehmersicht sind diese Maßnahmen angesichts stetiger Leistungskürzungen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ebenso lukrativ wie notwendig. Weitere Vorteile für den Arbeitnehmer als Versicherter und Leistungsempfänger sind die vergünstigten Beiträge, der regelmäßig sofortige Schutz ohne Wartezeiten, die verkürzte oder häufig wegfallende Gesundheitsprüfung, eine Aufnahmegarantie, eine Verbesserung der Arbeitszufriedenheit und sogar der Familienabsicherung. Von diesem Angebot profitieren damit Arbeitnehmer wie Arbeitgeber gleichermaßen.
Modulare Basis für individuelle Gestaltung Die individuellen Tarifbausteine der betrieblichen Krankenversicherung (bKV) sind üblicherweise modular ausgerichtet, angelehnt an die sogenannten Modultarife der privaten Krankenzusatzversicherung. Dies bietet dem jeweiligen Unternehmen die Möglichkeit, die verschiedenen Leistungsspektren an den Betrieb, seine speziellen Rahmenbedingungen und die spezifischen Bedürfnisse der Mitarbeiter anzupassen. Beispielhaft kommen hier Leistungen wie - Zahnzusatzversicherungen,
- zusätzliche Tarife für den stationären und ambulanten Bereich,
- Erweiterung der Krankentagegeldversicherung,
- Kostenübernahme für Vorsorgeuntersuchungen,
- Leistungen beim Heilpraktiker,
- Sehhilfen,
- Pflegevorsorge, aber auch
- Auslandskrankenversicherungsschutz
in Betracht.
Modell aus Arbeitgebersicht sinnvoll Seit der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 14.04.2011 (VI R 24/10) können geleistete arbeitgeberfinanzierte Beiträge in die Gewährung von privatem Krankenversicherungsschutz einfließen. Zudem werden diese Beiträge gemäß dem am 10.10.2013 ergangenen Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen (GZ IV C 5 S 2334/13/10001) als versteuernder Sachlohn eingeordnet und profitieren nunmehr nicht mehr von der 44-Euro-Freigrenze. Doch unabhängig davon ist die Verwendung der eingesparten Sozialversicherungsteile in ein solches Modell aus Sicht des Arbeitgebers weiterhin sehr sinnvoll – insbesondere auch unter präventiv betriebsspezifischem Einsatz.
"Individualversteuerung" oder "Pauschalversteuerung" Die geleisteten Beiträge unterliegen dann allerdings der sogenannten "Individualversteuerung", bei der die Beiträge zu betrieblichen Krankenversicherungen als Nettolohn betrachtet und auf den Bruttolohn hochgerechnet werden. Die darauf anfallenden Sozialversicherungsbeiträge werden anhand der spezifischen Merkmale der Lohnsteuerkarte der einzelnen Mitarbeiter gezahlt. Alternativ ist auch die sogenannte "Pauschalversteuerung" möglich, bei der die Versicherungsbeiträge als "sonstige Bezüge" jährlich gezahlt werden. In diesem Fall ist ein Antrag beim lokalen Betriebsstättenfinanzamt notwendig. Bei einem Positivbescheid gilt ein Pauschalsteuersatz von 30 Prozent. Dieser ist theoretisch bis zu einem Beitrag von maximal 1.000 Euro pro Mitarbeiter und Wirtschaftsjahr möglich. Die Aufwendungen des Arbeitgebers (inklusive betriebliche Krankenversicherungs-Beiträge) werden dabei als Betriebsausgabe gewertet.
Fazit:
Die Praxis in der Beratung zeigt, dass sich die meisten Arbeitgeber bei Einführung eines solchen Systems entscheiden, die Gesundheit der Mitarbeiter nicht allein durch Arbeitgeberbeiträge für ausgewählte Risikobausteine zu fördern: Sie bieten ihren Mitarbeitern regelmäßig auch arbeitnehmerbedarfsausgerichtete zusätzliche beitragsreduzierte Tarifbausteine gegen Bruttoentgelt an.
Oliver Möbs, Prokurist, Consultant, Longial |