Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seinem Urteil vom 18.03.2014 (3 AZR 69/12) die Unwirksamkeit einer Regelung in einer Versorgungsordnung festgestellt. Diese besagte, dass Mitarbeiter nur dann in den Genuss einer betrieblichen Altersversorgung kommen, wenn sie bei Erfüllung einer 10-jährigen Wartezeit noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet haben. Im Ergebnis bedeutet dies, dass Mitarbeiter, die nach ihrem 45. Geburtstag ins Unternehmen eintreten, keinen Anspruch auf eine Betriebsrente erlangen könnten.
Im zu entscheidenden Fall machte die im Juni 1945 geborene und seit dem 01.01.1999 bei der Beklagten beschäftigte Klägerin die Gewährung einer Altersrente geltend. Die Versorgungsordnung sieht eine Altersleistung nach der Vollendung des 65. Lebensjahres vor. Die Beklagte verweigerte der Klägerin jedoch die Leistung, weil diese bei Erfüllung der 10-jährigen Wartezeit bereits das 55. Lebensjahr überschritten hatte.
Das BAG vertritt hier die Auffassung, dass eine derartige Regelung gegen das Verbot der Altersdiskriminierung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verstößt.
Das BAG bejaht eine unmittelbare Diskriminierung wegen Alters, weil im Ergebnis nur Mitarbeiter an der Versorgung teilhaben können, die bei Eintritt in das Unternehmen noch nicht das 45. Lebensjahr vollendet haben. Auch wenn die Versorgungsordnung nicht direkt die Altersgrenze von 45 nennt, führt hier eine sogenannte leistungsausschließende Wartezeit zu diesem Ergebnis. Das BAG prüft daher die leistungsausschließende Wartezeitregelung wie eine Altersgrenze.
Für die betriebliche Altersversorgung lässt das AGG zwar die Festsetzung von Altersgrenzen als Teilnahmevoraussetzung grundsätzlich zu. Eine Regelung, die dazu führt, dass eine beträchtliche Zeitspanne des Erwerbslebens nicht für den Aufbau von Versorgungsanwartschaften zur Verfügung steht, ist nach der Auffassung des BAG jedoch nicht mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz vereinbar.
Das BAG geht bei typisierender Betrachtungsweise von einer Zeitspanne von 40 Jahren für das Erwerbsleben aus. Bei einem Höchstaufnahmealter von 45 Jahren verbleibt somit ein Zeitraum von 20 Jahren bis zur Altersgrenze von 65 Jahren. Dieser kann nach Auffassung des BAG nicht unberücksichtigt bleiben.
Der Senat wendet sich mit diesem Urteil ausdrücklich gegen seine bisherige Rechtsprechung. Vor dem Inkrafttreten des AGG erachtete das BAG die Festlegung einer 20-jährigen Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der Altersgrenze von 65 als zulässig. Eine 15-jährige Wartezeit bis zur Altersgrenze von 65 und somit im Ergebnis ein Höchstaufnahmealter von 50 Jahren hatte das BAG im Übrigen in seinem Urteil vom 12.02.2013 (3 AZR 100/11) noch für zulässig erachtet.
Des Weiteren bleibt abzuwarten, ob die Anhebung der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung und damit einhergehend die grundsätzliche Verlängerung der Lebensarbeitszeit dazu führt, dass die Grenze für ein zulässiges Höchstaufnahmealter zukünftig eher bei 52 als bei 50 liegen dürfte.
Weiterhin könnte auch die Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie die Rechtsprechung beeinflussen. Denn bei arbeitgeberfinanzierten Anwartschaften der bAV ist zukünftig zu erwarten, dass Mitarbeiter bereits nach 3 Jahren unverfallbare Anwartschaften erwerben, wenn sie zum Zeitpunkt des Ausscheidens das 21. Lebensjahr vollendet haben. Bislang musste die Zusage 5 Jahre bestanden und der Mitarbeiter zum Ausscheidezeitpunkt das 25. Lebensjahr vollendet haben. Hierdurch wird ebenfalls der Zeitraum, in dem Mitarbeiter unverfallbare Versorgungsanwartschaften erwerben können, verlängert.
Fazit:- Eine Altersgrenze, die Mitarbeiter ab dem vollendeten 45. Lebensjahr von der Teilnahme an einer bAV ausschließt, ist unwirksam. Nach der aktuellen Rechtsprechung des BAG sind anspruchsausschließende Wartezeiten von 15 Jahren bzw. ein Höchstaufnahmealter von 50 Jahren bei einer Altersgrenze, die auf die Vollendung des 65. Lebensjahres abstellt, zulässig.
- Insbesondere bei Neuregelungen sollte man im Blick haben, dass sich der Zeitraum, der für den Erwerb von bAV-Anrechten zur Verfügung steht, verlängern wird. Gründe hierfür sind die Anhebung der Regelaltersgrenze und die Herabsetzung der Altersgrenze für unverfallbare Anwartschaften.
Bernd Wilhelm, LL.M., Rechtsanwalt, Leiter Recht | Steuern der Longial Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 18.12.2013 (II R 55/12) entschieden, dass Todesfallleistungen aus einer Direktversicherung der Erbschaftsteuer unterliegen, wenn der Bezugsberechtigte nicht die persönlichen Voraussetzungen für eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung des verstorbenen Versorgungsberechtigten erfüllt.
Im zugrunde liegenden Fall hat sich der Lebensgefährte des verstorbenen Versorgungsberechtigten gegen die vom Finanzamt festgesetzte Erbschaftsteuer gewendet. Denn nach den Vorschriften im Erbschaftsteuergesetz (§ 3 Abs. 1 Nr.4 ErbStG) gilt als Erwerb von Todes wegen nur der Vermögensvorteil, der aufgrund eines vom Verstorbenen geschlossenen Vertrages von einem Dritten unmittelbar erworben wird. Vorliegend hatte aber nicht der Versorgungsberechtigte den Direktversicherungsvertrag geschlossen, sondern der Arbeitgeber.
Der BFH hat aber entschieden, dass die Besteuerung nicht unmittelbar auf den Versicherungsvertrag gestützt werden kann. Maßgeblich sei vielmehr der vom Versorgungsberechtigten abgeschlossene Arbeitsvertrag und sein Einverständnis zum Abschluss des Direktversicherungsvertrages durch den Arbeitgeber. Dies genügt, um die Vorschrift im Erbschaftsteuergesetz anzuwenden.
Allerdings weist der BFH - anknüpfend an seine bisherige Rechtsprechung - darauf hin, dass Ansprüche auf eine betriebliche Altersversorgung, die Hinterbliebenen eines Arbeitnehmers zustehen, dennoch in der Regel nicht der Erbschaftsteuer unterliegen. Begründet wird dies damit, dass eine betriebliche Versorgungsleistung erbschaftsteuerrechtlich nicht anders behandelt werden darf als die Bezüge, die Hinterbliebene kraft Gesetzes erhalten (z.B. gesetzliche Hinterbliebenenrente).
Daher war dann weiter zu prüfen, ob der Lebensgefährte als Bezugsberechtigter die persönlichen Voraussetzungen für den Bezug einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt (§§ 46 – 48 SBG VI). Das ist nicht der Fall. Danach erhalten nur Ehegatten, Partner im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes und Kinder Hinterbliebenenleistungen, aber kein Lebensgefährte. Insofern war der Steuerbescheid vom Finanzamt rechtmäßig ergangen.
Fazit:
Interessant ist, dass der BFH hier an die Hinterbliebenen in der gesetzlichen Rentenversicherung anknüpft und nicht beispielsweise an den weiteren Begriff, so wie ihn etwa das Bundesministerium der Finanzen anerkennt.
Anja Sprick, Rechtsanwältin im Bereich Recht | Steuern der Longial Im Rahmen von Anrechten, die der ersten Säule (GRV, Beamtenversorgung, berufsständische Versorgungswerke etc.) zuzuordnen sind, kann es beim Versorgungsausgleich dazu kommen, dass in bestimmten Härtefällen von der grundsätzlichen Halbteilung der Anrechte abgewichen werden kann, z.B. Tod des Ausgleichsberechtigten, nachehelicher Unterhalt.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob die Regelung des Versorgungsausgleichsgesetzes (VersAusglG) verfassungsgemäß ist, die die Anrechte aus einer Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes und somit eines Anrechts der betrieblichen Altersversorgung von den Anpassungsregelungen zum Versorgungsausgleich wegen Unterhalt oder Todes ausschließt (1 BvL 9/12 und 1 BvR 1145/13).
Der Entscheidung lagen zwei Verfahren zu Grunde. Zum einen eine Verfassungsbeschwerde eines Betroffenen und ein Verfahren der konkreten Normenkontrolle aufgrund einer Vorlage des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts.
Der Beschwerdeführer der Verfassungsbeschwerde hatte aus einer Zusatzversorgung des Kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg eine unverfallbare Anwartschaft auf eine Rente erworben. Anlässlich der Scheidung und des Versorgungsausgleichs wurde die Rente des Ehemannes zugunsten der Ehefrau gekürzt. Diese verstarb aber, nachdem sie weniger als 36 Monate Leistungen aus der übertragenen Altersversorgung bezogen hatte. Hätte es sich um eine Rente aus den Regelalterssystemen (Rentenversorgung, Beamtenversorgung, berufsständische Versorgung) gehandelt, wäre die Rentenkürzung ausgesetzt worden. Das VersAusglG schließt die Zusatzversorgung oder andere Versorgungen aus der betrieblichen Altersversorgung aber von derartigen Anpassungen aus.
Im Ausgangsverfahren der konkreten Normenkontrolle hatte der Ehemann u.a. eine unverfallbare Anwartschaft auf eine betriebliche Altersversorgung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder erworben. Die Rente des Ehemanns wurde durch den Versorgungsausgleich gekürzt und gleichzeitig zahlte der Ehemann an die geschiedene Ehefrau nachehelichen Unterhalt. Eine Aussetzung der Rentenkürzung aufgrund der Unterhaltsverpflichtung erfolgte nicht.
Das BVerfG stellte fest, dass kein Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes vorliege, wenn Anrechte aus einer Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes von der Anwendung der Anpassungsregelungen ausgenommen sind.
Die Zusatzversorgungssysteme würden die individuellen Risiken des Einzelnen auf eine Vielzahl von Versorgungsempfängern verteilen und folgten daher dem Versicherungsgedanken. Aufgrund individueller Entwicklungen von persönlichen Lebensschicksalen entscheide sich, ob ein Betroffener mehr oder weniger an Versorgungsleistungen erhalte als das statistisch erwartbare Maß. Das Eigentumsrecht sichere ein Stammrecht auf eine Rente, nicht aber die späteren tatsächlichen Leistungen.
Der Gesetzgeber habe einen Gestaltungsspielraum, welche Versorgungsanrechte Anpassungsregelungen unterliegen sollen, daher sei kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes gegeben. Die Beschränkung auf stärker sozial geprägte Regelversorgungssysteme sei ein hinreichender Sachgrund. Die verbleibenden Versorgungen seien vom Gesetzgeber als ergänzende Altersversorgung bezeichnet und von den Kosten der Anpassungsregelungen frei gehalten worden. Das BVerfG stellt ausdrücklich fest, dass die Anwendung der Anpassungsregelungen auf die Zusatzversorgungssysteme wünschenswert erscheinen könne, was sich aus dem Sondervotum eines der Verfassungsrichter auch ergebe. Allerdings gebe es eben kein verfassungsrechtliches Gebot, dies zu tun.
Aus Sicht der Versorgungsträger der betrieblichen Altersversorgung ist das Urteil erfreulich. Wenn die Anpassungsregelungen auf diese Anrechte erweitert wären, hätte dies erheblich mehr Verwaltungsaufwand bedeutet und möglicherweise auch dazu geführt, dass die Kostenneutralität für den Versorgungsträger in diesen Fällen nicht mehr gewährleistet wäre.
Fazit:
Das Urteil hat große Bedeutung für die betriebliche Altersversorgung insgesamt. Die Entscheidung ist auch auf andere Anrechte der betrieblichen Altersversorgung übertragbar. Damit ist auch weiterhin keine nachträgliche Anpassung solcher Anrechte nach der einmal erfolgten Teilung vorzunehmen.
Susanne Kayser-Dobiey, Rechtsanwältin im Bereich Recht | Steuern der Longial |