Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat aus Arbeitgebersicht erfreuliche, vielleicht auch überraschende Urteile zu folgenden Fragen gefällt:
- Darf der Arbeitgeber Mitarbeiter von der bAV ausschließen, die bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze keine 15-jährige Betriebszugehörigkeit erreichen können?
- Darf der Arbeitgeber die anrechenbare Dienstzeit auf 40 Jahre beschränken?
Mit Urteil vom 12.02.2013 (3 AZR 100/11) hat das BAG entschieden, dass Regelungen zulässig sind, die für eine Teilnahme an einer Versorgung eine 15-jährige Betriebszugehörigkeit erfordern.
Im fraglichen Fall war die 1942 geborene Klägerin von Juli 1997 bis Februar 2008 bei dem Arbeitgeber beschäftigt. Im Jahr 1999 wurde eine arbeitgeberfinanzierte Unterstützungskassenversorgung eingerichtet, welche mit Vollendung des 65. Lebensjahres eine Altersversorgung vorsah. Teilnehmen konnten aber nur Mitarbeiter, die am 31.12.1999 in einem Arbeitsverhältnis standen und die bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung noch eine Betriebszugehörigkeit von 15 Jahren erreichen konnten.
Das BAG prüfte, ob der beschriebene Sachverhalt im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) eine Diskriminierung wegen des Alters und des Geschlechts darstellt. Im Ergebnis verneinte das BAG in beiden Fällen eine Diskriminierung. Im Bezug auf die Altersdiskriminierung begründete es seine Entscheidung folgendermaßen: Nach dem AGG ist eine unterschiedliche Behandlung zulässig, wenn sie objektiv angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung des Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Dabei finden sich im Gesetz Beispiele für Mittel, die angemessen und erforderlich sind. Im Bereich der bAV ist es demnach zulässig, Altersgrenzen für eine Teilnahme festzusetzen. Somit musste das Gericht prüfen, ob die damals faktisch gewählte Altersgrenze der Vollendung des 50. Lebensjahres angemessen ist. Grundsätzlich steht dem Arbeitgeber bei einer freiwilligen arbeitgeberfinanzierten bAV ein Gestaltungs- und Ermessensspielraum zu. Allerdings darf der Arbeitgeber die Belange der Versorgungsberechtigten nicht außer Acht lassen. Das BAG geht bei typisierender Betrachtungsweise davon aus, dass das Erwerbsleben eine Spanne von 40 Jahren und mehr umfasst. Eine anspruchsausschließende Wartezeit in Höhe von 15 Jahren sei noch hinnehmbar, weil der verbleibende Zeitraum ausreicht, um bAV-Anrechte zu erwerben. Eine Benachteiligung aufgrund des Geschlechts verneinte das BAG, weil ein Wiedereintritt in das Berufsleben nach Zeiten der Kindererziehung bei typisierender Betrachtung regelmäßig vor der Vollendung des 50. Lebensjahres erfolgt. Es bleibt abzuwarten, ob der EuGH bei vergleichbaren Fällen ähnlich entscheiden wird.
Mit einem Urteil vom 11.12.2012 (3 AZR 634/10) hat das BAG entschieden, dass Regelungen zulässig sind, die die anrechenbare Dienstzeit auf 40 Dienstjahre beschränken.
In diesem Fall war der 1968 geborene Kläger von Oktober 1989 bis Januar 2012 bei dem Arbeitgeber beschäftigt und ist mit unverfallbaren Anwartschaften ausgeschieden. Der Kläger vertrat die Auffassung, dass bei der Berechnung der Höhe seiner unverfallbaren Anwartschaft von der maximal möglichen Dienstzeit von 43,3 Dienstjahren auszugehen sei. Der Arbeitgeber setzte hier aber nur 40 Dienstjahre als maximal mögliche Dienstjahre an.
Auch hier prüfte das BAG, ob die Berücksichtigung von nur 40 Dienstjahren eine Altersdiskriminierung im Sinne des AGG darstellt. Eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters liegt hier jedoch nicht vor, weil nicht an das Lebensalter, sondern an die Dienstjahre angeknüpft wird. Mittelbar ist aber eine Diskriminierung denkbar, weil im Ergebnis die Jahre vor der Vollendung des 25. Lebensjahres anders behandelt werden, als die Jahre nach der Vollendung des 25. Lebensjahres. Aber auch hier ist wieder darauf abzustellen, ob mit der Regelung ein legitimes Ziel mit Mitteln verfolgt wird, die erforderlich und angemessen sind. Die Regelung bezweckt nach Auffassung des BAG, die zu erbringende Leistung für den Arbeitgeber überschaubar und kalkulierbar zu halten. Dies ist ein legitimes Ziel. Auch hier geht das BAG wieder davon aus, dass der Zeitraum von 40 Jahren bei typisierender Betrachtung fast das gesamte Erwerbsleben umfasst. Somit ist also die Beschränkung auf 40 Dienstjahre nicht unangemessen.
Fazit:
- Beide Urteile sind aus Sicht der Arbeitgeber erfreulich, weil sie die Freiheit des Arbeitgebers betonen, bei einer freiwilligen bAV den Leistungsumfang einzuschränken.
- Das Urteil vom 12.02.2013 überrascht, da zumindest in der Literatur mit Inkrafttreten des AGG häufig diskutiert wurde, ob Höchstaufnahmealter nur noch in engen Grenzen zulässig sind.
Bernd Wilhelm, LL.M, Rechtsanwalt, Leiter Fachbereich Recht | Steuern bei Longial